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Sondierung nach Berlin-Wahlen: SPD will trotz Verluste mitregieren

Berlin

Trotz der großen Verluste will die SPD in Berlin weiter mitregieren

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    Kai Wegner (links, CDU) und Franziska Giffey (SPD) kamen auf dem EUREF-Campus zu Sondierungsgesprächen zusammen. Nun stehen Koalitionsverhandlungen in Berlin an.
    Kai Wegner (links, CDU) und Franziska Giffey (SPD) kamen auf dem EUREF-Campus zu Sondierungsgesprächen zusammen. Nun stehen Koalitionsverhandlungen in Berlin an. Foto: Annette Riedl, dpa

    Der Blick auf die Karte mit den Wahlergebnissen dürfte auch Franziska Giffey zu denken gegeben haben. Das Zentrum Berlins in sattem Grün, die Außenbezirke tiefschwarz – und weit und breit kein SPD-Rot. Eine schwarz-grüne Koalition wäre so gesehen die naheliegendste Lösung für die neue Regierung in der Hauptstadt gewesen, die aber wollte die bisherige Bürgermeisterin Giffey um jeden Preis verhindern. Mit Erfolg: Am Mittwochabend hat sich der Landesvorstand der SPD für eine Koalition mit der um zehn Prozentpunkte stärkeren CDU ausgesprochen. Das letzte Wort haben zwar die Mitglieder, die einen Koalitionsvertrag am Ende absegnen müssen. Die aber ticken, das haben frühere Abstimmungen gezeigt, nicht so links wie der sozialdemokratische Funktionärsapparat.

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    Der Druck war gleichwohl groß vor den Beratungen des SPD-Landesvorstandes, die sich bis in den Abend hinein zogen und mit einem unerwartet deutlichen Ergebnis von 25:12 für Koalitionsverhandlungen mit der Union endeten. Zwar könnte sie rein rechnerisch als Bürgermeisterin einer rot-grün-roten Koalition weiterregieren, das deprimierende Ergebnis von nur noch 18,4 Prozent für die SPD aber hat auch bei Franziska Giffey Spuren hinterlassen. In den gut zwei Wochen seit der Wahl ist die 44-Jährige sichtbar auf Distanz zu ihren bisherigen Koalitionspartnern gegangen. Es gebe dort, sagt sie, „sehr unterschiedliche Auffassungen darüber, was der beste Weg für diese Stadt ist“.

    Um der SPD noch einen Teil der Macht zu sichern, ist Giffey offenbar bereit, auf das Amt der Regierenden Bürgermeisterin zu verzichten und womöglich eine Art Supersenatorin unter Wegner zu werden. Der favorisiert nach noch unbestätigten Medienberichten ebenfalls eine Große Koalition, könnte aber auch mit den Grünen regieren.

    Franziska Giffey selbst, ein politisches Ziehkind des legendären Neuköllner Bezirksbürgermeisters Heinz Buschkowsky, gehört zum eher konservativen Flügel ihrer Partei und dürfte mit Wegner deutlich weniger Probleme haben als weite Teile ihres Landesverbandes, für die die CDU so etwas ist wie der leibhaftige Gottseibeiuns. „Ich klebe nicht an meinem Sessel“, hat sie zuletzt mehrfach betont. Allerdings hat die SPD-Linke niemanden, der es an Popularität in der Stadt auch nur annähernd mit Franziska Giffey aufnehmen und an ihrer Stelle Rot-Grün-Rot fortsetzen könnte. Nach knapp 22 Jahren im Roten Rathaus, diagnostiziert der örtliche Tagesspiegel, habe die SPD „auch in der letzten Reihe niemanden gefunden, der Giffey ersetzen könnte, um die aktuelle Koalition zu retten“. Kritiker gibt es zwar viele, aber keine potenziellen Kandidaten. Ein Drittel der SPD-Wähler, das haben Umfragen gezeigt, haben die SPD in Berlin ohnehin nur wegen Franziska Giffey gewählt.

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    Ihrer Sache sicher sein konnte sich die Noch-Bürgermeisterin trotzdem nicht. Obwohl die Schnittmengen mit der SPD größer sein dürften als mit den Grünen, hatte Wegner sich bis zuletzt beide Optionen offengehalten. Formell will seine Partei auch erst an diesem Donnerstag entscheiden, mit wem sie Koalitionsverhandlungen führt. Tatsächlich jedoch scheint bereits eine Vorentscheidung zugunsten der SPD gefallen zu sein – sehr zum Verdruss der Grünen. SPD und CDU hätten sich ja offenkundig schon füreinander entschieden, klagt die grüne Spitzenkandidatin Bettina Jarasch. „Nun kommt, wovor wir im Wahlkampf immer gewarnt haben: eine Rückschrittskoalition.“

    Für Olaf Scholz und seine Ampel wäre eine Große Koalition in der Hauptstadt nicht frei von Risiko. Zwar würde seine SPD weiter mitregieren, im Bundesrat aber käme ein weiteres Land dazu, in dem die Union mitentscheidet. Schon jetzt bestimmen diese Länder über 39 der 70 Stimmen in der Länderkammer, mit Berlin wären es 43 – und selbst wenn Hessen im Herbst an Genossen und Grüne fiele, hätten CDU und CSU noch immer eine Blockademehrheit.

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