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Warten auf einen feurigen Fußballgipfel

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Warten auf einen feurigen Fußballgipfel

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    Warten auf einen feurigen Fußballgipfel
    Warten auf einen feurigen Fußballgipfel

    Von Ralph Schulze Madrid. Wahrscheinlich werde Spanien wohl auch die Germanen im EM-Finale besiegen, schreit ein euphorischer Reporter im spanischen Fernsehen. Genauso, wie man im Viertelfinale über Italien und im Halbfinale über Russland triumphiert habe. "Wir werden sie verschlingen", brüllen Fans im Hintergrund ins Mikrofon. Doch Vorsicht, bremst der Moderator dann den Überschwang: "Es sind Deutsche."

    Und die "Alemanes" flößen den Spaniern nicht nur auf dem Fußballplatz einen gewissen Respekt ein. Weil sie auch in Spanien den Ruf haben, stark, robust, fleißig und diszipliniert zu sein. "Ein Volk, das sich nicht so schnell geschlagen gibt und bis zur letzten Minute kämpft", sagt der Student Gonzalo (25). Er hatte mit zehntausenden Fans Spaniens Sieg gegen Russland auf einer Riesenleinwand auf dem Madrider Kolumbusplatz verfolgt.

    "A por ellos", grölt die tobende Menge. "Packt sie euch." Mit diesem spanischen Schlachtruf wollen 15 000 spanische Fans ihre Mannschaft im Wiener Ernst-Happel-Stadion anfeuern. Spaniens König Juan Carlos wird wieder auf der Tribüne sitzen. Genauso wie der sozialdemokratische Regierungschef José Luis Zapatero. Neben den beiden obersten spanischen Fußballfans wird die deutsche Politikspitze mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Horst Köhler Platz nehmen. Ein deutsch-spanischer Gipfel im Fußballstadion.

    Politisch beschwören Europas Großmacht Deutschland und die Mittelmeer-Aufsteigernation Spanien gerne die "exzellenten Beziehungen". Als Merkel sich Ende Januar auf der deutschen Lieblingsinsel Mallorca mit Zapatero traf, lobte sie: "Die Gemeinsamkeiten sind groß." Der spanische Ministerpräsident bedanke sich derweil artig für die "deutsche Solidarität". Deutschland ist größter EU-Nettozahler und Spanien war bis vor kurzem größter EU-Subventionsempfänger. Ohne diese milliardenschwere Hilfe, sagte Zapatero, "wäre das heute blühende Spanien nicht dasselbe".

    Gesellschaftlich sind die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Völkern freilich nicht ganz so groß: Die Deutschen gelten als umständlich, formalistisch, rechthaberisch, schwerfällig, steif. Und das sind nur einige jener Attribute, die man südlich der Pyrenäen, zwischen Atlantik und Mittelmeer, den weißhäutigen Germanen anheftet.

    "Cabezas cuadradas" nennen die Spanier gerne die Deutschen, was sich mit "Quadratschädel" oder - freundlicher - mit "Dickkopf" übersetzen ließe. Also so ziemlich das Gegenteil der normalerweise sich locker und lebensfreudig gebenden Spanier.

    Die Mentalitätsunterschiede sind schon bei der freundschaftlichen Begrüßung spürbar: Die Deutschen strecken ihrem Gast distanziert die Hand entgegen. Die Spanier fallen sich erst einmal schulterklopfend oder - wenn Freundinnen willkommen geheißen werden - sogar Wangenküsschen gebend um den Hals.

    Ehrlicherweise muss man auch sagen, dass die deutschen Touristen im Land der Sonne nicht übermäßig beliebt sind. Und dass sie vor allem als Geldesel gesehen werden. Dies liegt freilich auch daran, dass die alemannischen Besucher gerne bei deutschem Bier und Bratwurst unter sich bleiben. Und sogar viele germanische Langzeit-Residenten in Spanien sich in einer Art Ausländer-Getto an der Mittelmeerküste verstecken.

    Ganze Urbanisationen werden an der Costa Brava, Costa Blanca und Costa del Sol überwiegend von Deutschen bewohnt. Dort, unter seinesgleichen, ist es halt für viele besonders schön. Man fühlt sich wie zu Hause und man spricht überall Deutsch: an der Tankstelle, im Supermarkt, im Restaurant. Warum finden die Deutschen es in Spanien so schön? "Die Herzlichkeit und Offenheit der Spanier, das beeindruckende kulturelle Erbe und natürlich auch das Land und sein Klima zieht viele Menschen auf die Iberische Halbinsel", glaubt Deutschlands Außenminister Franz-Walter Steinmeier. Unter der spanischen Sonne leben etwa 500 000 Deutsche. Hinzu kommen jährlich rund elf Millionen deutsche Touristen. Sie stellen etwa ein Viertel der ausländischen Urlauber. Deutschland ist nach Frankreich der zweitgrößte Handelspartner Spaniens.

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