Manfred Weber ist in Brüssel und als Chef der größten Fraktion im Europaparlament bestens vernetzt. Jetzt greift der Christdemokrat nach der Macht.
Manfred Weber tritt an. Sein Ziel ist das mächtigste Amt, das die Europäische Union zu vergeben hat. Auf dem Stuhl des Kommissionspräsidenten wäre der Mann aus Niederbayern nicht nur ein großer Gewinn für Deutschland, sondern auch für Bayern.
Denn auch wenn Weber im Falle seines größten Erfolges künftig europäisch denken und entscheiden muss, so ist und bleibt er doch ein Politiker mit Bodenhaftung, ein Mann der Region. Einer, der versteht, dass die Menschen nicht nur europäische Freiheiten und Errungenschaften haben wollen, sondern auch ein Heimatgefühl.
In einer Phase, in der in Brüssel sogar offen über die Zukunft der Regionalförderung gesprochen wird, wäre Weber eine klare Antwort: Nur starke Regionen ergeben auch ein kraftvolles Europa. Man mag gegen Weber einwenden, dass ihm die staatspolitische Erfahrung in einem Regierungsamt fehlt. Das ist auch ein Vorteil. Denn Weber stellt sich eben nicht als Mann des Apparates zur Wahl, sondern als ein für viele unverbrauchtes Gesicht. Und zugleich steht er für einen Generationenwechsel, der sich in dieser Union vollzieht. Er kennt die europäische Wirklichkeit aus vielen Jahren an verantwortlicher Stelle im EU-Parlament.
Webers Kandidatur erfordert Mut und Courage. Mitten in einer Zeit großer Herausforderungen tritt er für ein Amt an, von dem mehr gefordert wird, als die Geschäfte nur weiterzuführen. Der Christdemokrat wird die EU stabilisieren und neu ausrichten, zusammenschweißen und für neue Partner öffnen müssen. Sollte er erfolgreich sein, kann Weber für die Gemeinschaft viel bewirken. Er hat das Zeug dafür.
Die Diskussion ist geschlossen.
Mein bisher nicht gedruckter Leserbrief vom 06.09.2018 hierzu:
Vor Jahren habe ich mich über den bayerischen Papst gefreut. Heute halte ich es mehr mit der Fußballerregel, ein Spiel erst nach dem Abpfiff zu bewerten, wobei die Blickrichtung „ein Gewinn für Bayern“ doch sehr eingeschränkt und auch egoistisch ist. Insbesondere das Voranstellen nationaler oder regionaler Interessen spaltet Europa und behindert die Entwicklung einer europäischen Identität.
Europafeindlich ist zudem, wenn die EU-Kommission ungerechtfertigterweise als Sündenbock für Fehler von Regionalpolitkern herhalten muss. Aus der CSU hat beispielsweise der ehemalige Finanzminister und GBW-Aufsichtsratsvorsitzende Markus Söder im Zusammenhang mit der Quasi-Insolvenz der Bayern-LB hinsichtlich der "Verramschung" (SZ vom 16. Juli 2018) von 33 000 GBW-Wohnungen, davon circa 10 000 in München, zu einem Preis von weniger als 1000 Euro je Quadratmeter behauptet, die EU-Kommission habe den Verkauf im Jahre 2013 durch einen unabweisbaren Bescheid erzwungen.
Zu einer nüchternen Europapolitik gehört, sich stets für einen gerechten Interessensausgleich einzusetzen. So sehe ich eine Überforderung Deutschlands in der über 900 Milliarden Euro betragenden Bundesbankforderung an die EZB aus dem Überweisungsverkehr (Target 2). Hier das Risiko eines Forderungsausfalls aus der Welt zu schaffen, ist weit wichtiger als irgendwelche Postenbesetzungen.
Manfred Weber als Kommissionspräsident - das wäre wirklich ein Glücksfall für Bayern, Deutschland und die EU!
Jetzt geht es darum, den Weg dafür zu ebnen.
Kommentare wie der ganz ausgezeichnete von Detlef Drewes können hierzu wichtige Beträge leisten.
Ein Kommentar der leeres Stroh drischt bzw. ungelegte Eier färbt.
Noch ist weder das Prozedere klar, noch sind übergeordnete Interessen - ich sage nur Jens Weidmann - austariert.
Und schon kommt eine Jubelarie mit so "konkreten" Dingen wie Heimatgefühl, Stärkung der Regionen, etc.