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Großbritannien: Streit um Brexit-Pläne: Theresa May will nicht nachgeben

Großbritannien

Streit um Brexit-Pläne: Theresa May will nicht nachgeben

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    Die britische Premierministerin Theresa May will trotz massiver Kritik von Seiten der EU und aus den eigenen Reihen an ihren Brexit-Plänen festhalten.
    Die britische Premierministerin Theresa May will trotz massiver Kritik von Seiten der EU und aus den eigenen Reihen an ihren Brexit-Plänen festhalten. Foto: Jack Taylor/Pool Getty Images/PA Wire, dpa

    Die britische Premierministerin Theresa May will trotz massiver Kritik von Seiten der EU und aus den eigenen Reihen an ihren Brexit-Plänen festhalten. Das sagte Brexit-Minister Dominic Raab am Montag in einem Interview mit der BBC nach einer mehrstündigen Kabinettssitzung in London.

    "Die Premierministerin hat klar gemacht, dass wir uns nicht aus der Ruhe bringen lassen, die Nerven bewahren und die EU hinsichtlich einiger ihrer Kritikpunkte unter Druck setzen", sagte Raab.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht sich für eine freundschaftliche Trennung der EU von Großbritannien aus

    Führende EU-Politiker hatten Mays Vorschläge für die künftige Wirtschaftsbeziehungen Großbritanniens mit der Europäischen Union bei einem Gipfel in Salzburg vergangene Woche in wesentlichen Punkten abgelehnt. May wertete dies als Affront und verlangte in scharfen Worten mehr Respekt und neue Vorschläge aus Brüssel. Auch in ihrer Partei rumort es. Eine Gruppe um den erzkonservativen Abgeordneten Jacob Rees-Mogg und Ex-Brexit-Minister David Davis stellte am Montag eigene Brexit-Pläne vor.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich derweil für eine freundschaftliche Trennung der EU von Großbritannien aus. "Mir liegt sehr viel daran, dass wir das in Freundschaft machen", sagte Merkel bei einer Bürgerfragestunde am Montag in Hannover. In der Vergangenheit hätten viele britische Regierungen schlecht über Europa geredet, da müsse man sich nicht wundern, wenn eine entsprechende Stimmung in der Bevölkerung entstanden sei, betonte Merkel. "Immer wenn was nicht gut ist, dann sagt man: Das kommt von Brüssel. Das ist nicht redlich."

    Doch die Brexit-Verhandlungen stecken derzeit in einer Sackgasse. Sollte bis Ende März 2019 kein Abkommen stehen, droht Großbritannien ein chaotischer Brexit mit fatalen Konsequenzen. London veröffentlichte am Montag eine weitere Tranche an Dokumenten, die sich mit den möglichen Folgen eines sogenannten No-Deal-Brexits beschäftigen. Dabei gestand die Regierung unter anderem ein, dass es zu Ausfällen bei Flügen zwischen der EU und Großbritannien kommen könnte.

    Labour-Partei hält sich Option auf ein zweites Referendum über den EU-Austritt des Landes offen

    Die Labour-Partei hält sich unterdessen die Option auf ein zweites Referendum über den EU-Austritt des Landes offen. Das berichteten britische Medien am Montag nach einer Marathon-Sitzung von Delegierten auf dem Labour-Parteitag in Liverpool. Die Hoffnung vieler EU-Befürworter bei Labour, eine zweite Volksabstimmung zum Brexit könnte offizielle Parteilinie werden, wurde demnach aber enttäuscht.

    Die Labour-Delegierten hatten sich den Berichten zufolge am Sonntag auf einen Resolutionstext geeinigt, der ein zweites Brexit-Referendum als Option "auf dem Tisch" lässt, sollte sich eine Neuwahl als unmöglich erweisen. Abgestimmt werden soll darüber an diesem Dienstag. Sowohl eine Neuwahl als auch ein zweites Referendum werden für möglich gehalten, wenn May mit einem Brexit-Abkommen im Parlament in London scheitert. 

    Die Etappen bis zum Brexit im März 2019

    Mit der offiziellen Brexit-Erklärung setzt Großbritannien die komplexen Verhandlungen über seinen EU-Austritt in Gang. Der Fahrplan bis zum März 2019:

    31. März 2017: EU-Ratspräsident Donald Tusk will den anderen 27 EU-Staaten einen Vorschlag für »Leitlinien» für die Verhandlungen machen.

    5. April 2017: Das Europaparlament will eine Resolution mit seinen Vorstellungen zu den Prioritäten in den Brexit-Verhandlungen verabschieden.

    29. April 2017: Ein Sondergipfel der 27 EU-Staats und Regierungschefs beschließt die Verhandlungsleitlinien. Binnen 48 Stunden will die EU-Kommission ihre Empfehlung zur Eröffnung der Verhandlungen verabschieden.

    Mai 2017: Die EU-Europaminister verabschieden detailliertere Richtlinien für die Inhalte der Gespräche und erteilen dem Brexit-Beauftragten der EU-Kommission, Michel Barnier, ein offizielles Verhandlungsmandat.

    Mai/Juni 2017: Die eigentlichen Austrittsverhandlungen beginnen.

    Bis Ende 2017: Barnier will bis Jahresende möglichst drei Fragen klären: den Umgang mit EU-Bürgern in Großbritannien und Briten in der EU, den Status der Grenze zu Nordirland sowie die Höhe der Zahlungen, die London noch an die EU leisten muss.

    Oktober 2018: Die Verhandlungen über den gesamten Austrittsvertrag sollen abgeschlossen sein, um eine rechtzeitige Ratifizierung durch das Europaparlament und das britische Parlament zu ermöglichen.

    29. März 2019: Die britische EU-Mitgliedschaft endet offiziell. Die Verhandlungen über die künftigen Beziehungen und insbesondere ein Handelsabkommen dürften sich aber noch mehrere Jahre hinziehen. Übergangsregelungen sind deshalb wahrscheinlich. (Text: afp)

    Labour-Chef Jeremy Corbyn, der als EU-Skeptiker gilt, war zuletzt unter Druck geraten und hatte versprochen, sich dem Willen der Delegierten zu beugen. Mit der nun vereinbarten Resolution bleibt ihm viel Spielraum. Unklar ist bislang auch, was genau die Fragestellung eines zweiten Referendums sein könnte. Eine einfache Wiederholung der Volksabstimmung von 2016 gilt als höchst problematisch.

    Wichtigster Streitpunkt bei den Brexit-Verhandlungen: Grenzkontrollen zwischen Nordirland und Irland vermeiden

    Auch bei den Konservativen von Premierministerin May steht Ende der Woche ein Parteitag an. May ist bemüht, die Aufmerksamkeit auf das Thema Einwanderung zu lenken. Auch darum soll es bei der Kabinettssitzung am Montag gegangen sein. Britische Medien gingen davon aus, dass May versuchen will, die Brexit-Hardliner in der Tory-Partei beim Parteitag in Birmingham mit einer harten Linie gegenüber künftigen EU-Einwanderern auf ihre Seite zu ziehen.

    Wichtigster Streitpunkt bei den Brexit-Verhandlungen ist, wie künftig Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland vermieden werden könnten. May lehnt EU-Vorschläge dazu kategorisch ab. Stattdessen sieht sie ihr Modell für eine Freihandelszone ohne Zollkontrollen als Lösung für die Irland-Frage. Dazu wiederum sagt die EU Nein, weil Großbritannien faktisch weiter Zugang zum EU-Binnenmarkt hätte, ohne die Spielregeln einzuhalten. Die Lage ist also verfahren, ein Kompromiss derzeit nicht erkennbar. Den alternativen Plänen ihrer innerparteilichen Gegner zufolge soll Großbritannien ähnlich wie Kanada lediglich ein Handelsabkommen mit Brüssel schließen. (dpa)

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