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Asylpolitik: Wie Josefa Schmid dem Bamf auf die Finger klopft

Asylpolitik

Wie Josefa Schmid dem Bamf auf die Finger klopft

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    Ein Kommen und Gehen? Das Bundesamt für Flüchtlinge (Bamf) kommt nicht aus der Kritik heraus. Jetzt soll ein Untersuchungsausschuss die Vorgänge in der Außenstelle Bremen klären.
    Ein Kommen und Gehen? Das Bundesamt für Flüchtlinge (Bamf) kommt nicht aus der Kritik heraus. Jetzt soll ein Untersuchungsausschuss die Vorgänge in der Außenstelle Bremen klären. Foto: Sean Gallup, dpa

    Die Auseinandersetzung zwischen Josefa Schmid, der abberufenen Leiterin der skandalumwitterten Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), und ihrem Arbeitgeber gewinnt zunehmend an Schärfe. Sogar zu Handgreiflichkeiten ist es offenbar gekommen, das Tischtuch zwischen Schmid und der Bamf-Spitze scheint endgültig zerschnitten. Und dadurch könnte auch Innenminister Horst Seehofer (CSU), der für die Behörde verantwortlich ist, weiter in Bedrängnis geraten.

    Schmid war im Januar zur Leiterin der Bamf-Filiale in Bremen ernannt worden. Damals amtierte als – kommissarischer – Innenminister noch Thomas de Maizière von der CDU. Die Beamtin ging Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten bei Asylentscheidungen nach, die es offenbar unter ihrer Vorgängerin Ulrike B. gegeben hatte.

    In einem 99-seitigen Bericht prangerte sie die Zustände in der Behörde unter Ulrike B. an, der sie vorwirft, in insgesamt 3332 Fällen fehlerhafte Asylbescheide ausgestellt zu haben. Den Bericht schickte sie an die Bamf-Zentrale in Nürnberg und an das Innenministerium – doch aus ihrer Sicht wurde ihr Schreiben zu lange nicht beachtet.

    Ulrike B., die Ex-Leiterin, sowie weitere Personen, darunter Rechtsanwälte und Übersetzer, stehen inzwischen im Visier der Staatsanwaltschaft – ihnen wird Bestechlichkeit und der „bandenmäßigen Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung“ vorgeworfen.

    Josefa Schmid im Bamf-Skandal offenbar enttäuscht von Seehofer

    Josefa Schmid ist Anfang Mai wieder aus Bremen abberufen worden, wogegen sie sich mit rechtlichen Mitteln wehrt. Am Mittwoch, so berichtet ein Kenner des Falls, habe Schmid zusammen mit Vertretern von Staatsanwaltschaft und Bamf ihr früheres, zuvor versiegeltes Büro in Bremen betreten. Ein Bamf-Mitarbeiter habe dabei versucht, private Unterlagen Schmids an sich zu nehmen. Dies habe die Verwaltungswirtin verhindert, indem sie dem Kollegen „auf die Finger geklopft habe“.

    Gegenüber dem Münchner Merkur bestätigte das Bamf den Termin, nicht aber den Vorfall. Bamf-Chefin Jutta Cordt bezeichnete die Ablösung Schmids gegen ihren Willen und laut Bamf zu ihrem eigenen Schutz am Freitag als „ganz normal im Beamtenrecht“. Dagegen will sich Schmid, die nebenamtlich Bürgermeisterin des 3000-Einwohner-Orts Kollnburg in Niederbayern ist, dem Vernehmen nach nicht mit ihrer Zurückversetzung nach Bayern abfinden.

    Josefa Schmid.
    Josefa Schmid. Foto: Privat/dpa

    Aus ihrem Umfeld heißt es, Schmid fühle sich vom Bamf wie eine Beschuldigte behandelt, während sie sich selbst als couragierte Aufklärerin von Missständen sehe. Schmid habe gehofft, dass mit dem Amtsantritt von Horst Seehofer endlich Bewegung in die Aufarbeitung der Vorfälle komme, nun sei sie „bitter enttäuscht“, dass dies aus ihrer Sicht nicht geschehen sei.

    Ein Vertrauter macht sich folgenden Reim auf den Umgang mit Josefa Schmid: „Ein Skandal in seinem Beritt, wenige Monate vor der bayerischen Landtagswahl und noch dazu aufgedeckt von einer FDP-Politikerin, das kann nicht im Interesse von Horst Seehofer sein, der seine konsequente Haltung in der Flüchtlingspolitik betont.“

    In Kreisen der CSU im Bundestag dagegen wird Schmid unterstellt, die frühere CSU-Kommunalpolitikerin, die zur FDP gewechselt war, wolle „sich wichtigmachen“ und ihrerseits den Fall für Wahlkampfzwecke ausschlachten – sie kandidiert im Herbst für den Bayerischen Landtag. Schmid, die zuweilen als „Singende Bürgermeisterin“ auftritt, verfüge über „hohen Geltungsdrang“.

    Bamf-Skandal könnte auch die bayerischen Landtagswahl stören

    Der Kampf um die Deutungshoheit tobt hinter den Kulissen. Denn die Frage, wann Innenminister Seehofer von Schmids Bericht über die angeblichen Machenschaften von Ulrike B. erfahren hat, ist längst zum Politikum geworden. Die FDP bekräftigt in diesem Zusammenhang ihre Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Bamf-Skandal.

    Stephan Thomae, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Liberalen im Bundestag, sieht zahlreiche „Ungereimtheiten“ in der Art und Weise, wie das Bamf und das übergeordnete Bundesinnenministerium in dem Fall vorgegangen seien. „Offensichtlich ist die Tragweite der Vorgänge entweder nicht erkannt worden oder man hat die Augen fest verschlossen“, sagte der Jurist aus Kaufbeuren gegenüber unserer Redaktion.

    Dass Bamf-Chefin Jutta Cordt bereits am 19. Dezember 2017 von den Vorgängen in Bremen erfahren habe, Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) aber erst vier Monate später, sei „unglaublich“, so Thomae. „Wir werden deshalb einen Antrag auf Einsetzung eines Parlamentarischen Ausschusses stellen, der die Vorgänge beim Bamf Bremen, strukturelle Defizite beim Bamf insgesamt und auch darüber hinaus die ganze Flüchtlingsthematik zum Inhalt hat“, so der FDP-Politiker.

    Einen Untersuchungsausschuss zur Flüchtlingspolitik der Regierung von Angela Merkel seit 2014 anzustrengen, das hatte FDP-Chef Christian Lindner bereits im Bundestagswahlkampf angekündigt. Seehofer hat zwar seinen Aufklärungswillen in der Bamf-Affäre bekräftigt, auch gegen einen Untersuchungsausschuss habe er nichts, sagte er diese Woche. Doch Beobachter auch aus dem konservativen Lager sind sich sicher, dass ein weit gefasster Untersuchungsausschuss zur Flüchtlingspolitik der Kanzlerin, für Seehofer und die Union zur Unzeit käme. Denn weitere Berichte über Missstände im Asylsystem könnten nicht nur den Erfolg der CSU bei der bayerischen Landtagswahl, sondern auch den Koalitionsfrieden gefährden. Und diese Gefahr hat einen Namen: Josefa Schmid.

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