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Gesundheit: Verbände wollen Ärztemangel auf dem Land bekämpfen

Gesundheit

Verbände wollen Ärztemangel auf dem Land bekämpfen

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    Werden immer weniger: Ärzte auf dem Land.
    Werden immer weniger: Ärzte auf dem Land. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Gibt es nun einen Ärztemangel oder nicht? Es gibt keinen, sagt Johann-Magnus von Stackelberg vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV). „Wir hatten noch nie so viele zugelassene Ärzte“, betonte der Vizechef gestern in Berlin. Dem entgegen stehen allerdings die Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV): 2600 Hausarzt- und 2000 Facharztstellen seien derzeit nicht besetzt. Droht uns also doch eine Unterversorgung?

    Von Stackelberg widerspricht: „Bei diesen Berechnungen geht man dann von einer optimalen Versorgung aus, wenn alle Planungsbezirke zu 110 Prozent besetzt sind – dabei reichen 100 Prozent aus.“ Rechne man mit einer hundertprozentigen Versorgung, käme man gerade mal auf 100 fehlende Hausärzte und sogar einen Überschuss an Fachärzten.

    Immer mehr Ärzte in der Stadt, immer weniger auf dem Land

    Klar ist aber auch: „In den überversorgten städtischen Gebieten werden es immer mehr, in den ländlichen Gebieten immer weniger“, räumt von Stackelberg ein. Zudem zeichne sich schon heute ab, dass es morgen zu wenig Hausärzte geben wird – dafür aber immer mehr Fachärzte.

    Das belegen auch die Zahlen der Bundesärztekammer: Nur etwa elf Prozent der Medizinabschlüsse fielen 2012 auf den Bereich Allgemeinmedizin – nötig wären aber 40 Prozent. Von Stackelberg bezeichnet die Ausbildung zum Allgemeinmediziner als einen „Hindernisparcours“. Er fordert deswegen schon während der Ausbildung eine „stärkere Ausrichtung des Studiums an der Versorgung, beispielsweise durch Pflichtpraktika in Hausarztpraxen“.

    Die Unterversorgung auf dem Land kann nach Ansicht der gesetzlichen Kassen nur dann abgebaut werden, wenn gleichzeitig die Überversorgung in Städten abnimmt. „Wichtig ist deswegen, dass Praxen in überversorgten Regionen nicht so einfach nachbesetzt werden können und immer erst geprüft wird, ob es den Bedarf einer Nachbesetzung gibt“, erklärt von Stackelberg.

    Ärzten Anreize bieten, aufs Land zu gehen

    Außerdem müssten für die Ärzte Anreize geschaffen werden, aufs Land zu gehen: etwa Entlastung in anderen Bereichen – keine Notdienstbeteiligung, Förderung von Filialpraxen oder mobilen Praxisangeboten – oder ein Anstellungsverhältnis statt einer eigenen Niederlassung. Eigentümer der Praxen sollten dann – so schlägt es der GKV in seinem Programm vor – die jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen sein.

    Die allerdings sind gerade nicht allzu gut auf den Kassenverband zu sprechen, wurde am Donnerstag doch ein Vorwurf laut, den der Sprecher der KBV, Roland Stahl, als „unverschämt“ betrachtet: Die GKV vertritt nämlich die Meinung, die Ärzte selbst würden für immer höhere Honorare sorgen – und zwar durch unsachgemäße Dokumentation ihrer Arbeit.

    „Wenn die Ärzteschaft mehr oder schwerwiegendere Krankheitsdiagnosen aufschreibt und meldet, steigt insgesamt die Honorarsumme, die die Krankenkassen an die Ärzte überweisen“, sagt von Stackelberg – und diesen Punkt würden viele Ärzte ausnutzen, mutmaßt er.

    Vorwurf: Ärzte verschaffen sich selbst höhere Honorare

    „Es ist völlig inakzeptabel, wenn Diagnosen übertrieben aufgeschrieben werden, um mehr Honorar für die Ärzteschaft herauszuholen“, kritisiert der Kassenfunktionär. Er fordert die Gesetzgeber auf, „neue Bedingungen zu schaffen“.

    Etwa soll die Morbiditätsrate nicht anhand der Aufzeichnungen der Ärzte errechnet werden, sondern von einer unabhängigen Institution, etwa dem Robert-Koch-Institut. Das wiederum lehnen die Kassenärzte ab. Der „GKV-Spitzenverband hat nur Plattitüden und überwiegend falsche Behauptungen zu bieten“, wetterte der KBV-Chef Andreas Köhler dagegen. Und auch Bundesärztekammer-Präsident Frank-Ulrich Montgomery warf dem Kassenverband „Ablenkung von eigener Untätigkeit“ und „Neidkampagnen“ vor.

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