
Was für die Wiedereinführung einer Wehrpflicht spricht – und was dagegen

Die deutsche Regierung wird mehr Geld für die Bundeswehr ausgeben. Braucht es deswegen auch mehr Soldatinnen und Soldaten? Zwei Mitglieder unserer Redaktion sind da unterschiedlicher Meinung.
Ja, denn die Wehrpflicht hat die Bundeswehr vielfältiger gemacht
Die Debatte über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht wurde - das wird gerade vergessen - schon vor dem Krieg in der Ukraine geführt. Die Wehrbeauftragte Eva Högl hat das Thema im Sommer 2020 aufgebracht, sie bezeichnete die Aussetzung zu Recht als Riesenfehler. Die erneute Diskussion ist also nur vordergründig eine, die mit dem Kriegsgeschehen zu tun hat und sie sollte ohne Emotionen losgelöst davon geführt werden. Geführt werden aber sollte sie, und zwar mit dem Ziel, die Wehrpflicht wieder aufleben zu lassen.
Die grundsätzliche Verpflichtung zum Dienst hat der Bundeswehr gutgetan. Es kamen durch den sachten Druck Menschen zur Truppe, die ihr heute fernbleiben. Bis zum Juli 2011 war die deutsche Armee deshalb ein lebendiges Abbild, ein Querschnitt unserer Gesellschaft. Weitgehend ohne Frauen zwar, aber dieser Fehler ließe sich leicht korrigieren. Ohnehin dürfte die Wehrpflicht von damals nicht eins zu eins auf heute übertragen werden. Ausnahmen müssen möglich sein, allerdings ohne das quälende Verfahren, das Kriegsdienstverweigerer damals über sich ergehen lassen mussten.
Die Wehrpflicht hat auch vielen jungen Menschen (Männern) gutgetan. Für die einen war sie die Chance, sich nach bestandener Ausbildung eventuell noch einmal beruflich neu aufstellen zu können. Vielen Abiturienten war der Wehr- oder der Ersatzdienst eine willkommene Möglichkeit, im richtigen Leben anzukommen, von der Theorie in die Praxis zu wechseln und den Studienwunsch noch mal zu überprüfen.
Von einer modernisierten Wehrpflicht könnten also viele profitieren. Schaden würde sie niemandem. (Stefan Lange)
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Nein, denn die Anforderungen der Bundeswehr haben sich verändert
Die Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist so überflüssig wie der berühmte Kropf. Mal ganz abgesehen davon, dass es einen gewaltigen logistischen Aufwand bedeuten und Jahre an Zeit kosten würde, um Kasernen, militärische Einheiten und die Sicherheitsarchitektur wieder für den Einsatz von Zigtausenden von Wehrpflichtigen zu öffnen: Eingeführt wurde der Pflichtdienst im kalten Krieg, als die alte Bundesrepublik ein Frontstaat und die zwangsweise Rekrutierung junger Männer durch das Grundgesetz noch abgesichert war. Heute ließe sich ein solcher Eingriff in die Freiheitsrechte des Einzelnen um einiges schwerer begründen, zumal sich auch die Anforderungen an die Bundeswehr dramatisch gewandelt haben.
In einer modernen Armee kommt es nicht darauf an, möglichst viele Soldaten zu haben, sondern möglichst professionelle und spezialisierte. Sie müssen Cyberangriffe abwehren und mit dem Joystick mindestens so gut umgehen können wie mit dem Maschinengewehr. Eine moderne Armee fischt ihre Zeit- und Berufssoldaten daher nicht aus einem diffusen Reservoir an Wehrpflichtigen, sondern wirbt wie ein Unternehmen auch am Arbeitsmarkt um sie. Hier hat die Bundeswehr noch einen weiten und teuren Weg vor sich, weil sie im Moment vieles ist, aber kein attraktiver Arbeitgeber. Die neue Debatte um die Wehrpflicht lenkt davon nur unnötig ab.
Auch als Berufsarmee ist die Bundeswehr eine Parlamentsarmee geblieben. Sie muss kein Abbild der Gesellschaft sein, sondern der erste Verteidiger dieser Gesellschaft. Wenn junge Menschen sich aus freien Stücken für die Truppe entscheiden: umso besser. Zwingen sollte man sie nicht. (Rudi Wais)
Alle Informationen zur Eskalation erfahren Sie jederzeit in unserem Live-Blog zum Krieg in der Ukraine.
Die Diskussion ist geschlossen.
Wenn man volkswirtschaftlich versagt und keine Arbeitsplätze geschaffen hat, dann hilft die Wehrpflicht Arbeitslose zu beschäftigen, leider wurden dabei in der Vergangenheit sehr oft Kriege angezettelt.
Welchen Krieg bitte, hat irgendwo in der Welt die Tatsache einer nationalen Wehrpflicht ausgelöst???
Es geht und ging doch nie darum Arbeitslose zu "beschäftigen".
Und Herr Stampfer: ich schrieb bereits entweder "Wehrpflicht oder Zivildienst". Daraus könnte man schon ableiten, dass eine Wahlmöglichkeit da ist
Jetzt die Einführung der Wehrpflicht ins Gespräch zu bringen ist mit der Aufrüstung der Bundeswehr verbunden. Wegen der Wehrgerechtigkeit müssten alle jungen Frauen und Männer eingezogen werden. So viele Menschen können bei der Bundeswehr nicht untergebracht werden. Entweder ein lasches Musterungsverfahren, dass als willkürlich und ungerecht empfanden wird, weil es einen großen Teil der jungen Menschen von dem Zwangsdienst verschont oder ein ebenfalls unwürdiges Verfahren zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigernde könnte einen Teil aussortieren. Alternativ könnte eine freie Entscheidung darüber erlaubt sein, wo dieser Zwangsdienst ausgeübt werden kann, denn ein solcher ist er und wird vom größten Teil der jungen Menschen empfunden, so wie der frühere Wehrdienst und Zivildienst auch als Zwangsmaßnahme empfunden wurde. Unter Zwang findet keine motivierende Arbeit statt. Was soll also die Diskussion?
Klar für Wiedereinführung von Wehrpflicht oder Zivildienst. Vielleicht auch nur 9 Monate. Die Zeit täte jedem jungen Erwachsenen gut und dem Pflegesektor auch.
Und das Argument, dass Wehrpflichtige der Wehr nicht helfen würden, haben die hochspezialisierten Zeit- und Berufssoldaten selbst widerlegt: Während meiner Wehrzeit waren von 20 Panzern vielleicht einer oder zwei nicht einsatzbereit. Heute ist es genau umgekehrt
Eine Dienstpflicht nach Miliz System 3 Monate Grundausbildung, danach 3 Monate Fachausbildung und eine Woche im Jahr Schießen und Auffrischung, oder ersatzweise THW, Katastrophenschutz , Feuerwehr oder Unterstützung im Krankenhaus. Für alle egal ob Mann Frau oder das D. Die Soldaten wären ausreichend ausgebildet für Unterstützende Tätlichkeiten, wie Wache oder Postendienste, die Kampftruppe sollte weiter aus Länger dienenden Zeitsoldaten bestehen. So würde es kein "Kanonnenfutter" geben.
Das würde unserer Jungen Playstation Generation sehr gut tun, etwas die Egozentrik abzulegen, und was für das Gemeinwohl zu tun.
3 Monate Fachausbildung. Was wollen Sie da lernen? Jede Waffengattung ist heute hochspezialisiert. Unter 4 oder sogar 8 Jahren bringt ein Soldat nix. Einfache Dienste wie z.B. Wache o.ä. werden heutzutage größtenteils von billigerem Zivilpersonal bedient.
Wenn Wehrpflicht nur geschlechtsneutral für Mann und Frau.
Pro und Contra: Vielen Wehrpflichtigen hat es gut getan, fernab von zu Hause ohne der Fürsorge von Mama und Papa zu einer gewissen Ordnung und Selbstständigkeit erzogen worden zu sein. Nur der Vergleich mit dem Abbild der Gesellschaft mit all seinen Randgruppen passt heute nicht mehr. Damit kann die die Effektivität der Truppe nicht verbessern. Keine moderne Armee hat heute mehr Verwendung für Kurzzeitdiener, die nur zu Hilfsdiensten heran gezogen werden kann und der Einsatz im Kampfeinheiten scheidet von vorn herein aus. Aushilfe bei der Pflege und Corona Abwicklung können nicht Kernaufgaben einer Armee sein; allenfalls Hilfsdienste bei Naturkatastrophen.