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Rechtspopulismus: Studie: Die Mitte der Gesellschaft rückt nach rechts

Rechtspopulismus

Studie: Die Mitte der Gesellschaft rückt nach rechts

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    Wohin steuert Deutschland? Die Autoren einer Studie sehen die gesellschaftliche Mitte des Landes zunehmend in Gefahr.
    Wohin steuert Deutschland? Die Autoren einer Studie sehen die gesellschaftliche Mitte des Landes zunehmend in Gefahr. Foto: Bild: dpa

    Das Gefühl sagt schon länger, dass etwas in Bewegung geraten ist in diesem Land. Dass die Gräben tiefer werden, die Ressentiments wachsen, dass vielleicht nicht der harte Rechtsextremismus, aber doch der im bürgerlichen Gewand daherkommende Rechtspopulismus salonfähig wird.

    Nun bestätigt eine Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), dass sich die Werte derer, die der gesellschaftlichen Mitte angehören, immer stärker wandeln. „Rechtsextreme, -populistische und demokratiefeindliche Einstellungen und Tendenzen sind in der Mitte tief verwurzelt“, sagt Franziska Schröter von der FES. Radikale Stimmen und Kräfte würden lauter und einflussreicher, rechtspopulistische Einstellungen zur Normalität.

    Wut der Gesellschaft trifft vor allem Asylbewerber

    Die Diagnose ist erschreckend: „Der Rechtspopulismus scheint die Themen politischer und öffentlicher Diskurse mehr zu prägen als die vormaligen Volksparteien, die für sich die Repräsentation der politischen und sozialen Mitte in Anspruch nahmen und nehmen.“ Spätestens mit Beginn der Flüchtlingskrise hat sich das Land in eine Art psychischen Ausnahmezustand manövriert.

    Die Wut trifft dabei nicht nur Asylbewerber, sondern auch Amtsträger und Andersdenkende, Juden und Journalisten – und Feministinnen. Die Zahl derjenigen, die sich abwertend über Flüchtlinge äußern, war mit 54,1 Prozent so hoch wie nie seit 2011. 2014 hatten sich noch rund 44 Prozent der Befragten negativ über Asylsuchende geäußert, 2016 waren es 49,5 Prozent.

    „An vielen Stellen sind die Positionen in Polarisierungen und gegenseitige Angriffe gekippt“, schreiben die Autoren der Studie. „Das alles prägte die letzten Jahre und es läuft weiter.“ Für Deutschland ist das ein gefährlicher Befund, denn die „Mitte“ ist mehr als ein sperriger politischer Kampfbegriff. Die Republik zieht ihre Bindekraft und Stabilität zu großen Teilen aus einem gemeinsamen Verständnis von Demokratie.

    Der Hang zu Verschwörungstheorien sorgt hingegen für feine Risse: Immerhin fast 46 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, es gebe „geheime Organisationen“, die großen Einfluss auf politische Entscheidungen hätten. Fast ein Viertel der Deutschen glaubt, Medien und Politik steckten irgendwie unter einer Decke.

    Auch jüngere Menschen sind rechtspopulistisch

    Was außerdem auffällt: Jüngere Befragte sind inzwischen mindestens genauso häufig menschenfeindlich und rechtsextrem eingestellt wie ältere. Und: Unter Gewerkschaftsmitgliedern sind rechtsextreme Einstellungen mittlerweile sogar etwas stärker verbreitet als unter solchen Deutschen, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Weniger überraschend: Im Osten ist der Hang zum Autoritarismus und die Ablehnung von Muslimen stärker ausgeprägt.

    Immerhin verkündet die Studie auch gute Nachrichten. Die Vorbehalte gegenüber Obdachlosen und Homosexuellen sind deutlich zurückgegangen. 80 Prozent erklären, sie finden es gut, wenn Menschen sich gegen Hetze gegen Minderheiten einsetzen. Und: Die große Mehrheit der Deutschen befürwortet die Demokratie und Europa.

    Befragt wurden für die Mitte-Untersuchung 1890 Männer und Frauen im Alter zwischen 18 und 97 Jahren. Die Studienreihe wird bereits seit 2002 durchgeführt.

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