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Finanzen: Bundesregierung will die Steuerklassen III und V abschaffen

Finanzen

Bundesregierung will die Steuerklassen III und V abschaffen

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    Korrekturbedarf? Die Ampelkoalition will zwei Steuerklassen streichen.
    Korrekturbedarf? Die Ampelkoalition will zwei Steuerklassen streichen. Foto: Oliver Berg, dpa

    Ganze Generationen von Familien haben dieses Steuermodell genutzt: Wer besser verdient, also in der Regel der Vater, lässt sich in die Steuerklasse III einstufen und hat monatlich mehr netto vom Brutto. Wer weniger verdient, in der Regel die Mutter, geht in die Steuerklasse V und hat dort deutlich höhere Abzüge. Verdienen beide in etwa gleich, entscheiden sie sich beide ohne einen Vorteil für Steuerklasse IV. 

    Mit dem Finanzamt abgerechnet wird zwar erst nach Ablauf des Steuerjahres - in vielen Fällen aber haben Ehepaare in der Kombination III/V Monat für Monat unterm Strich netto etwas mehr Geld zur Verfügung. und zahlen dafür nach der Abgabe der Steuererklärung noch ausstehende Steuern nach. Faktisch gewährt ihnen das Finanzamt auf diese Weise also ein zinsloses Darlehen. 

    Von der günstigeren Klasse profitieren vor allem Männer

    Diesen Mechanismus will die Bundesregierung nun abschaffen und die Steuerklassen III und V in das sogenannte Faktorverfahren überführen. Hier werden beide Eheleute in Steuerklasse IV eingestuft und mit Hilfe eines speziellen Umrechnungsfaktors so besteuert, dass der Lohnsteuerabzug in etwa den tatsächlichen Einkommen entspricht und keine Nachzahlungen mehr fällig werden. Dominika Langenmayr, Wirtschaftsprofessorin an der Katholischen Universität Eichstätt und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Bundesfinanzministeriums, hält das für sinnvoll: Studien zeigten, dass viele Ehepaare heute getrennte Konten hätten. In der Variante III/V aber lande mehr Geld auf dem Konto des Hauptverdieners. "Nur er profitiert vom Ehegattensplitting." Das bisher kaum genutzte Faktorverfahren dagegen, das Betroffene eigens beim Finanzamt beantragen müssen, verteilt den Vorteil des Ehegattensplittings so auf beide Partner, wie es den Anteilen am Gesamteinkommen entspricht. Heute sind nach Angaben des Finanzministeriums etwa 80 Prozent der Arbeitnehmer, die in der günstigeren Klasse III eingestuft sind, Männer. 

    Wann die Reform in Kraft tritt, ist noch unklar. Durch sie werde insgesamt eine gerechtere Verteilung der Lohnsteuerbelastung erreicht, betont ein Sprecher von Finanzminister Christian Lindner. "Die höhere Besteuerung in der Steuerklasse V kann damit vermieden werden." In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP bereits versprochen: "Wir wollen die Familienbesteuerung so weiterentwickeln, dass die partnerschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche Unabhängigkeit mit Blick auf alle Familienformen gestärkt werden." Dadurch werde die Lohnsteuerbelastung zwischen den Eheleuten fairer verteilt und vor allem für Frauen lohne sich das Arbeiten wieder mehr, argumentiert auch Familienministerin Lisa Paus (Grüne). Und: Je mehr jemand netto verdient, umso mehr erhält er (oder sie) im Fall der Fälle an Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosen-, Kurzarbeiter-, Mutterschafts- oder Elterngeld – ein Vorteil für alle Eheleute, also vor allem Frauen, die bisher nach Steuerklasse V besteuert werden.

    Steuerzahlerbund pocht auf unbürokratische Lösung

    Reiner Holznagel, der Präsident des Bundes der Steuerzahler, fordert für die Umstellung eine möglichst unbürokratische Lösung. "Wenn die Steuerklassen III und V ersatzlos wegfallen, müssten viele Paare monatlich mehr Steuern zahlen", warnt er gegenüber unserer Redaktion. "Das darf nicht passieren." Auf keinen Fall dürfe die Reform dazu führen, dass am Ende das bewährte und familienfreundliche Splittingsystem verschwinde. "Dies würde massive Steuererhöhungen für Ehepaare bedeuten."

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