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Porträt: Svenja Schulze - die Frau mit den Atomkügelchen

Porträt

Svenja Schulze - die Frau mit den Atomkügelchen

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    Svenja Schulze (SPD) wird das Umweltressort der zukünftigen Bundesregierung leiten.
    Svenja Schulze (SPD) wird das Umweltressort der zukünftigen Bundesregierung leiten. Foto: Federico Gambarini (dpa)

    Wenn da nur nicht die Sache mit den Atomkügelchen wäre. Wie zähklebriges Pech haftet die überaus peinliche Geschichte an der 49-jährigen Svenja Schulze, die als Nachfolgerin von Barbara Hendricks neue Umweltministerin in Berlin wird.

    2011 war es. Svenja Schulze aus Münster war erst ein knappes Jahr Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung der neuen rot-grünen nordrhein-westfälischen Landesregierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, da erweckte sie nach der Atomkatastrophe von Fukushima den Eindruck, als seien 2285 Brennelemente-Kugeln aus dem Zwischenlager am Forschungsreaktor Jülich spurlos verschwunden. Es könnten „keine abschließenden Aussagen“ getroffen werden, wo der Atommüll gelandet sei, schrieb sie.

    Doch das war falsch. Die Kügelchen waren da. Es folgten Rücktrittsforderungen der Opposition, die ihr Panikmache vorwarfen, und ein Untersuchungsausschuss des Landtags, in dem Schulze öffentlich eingestehen musste, dass die Atomkügelchen nicht verloren seien. Ihr Amt durfte sie dennoch behalten.

    Völlig fremd ist Svenja Schulze die Berliner Bühne nicht

    Nun wird Svenja Schulze Ministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – und ist somit in Berlin auch für den Umgang mit der Atomkraft zuständig. Ihre Berufung war eine Überraschung, nicht einmal SPD-Insider hatten die bisherige Generalsekretärin der NRW-SPD auf ihrem Zettel. Doch Schulze erfüllt gleich mehrere Kriterien. Erstens ist sie eine Frau, zweitens mit 49 Jahren vergleichsweise jung und drittens gehört sie dem größten SPD-Landesverband an, der nach dem Ausscheiden von Barbara Hendricks und dem Verzicht von Ex-Parteichef Martin Schulz dringend in der Ministerriege berücksichtigt werden musste.

    Als Mitglied in der IG Bergbau, Chemie, Energie dürfte sie zudem auch die Interessen der beiden großen nordrhein-westfälischen Stromkonzerne mit ihren Stein- und Braunkohlekraftwerken im Blick haben. Nicht zuletzt gilt Schulze in der SPD als überaus gut vernetzt. Sie war AStA-Vorsitzende an der Ruhr-Universität Bochum, wo sie Germanistik und Politikwissenschaften studierte, von 1993 bis 1997 stand sie an der Spitze der Jusos in Nordrhein-Westfalen. Seit dieser Zeit kennt sie die designierte Parteichefin Andrea Nahles, die damals Bundesvorsitzende des SPD-Nachwuchses war.

    Völlig fremd ist ihr die Berliner Bühne nicht. Bei den Koalitionsverhandlungen gehörte sie der Arbeitsgruppe Bildung und Forschung an und erreichte unter anderem, dass die Hochschulen mehr Geld erhalten. Als Generalsekretärin der NRW-SPD forderte sie vor kurzem, die SPD „muss sich auf allen Ebenen neu erfinden: inhaltlich, organisatorisch, personell“. Da dachte sie nicht daran, dass sie selber als Teil dieser Erneuerung ins Kabinett einzieht. Trotz der Sache mit den Atomkügelchen.

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