Macron in Deutschland: Staatsbesuch mit viel Symbolik
Drei Tage lang wird der französische Staatschef Emmanuel Macron in Deutschland sein. Es geht dabei auch um die Stärkung der bilateralen Beziehungen.
Würden der französische Staatschef Emmanuel Macron und seine Frau Brigitte am Sonntag als Touristen nach Berlin kommen, hätten sie es gewiss nicht ganz leicht. Das Regierungsviertel ist komplett verstopft mit Aufbauten für die Feierlichkeiten zum 75-jährigen Bestehen des Grundgesetzes. Darüber hinaus geht zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule seit Tagen nichts mehr, weil dort in Erwartung der Fußball-Europameisterschaft die Fanmeile errichtet wird. Die Hindernisse stehen beispielhaft für die deutsch-französischen Beziehungen, denn die sind alles andere als gradlinig. Macrons Staatsbesuch soll das ändern.
Bei den vielen Besuchen französischer Präsidenten in Berlin mag es ein wenig verwundern, dass zuletzt Staatspräsident Jacques Chirac im Jahr 2000 in diesem großen Format die deutsche Hauptstadt beehrte. Macron sollte im vergangenen Jahr zum Staatsbesuch kommen, alles war vorbereitet. Doch der Tod eines 17-Jährigen, der bei einer Polizeikontrolle erschossen wurde, löste heftige Unruhen in seinem Land aus. Der Franzose sagte den Besuch ab.
Steinmeier hat sich vorgenommen, die binationalen Funkstörungen zu beheben
Nun also die Neuauflage des Staatsbesuchs, der am Sonntag beginnt, drei Tage dauern soll und sich nicht nur auf Berlin, sondern auch auf Dresden und Münster erstreckt. Das Ehepaar Macron landet Sonntagmittag in Berlin, erster offizieller Programmpunkt danach ist ein Bühnengespräch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf dem Demokratiefest. Was sich zunächst ein wenig nach protokollarischer Langeweile anhört, hat einen besonderen Hintergrund.
Steinmeier hat, so heißt es aus dem Schloss Bellevue, Macron bewusst als einzigen Gast zum „Geburtstag der Republik“ eingeladen. 35 Jahre Mauerfall, 75 Jahre Grundgesetz – es hätte in der Tat Gründe gegeben, mehr als nur einen europäischen Partner einzuladen. Doch Steinmeier weiß natürlich um die Funkstörungen zwischen Berlin und Paris. Er weiß darüber hinaus aber auch, dass es Frankreich und Deutschland in der Vergangenheit immer wieder irgendwie hinbekommen haben – wenn denn die nötigen Bemühungen zur Stärkung der bilateralen Beziehungen vorangetrieben wurden. In diesem Sinne ist die gezielte Einladung zu verstehen. Als Symbol, das der Bundespräsident setzen will. Der Besuch des Demokratiefestes ist dem offiziellen Beginn des Staatsbesuchs, also der Begrüßung mit militärischen Ehren, bewusst vorangestellt, um die Bedeutung zu untermauern. Es ist dies eine der protokollarischen Finessen, die sich Normalbürgern nicht auf den ersten Blick erschließen.
Eine Botschaft lautet: "Geht wählen für Europa"
Die zweite Botschaft, die von diesem Besuch ausgehen soll: „Geht wählen für Europa.“ Man wolle, heißt es aus dem Präsidialamt, gemeinsam „als deutsch-französisches Team“ für die Europawahl in zwei Wochen werben. Es gebe da eine gemeinsame politische Verantwortung für das europäische Haus. Dieser gerecht zu werden, dient das weitere Programm, das aus der Hauptstadt herausführt.
Macron reist am Montag in den Osten, die „Mitte Europas“, wie in deutschen Kreisen sekundiert wird. Zunächst geht es nach Dresden, auf dem Programm steht unter anderem ein „gemeinsames Mittagessen mit Vertreterinnen und Vertretern der regionalen Bevölkerung“. Was dort kredenzt wird, ist bis zur Tischrede praktisch Staatsgeheimnis. So viel aber: Das Rezept zu einem der vielen Essen während dieses Staatsbesuchs soll zum Nachkochen auf der Internetseite des Bundespräsidenten veröffentlicht werden. In der Dresdner Frauenkirche hält der französische Präsident eine Rede, am Dienstagmorgen reist er nach Münster weiter, die Symbolik zieht mit ihm.
Auf Schloss Meseberg kommt der Deutsch-Französische Ministerrat zusammen
Der Franzose bekommt dort den Internationalen Preis des Westfälischen Friedens verliehen, weil er „mit seiner pro-europäischen Politik Frieden in Zeiten des Krieges“ stiftet, wie es in der Begründung der Jury heißt. Ihm gelinge es, „trotz schwerer Verwerfungen mit der russischen Führung den Gesprächsdialog aufrechtzuerhalten und damit im Sinne des westfälischen Friedensschlusses von 1648 zu handeln".
Anschließend geht es zurück nach Berlin, der Regierungschef löst sich aus dem Format des Staatsbesuchs, nicht aber aus der großen Klammer dieser Reise. Auf Schloss Meseberg, dem Gästehaus der Bundesregierung, kommt unter der Leitung von Kanzler Olaf Scholz und Macron der Deutsch-Französische Ministerrat zusammen. Kabinettsmitglieder beider Länder sind dabei, es wird ebenfalls um die Stärkung der gemeinsamen Beziehungen gehen. Womöglich steht Meseberg für eine andere Symbolik. Der kleine brandenburgische Ort ist eine gute Autostunde von Berlin entfernt, Hindernisse gibt es dort keine.
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Mnistère des Armées - Chemins de Mémoire - Stephan Marten: "Präsident Hollande und sein deutscher Amtskollege Joachim Gauck besuchten am 4. September 2013 gemeinsam Oradour-sur-Glane - wo am 10. Juni 1944 643 Menschen von Soldaten der SS-Division Das Reich massakriert wurden. Diese neue symbolische und für Deutschland reuevolle Geste, diesmal an einer Gedenkstätte des Zweiten Weltkriegs, zeigt, wie sehr die beiden Länder weiterhin auf Versöhnung setzen müssen. Es ist offensichtlich, dass die deutschen und französischen Staatsoberhäupter zeigen müssen, dass sie nicht nur an einem Dialog interessiert sind, sondern auch eine Art Emotion vermitteln, die über die regelmäßigen Treffen, die seit über 50 Jahren stattfinden, hinausgeht."
Möglich, dass es in Deutschland Zeitgenossen geben könnte, die glauben mit einer Politik des "Schwamm drüber" und alles ist wieder rein, die Vergangenheit beschönigen zu können. Die französische Politikerin Marine Le Pen hat sofort um konsequent reagiert, als die Waffen-SS -Aussagen des AfD Europa-Abgeordnete Alexander Krah bekannt wurden: die Rassemblement National beendet die Kooperation mit der AfD. Die deutsch-französische Aussöhnung und Freundschaft wird in die Brüche gehen, wenn eine Partei mit der Glorifizierung der Jahre 1933 bis 1945 in Deutschland Erfolg haben könnte.
Gunther Kropp, Basel