Was muss Europa tun, um sich zu schützen, gegen die Aggression aus Russland? Wie weit darf eine Partei, die sich christlich nennt, bei der Zusammenarbeit mit Rechtspopulisten gehen? Wie kann Europa die Migrationsfrage lösen? Schwierige Themen standen im Mittelpunkt der Diskussion von Europapolitiker und CSU-Vizechef Manfred Weber mit Andrea Kümpfbeck und Peter Müller, den Chefredakteuren der Augsburger Allgemeinen am Donnerstagabend im Foyer des Augsburger Medienzentrums.
Die großen Fragen könne auch Deutschland nicht allein lösen
Weber verteidigte die Europäische Union bei der "Augsburger Allgemeine live" im Rahmen der Zukunftswoche gegen den Vorwurf, hauptsächlich für Bürokratie und Gängelei des Mittelstands oder der Landwirtschaft zu sorgen. "Europa und Zukunft sind ein Stück weit Synonym. Deutschland ist ein großes Land, aber die großen Aufgaben der Zukunft werden wir auch nicht allein lösen können", sagte Weber. In seiner Heimat Niederbayern gebe es eine Molkerei, die der größte Mozzarella-Produzent für Italien ist. Den Landwirten dort müsse niemand mehr erklären, welchen Vorteil für sie der europäische Binnenmarkt habe, betonte Weber.
Die anstehende Europawahl sei wichtig, bekräftigte Weber, denn: "Wir leben wieder in historischen Zeiten, die Wohlfühlzeit ist vorbei." Es brauche nun politische Führung, doch er fürchte, seine Politikergeneration habe nicht die Kraft dafür. Das sagte Weber nicht zuletzt in Bezug auf den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der ebenfalls am Donnerstag eine Grundsatzrede an der Pariser Universität Sorbonne hielt und dabei vor einem Scheitern der EU warnte. "Macron ist gewählter Präsident seines Landes. Er sollte nicht den Leuten Angst machen, sondern sich mit Olaf Scholz hinsetzen und ernst machen bei der europäischen Verteidigung", sagte der 51-jährige Weber.
Den Rechtspopulisten Einhalt gebieten
Vor dem Hintergrund des Aufstiegs der Rechtspopulisten warnte Weber: "Wir können am 10. Juni mit einem EU-Parlament aufwachen, das dysfunktional ist." Sein Appell deswegen: "Den 9. Juni ernst nehmen, es geht um viel." Europa sei nicht perfekt, es sei ein Prozess. Aber zur Wahrheit gehöre auch, dass der demokratische Prozess noch ausbaufähig sei. Die Parteien in Europa müssten sich auf Spitzenkandidaten einigen - und nach den Wahlen die Entscheidung der Wähler auch respektieren.
Zum Abschluss wagte Weber noch einen Blick in die Zukunft: "Europa muss nun seine Grenzen definieren", sagte Weber. Er hoffe, die Ukraine werde in zehn Jahren Mitglied der EU sein. Die Türkei könne diesen Status aus seiner Sicht nicht erreichen.