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Chile: Zwei politisch extreme Gegner treten in Chile zur Wahl an

Chile

Zwei politisch extreme Gegner treten in Chile zur Wahl an

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    Zur Unterstützung des chilenischen Präsidentschaftskandidaten Kast von der Partido Republicano weht ein Flagge.
    Zur Unterstützung des chilenischen Präsidentschaftskandidaten Kast von der Partido Republicano weht ein Flagge. Foto: Matias Delacroix, dpa/AP

    Glaubt man den Umfragen, wird es am Sonntag ein knappes Rennen bei der Stichwahl um die Präsidentschaft in Chile. In einem Land, das lange für politische Mäßigung und Wirtschaftsliberalismus bekannt war, könnten diesmal die beiden Kandidaten gegensätzlicher nicht sein: Da ist zum einen José Antonio Kast, ein erzkonservativer 55-jähriger Anwalt und neunfacher Vater, Sohn eines Nazis und Verehrer des Ex-Diktators Augusto Pinochet. Und zum anderen Gabriel Boric, ein erst 35-jähriger, tätowierter ehemaliger linker Studentenführer, der das neoliberale Wirtschaftsmodell Pinochets begraben und Abtreibung legalisieren will.

    Gabriel Boric, der linksgerichtete Präsidentenkandidat.
    Gabriel Boric, der linksgerichtete Präsidentenkandidat. Foto: Esteban Felix, dpa

    In der ersten Runde, bei der sich die Hälfte der Wahlberechtigten enthielt, lag Kast leicht vorne. Umfragen geben nun in der zweiten Runde Boric einen knappen Vorsprung. Beide sind neue Gesichter, die das über lange Jahre verkrustete politische Establishment aufmischen. Der Ausgang der Wahl ist von strategischer Bedeutung, denn der Sieger wird die neue Verfassung umsetzen müssen, die ein voriges Jahr gewähltes Verfassungskonvent parallel ausarbeitet.

    Wahl in Chile: Der rechte Kandidat verspricht einen Grenzgraben gegen Migranten

    Die Kampagne war geprägt von Polarisierung. So versprach Kast den Bau eines Grenzgrabens gegen Migranten und verkündete eine harte Hand gegen Kriminelle und Vandalen – eine klare Anspielung auf die massiven Demonstrationen, die Chile 2019 erschütterten. Boric will die private Krankenfürsorge verstaatlichen, die Gewinnorientierung im privaten Bildungssystem abschaffen, Subventionen für die Hausarbeit und Steuern für Superreiche einführen.

    José Antonio Kast, der Mann der Rechten.
    José Antonio Kast, der Mann der Rechten. Foto: Esteban Felix, dpa

    Trotz dieser konträren Positionen ist die Stimmung in Chile gelassen. Bei einer Straßenumfrage des TV-Senders FNM in der Hauptstadt Santiago dieser Tage siegten die Nichtwähler und Unentschlossenen vor denjenigen, die sich schon für einen Kandidaten entschieden hatten. Das liegt vielleicht auch daran, dass beide inzwischen gemäßigtere Töne angeschlagen haben. So nahm Kast Abstand von seiner Ankündigung, das Frauenministerium abzuschaffen und aus dem UN-Menschenrechtsrat auszutreten, sprach Umweltthemen an und bemühte sich um die städtische Mittelschicht, die in der ersten Runde meist seinen Konkurrenten gewählt hatte.

    Beide Kandidaten wollen bei der Wahl in Chile die Mitte erreichen

    Boric tingelte durch die Provinzen, mäßigte seinen Steuererhöhungsplan und will nicht mehr alle 2019 wegen Vandalismus Festgenommenen umgehend freilassen. Beide zielen damit auf die Mitte und auf die Nichtwähler und Unentschlossenen. Das bietet sich schon aus pragmatischen Gründen an: Beide sind im Parlament auf Allianzen angewiesen, was eine komplizierte Aufgabe wird.

    Im Abgeordnetenhaus gibt es eine linke Mehrheit, aber der 50-köpfige Senat ist konservativ dominiert. Die Zentrumsparteien sind weiter geschrumpft, könnten aber das Zünglein an der Waage spielen. Borics Linksbündnis Apruebo Dignidad stellt 37 Abgeordnete im 155-köpfigen Parlament, Kasts erzkonservativ-evangelikales Bündnis christlich-soziale Front 15. „Die Chilenen wollen einen Systemwandel, aber einen geordneten“, meint Cristián Leporati von der Universität Diego Portales.

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