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Analyse: Kriege und Krisen prägten 2024 – was erwartet die Welt im neuen Jahr?

Analyse

Kriege und Krisen prägten 2024 – was erwartet die Welt im neuen Jahr?

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    Ein Krankenwagen fährt an Trümmern zerstörter Gebäude in Beit Lahia vorbei. Bringt der Sturz Assads in Syrien auch die Chance auf ein Ende des Gaza-Kriegs mit sich?
    Ein Krankenwagen fährt an Trümmern zerstörter Gebäude in Beit Lahia vorbei. Bringt der Sturz Assads in Syrien auch die Chance auf ein Ende des Gaza-Kriegs mit sich? Foto: Mohammed Alaswad, APA Images/dpa

    Außenpolitik ist schon lange ein atemloses Krisenmanagement. Bilder von Kriegen, Vertreibung, Leid und Hunger prägten die Nachrichten im Jahr 2024. Geht das 2025 so weiter oder zeichnen sich Chancen ab, dass die Menschen in einzelnen Krisenregionen Hoffnung schöpfen können?

    Nahost

    Das zu Ende gehende Jahr hat viele Gewissheiten im Nahen Osten auf den Kopf gestellt. Der brutale Krieg in Gaza, die Enthauptung und nachhaltige Schwächung der Hisbollah durch Israel im Libanon und jetzt das epochale Ende der Assad-Diktatur in Syrien. In welche Richtung sich das geschundene Land nach dem Sturz des Regimes bewegen wird, ist noch unklar. Etwas Hoffnung macht, dass der Chef der führenden Rebellen-Miliz HTS, Ahmed al-Scharaa, nicht nur verspricht, Minderheiten wie Christen, Drusen oder Jesiden zu schützen, sondern auch mit den UN und dem Westen kooperieren will. Über die Weihnachtsfeiertage wurden jedoch blutige Zusammenstöße zwischen HTS-Milizen und mutmaßlichen Anhängern des Assad-Regimes in den Küstenstädten Tartus und Latakia gemeldet – Hochburgen der Alawiten, von denen viele den Alawiten Baschar a-Assad unterstützten.

    Wie geht es nach dem Sturz des Präsidenten Baschar al-Assad weiter in Syrien?
    Wie geht es nach dem Sturz des Präsidenten Baschar al-Assad weiter in Syrien? Foto: Leo Correa, AP/dpa

    In den Nachbarländern ist der Zwiespalt spürbar: „Niemand in Israel weint Assad eine Träne nach, gleichzeitig ist man in Israel geprägt von den Ereignissen des sogenannten arabischen Frühlings, der erst weltweit bejubelt wurde und dann nach hinten losging“, erklärt Peter Lintl von der Stiftung Wissenschaft und Politik unserer Redaktion. Immerhin sehe es so aus, als ob es Fortschritte bei den Verhandlungen über die israelischen Geiseln in der Hand der Hamas geben könnte. Ein Geisel-Deal dürfte zunächst nur Frauen und Älteren zugutekommen. Doch daran, dass die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in absehbarer Zeit auch bereit ist, die Truppen aus Gaza zurückzuziehen, glauben viele Kritiker nicht. Gleichzeitig wächst die Angst in Israel, dass ein nachhaltig geschwächter Iran nun sein Programm zum Bau einer Atombombe forciert. Überrascht war Lintl bei seinem Besuch Israels, dass viele Gesprächspartner darauf setzen, dass sich die Lage in Nahost unter Donald Trump verbessern könnte: „Einfach, weil er für Disruption, also die Zerschlagung von verkrusteten Strukturen, steht.“

    Einen Funken Hoffnung hat die Kennerin des Libanons, Jaqueline Flory, für das zerrissene Land ausgemacht. „Die gezielten Angriffe Israels gegen die Hisbollah sowie der Sturz des Assad-Regimes schaden der Miliz enorm. Jede Schwächung der Hisbollah ist eine positive Entwicklung für den Libanon, aber nur wenn sie langfristig zurückgedrängt werden kann, besteht eine echte Chance auf Wandel“, sagt die Gründerin der Hilfsorganisation Zeltschule, die Schulen für geflüchtete Kinder im Libanon und auf der syrischen Seite der Grenze betreibt.

    Ukraine

    Bei keinem anderen Konflikt wird dem Wechsel an der Spitze der USA solch große Bedeutung zugemessen, wie im Krieg um die Ukraine. Der designierte Präsident Trump hat angekündigt, den Waffengang binnen 24 Stunden zu stoppen. Sein Konzept: Die Ukraine muss auf Gebiete verzichten, die Russland erobert hat. Tut sie es nicht, streichen die USA ihre Militärhilfe. Nach einem Waffenstillstand sichern europäische Soldaten die Demarkationslinie. Ist Russland nicht zum Frieden bereit, wird Kiew entschlossen aufgerüstet. Ob sich dieser Ansatz verwirklichen lässt, steht in den Sternen.

    Afghanistan

    Seit dem Sommer 2021 regieren die Taliban in Kabul. Thomas Ruttig, ein Kenner des Landes, sagt im Gespräch mit unserer Redaktion, dass noch immer ein großer Teil der Bevölkerung – rund 50 Prozent nach UN-Angaben – auf externe Hilfe angewiesen sei. „Zwar ist der freie Fall der Wirtschaft gestoppt. Doch trotz der leichten Erholung der Wirtschaft liegt das Hauptproblem nach wie vor in der Einkommensschwäche der Bevölkerung.“ Auch in diesem Winter drohe etwa einem Viertel der Afghaninnen und Afghanen eine Hungerkatastrophe, die in den letzten Jahren durch Hilfe von Außen mit knapper Not abgewendet worden sei.

    Mit ihrer Machtübernahme im August 2021 haben die Taliban die Rechte afghanischer Frauen massiv eingeschränkt - gerade im Bildungsbereich.
    Mit ihrer Machtübernahme im August 2021 haben die Taliban die Rechte afghanischer Frauen massiv eingeschränkt - gerade im Bildungsbereich. Foto: Oliver Weiken, dpa

    Politisch ist die Situation fast unverändert. Deutschland hat eine Anerkennung der Taliban-Regierung ausgeschlossen. Diplomatische Kontakte gibt es dennoch. „Eine wichtige Rolle spielen dabei Abschiebungen, die Deutschland weiterhin durchführen will. Es ist für mich eine fragwürdige Haltung, dass dies die Priorität der deutschen Politik ist. Gleichzeitig wurde die humanitäre Hilfe halbiert“, kritisiert Ruttig. Kaum Veränderungen sieht er bei den Taliban. Das Regime sei sehr repressiv. Die Situation habe sich eher verhärtet. Nennenswerten Widerstand gegen die Machthaber gebe es nicht. Der Westen müsse dennoch am Ball bleiben. „In Syrien zeigt sich ja, wie schnell sich die Lage verändern kann.“

    Taiwan

    Das Beispiel Taiwan zeigt, dass Krisen nicht alleine dadurch kleiner werden, wenn sie aus dem Blick der Weltöffentlichkeit geraten. „Im zu Ende gehenden Jahr hat China mit kleineren und größeren Schritten eskaliert. Insbesondere die Sorge Taiwans vor Angriffen im Cyberspace ist gewachsen“, sagt der China-Experte Reinhard Bütikofer. Die Befürchtung, dass Chinas Armee die Insel angreift, steht nach wie vor im Raum. Die Drohungen aus Peking, Gewalt einzusetzen, wenn das „abtrünnige“ Taiwan sich nicht freiwillig unterwirft, sind unmissverständlich. „Aufmerksamkeit des Westens“ hält der Grünen-Politiker Bütikofer auch 2025 für die beste Möglichkeit, Taiwan vor dem Zugriff zu schützen: „Angesichts der Salamitaktik Pekings dürfen wir nicht auf den großen Knall warten, sondern wir müssen jede einzelne Salamischeibe verteidigen.“

    Sudan

    Das Drama in UN-Zahlen: Geschätzte 300.000 Kriegstote, 25 Millionen – also 50 Prozent aller Menschen, die in dem Bürgerkriegsland leben – sind von Hunger bedroht. Insgesamt mehr als drei Millionen Sudanesen sind nach Informationen des Experten Steffen Krüger von der Konrad-Adenauer-Stiftung außer Landes geflohen – was wiederum ebenfalls bettelarme Nachbarländer wie den Südsudan destabilisiert. Der Kampf zweier sudanesischer Militärs um die Zentralgewalt in Khartum, der vor 18 Monaten begann, hat das Land in ein Chaos gestürzt, für das auch ausländische Mächte wie Russland oder der Iran, die in den Konflikt verwickelt sind, Mitverantwortung tragen. „Der Krieg zwischen den sudanesischen Streitkräften SAF und den paramilitärischen Kräften RSF ist militärisch festgefahren“, sagte Krüger, der kaum Hoffnung hegt, dass sich die Situation im kommenden Jahr verbessert.

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