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Impfpflicht in Deutschland: So soll bald Klarheit herrschen

Corona-Pandemie

Wie bald Klarheit über die Impfpflicht herrschen soll

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    Schon im Einstellungsverfahren können bestimmte Arbeitgeber künftig den Nachweis des Impfstatus verlangen.
    Schon im Einstellungsverfahren können bestimmte Arbeitgeber künftig den Nachweis des Impfstatus verlangen. Foto: Zacharie Scheurer/dpa-tmn

    Groß waren die Hoffnungen vieler in der Gesundheitspolitik in den neuen Impfstoff Novavax. Das schon zu Beginn der Pandemie entwickelte Mittel aus den USA ähnelt am meisten klassischen Impfstoffen. Und so könnte Novavax vielleicht am Ende noch viele der noch nicht gegen Corona geimpften Deutschen überzeugen, die der neuen Generation der mRNA-Impfstoffe skeptisch gegenüberstehen.

    Novavax-Impfungen in Berlin: Die Nachfrage nach dem  Corona-Impfstoff Nuvaxovid enttäuscht die Hoffnungen bislang.
    Novavax-Impfungen in Berlin: Die Nachfrage nach dem Corona-Impfstoff Nuvaxovid enttäuscht die Hoffnungen bislang. Foto: Fabian Sommer, dpa

    Eine Woche nach dem Impfstart fällt die Bilanz jedoch ernüchternd aus: In ganz Deutschland wurden von der guten Million zur Verfügung stehenden Dosen gerade mal 13.200 verimpft. Der erhoffte Ansturm und eine Wende in der Impfbereitschaft blieb damit fürs Erste aus. Aber auch die immer stärker anlaufende Werbekampagne der Bundesregierung kann nicht verhindern, dass die Impfzahlen seit Wochen zurückgehen. Erhält nun die Debatte um eine allgemeine Impfpflicht neue Nahrung?

    Krieg in der Ukraine verdrängt Corona aus den Schlagzeilen

    Der Krieg in der Ukraine hat das Thema Corona zwar aus den Schlagzeilen verdrängt. Doch das Befürworter-Lager in den Reihen der Ampelkoalition bereitet die Impfpflicht unvermindert voran: „Bei der Impfpflicht-Debatte finde ich es sogar eher förderlich, dass die mediale Aufmerksamkeit nicht mehr allzu präsent ist“, sagte der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann unserer Redaktion.

    Ullmann ist der Kopf hinter dem Antrag zur Einführung einer Corona-Impfpflicht für Menschen ab 50. Zuvor allerdings soll es dabei als ersten Schritt eine verpflichtende Impfberatung geben mit dem Ziel, die Betroffenen auf diese Weise zu überzeugen. „Mediale Aufmerksamkeit befördert parteipolitische Polarisierung“, sagt Ullmann. „Anstatt Schlagzeilen lassen sich nun wichtige Kompromisse produzieren.“ Der FDP-Politiker hofft, am Ende vor allem Unterstützer aus der Union für seinen Antrag zu gewinnen. Doch kann es überhaupt beim Zeitplan im Parlament bleiben angesichts des Kriegs in der Ukraine?

    In der ersten Aprilwoche kommt der Showdown über die Impfpflicht

    „Ich gehe davon aus, dass der bisherige Zeitplan bestehen bleibt, im Hintergrund laufen bereits die dafür notwendigen Vorarbeiten“, sagt Ullmann. Auch der stellvertretende SPD-Fraktionschef Dirk Wiese, der federführend den weitergehenden Antrag einer allgemeinen Impfpflicht für alle über 18-Jährigen miterarbeitet hat, schließt eine weitere Verzögerung der Entscheidung im Bundestag aus.

    SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese kündigt die Abstimmung über die Impfpflicht für die erste Aprilwoche an
    SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese kündigt die Abstimmung über die Impfpflicht für die erste Aprilwoche an Foto: Kay Nietfeld, dpa (Archivbild)

    „Es bleibt dabei: Die erste Lesung der Gruppenanträge ist für den Donnerstag, 17. März, angesetzt“, betont er. „Ziel ist die Verabschiedung des Gesetzes in der ersten Aprilwoche“, sagt Wiese. „Das Thema bleibt ausgesprochen wichtig“, betont der SPD-Politiker. „Es geht darum, notwendige Vorsorge für den Herbst zu treffen. Das muss gut vorbereitet sein, daher ist es in der Tat zentral, dass wir jetzt zügig die Beratungen abschließen und das Gesetz verabschieden.“

    Zahl der Unterstützer für Impfpflicht ab 18 wächst

    Doch ob Wiese, seine FDP-Unterstützerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen und weitere eine Mehrheit für ihren Antrag bekommen, ist völlig offen, auch wenn sich immer mehr Abgeordnete dem allgemeinen Impfpflicht-Antrag angeschlossen haben. „Stand der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner jetzt ist 233“, sagt Wiese. Damit fehlen jedoch noch 135 Stimmen zur Mehrheit. Wiese ist optimistisch: „Eine große Zahl von Abgeordneten ist noch im Abwägungsprozess“, sagte er.

    „Wir gehen davon aus, dass im Verlauf der Beratungen, insbesondere auch durch den Austausch mit Expertinnen und Experten im Zuge von Anhörungen, die Stärke und Solidität unserer Vorlage deutlich werden und so die Zahl der Unterstützer weiter wächst“, hofft er.

    SPD-Fraktionsvize Wiese warnt Union vor Parteitaktik bei Impfpflicht

    Entscheidend wird dabei sein, wie sich die Abgeordneten von CDU und CSU verhalten. Bislang will die Union nur ein Impfvorsorgegesetz aus, das nur greifen soll, wenn sich die Corona-Lage im Herbst tatsächlich verschärft. Offen ist jedoch, ob die Union bei der im April geplanten Impfpflichtabstimmung tatsächlich faktisch den sogenannten Fraktionszwang aufheben wird und die Abgeordneten sich frei entscheiden, einem der anderen drei Anträge zuzustimmen. Darunter ist auch der Antrag des stellvertretenden FDP-Chefs Wolfgang Kubicki, eine Impfpflicht generell abzulehnen.

    Wiese hofft auf Unterstützung aus der Union für seinen Antrag. „Dieses Thema ist zu wichtig für taktische Spielchen oder Blockadehaltungen“, betont der SPD-Politiker. „Deshalb haben sich auch alle 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten für eine Impfpflicht ausgesprochen“, verweist er auf die Haltung der Länderregierungschefs der Union. „Ich gehe davon aus, dass am Ende dieses Prozesses eine breit getragene Lösung steht, die es uns ermöglicht, gut gewappnet in den nächsten Herbst zu gehen“, sagt Wiese.

    FDP-Gesundheitsexperte Ullmann setzt auf Union für Impfpflicht ab 50

    Auch der FDP-Gesundheitsexperte Ullmann setzt bei seinem Antrag auf weitere Unterstützer aus der Union. „Ich würde es provokativ mal so formulieren: Die gesamte Unionsfraktion fordert sogar ganz formell unseren Gesetzesvorschlag“, sagt er. Mit ihrem Antrag legten die CDU/CSU-Abgeordneten keinen eigenen Gesetzesvorschlag vor, sondern forderten nur die Bundesregierung auf, dem Bundestag einen Gesetzentwurf vorzulegen, der einen altersabhängigen „Impfmechanismus“ beinhalte. Doch genau dies mache sein Gruppenantrag, sagt Ullmann, der auch von der Grünen-Gesundheitspolitikerin Kordula Schulz-Asche und mehreren SPD-Politikern unterstützt wird.

    FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann erwartet, dass der von ihm mitarbeitete Antrag zur Impfplicht ab 50 am Ende als Kompromiss die meisten Stimmen erhält.
    FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann erwartet, dass der von ihm mitarbeitete Antrag zur Impfplicht ab 50 am Ende als Kompromiss die meisten Stimmen erhält. Foto: Fabian Sommer, dpa (Archivbild)

    „Der Union bleibt in der Konsequenz somit gar nichts anderes übrig, als unserem Gesetzesentwurf zuzustimmen“, betont der FDP-Politiker. Der Würzburger Medizinprofessor fordert deshalb die Union auf, den Fraktionszwang wirklich aufzuheben: „Die Impfpflicht ist keine parteipolitische Frage“, betont Ullmann. „Da sollte man auch seinen eigenen Abgeordneten einen Gewissensspielraum lassen.“ Er wisse, dass es in der Union Unterstützer für alle drei Wege gibt. „Die Union ist in dieser Frage nicht weniger heterogen wie jede andere demokratische Parlamentsfraktion“, betont der Liberale.

    Impfpflicht-Unterstützer warnen vor Scheitern aller drei Anträge

    Ullmann warnt die Ampel und die Union vor dem Risiko, dass am Ende keiner der drei Anträge eine Mehrheit im Parlament erhalten könnte. „Es ist unsere parlamentarische Pflicht, dieses Szenario zu verhindern“, betont der FDP-Politiker. „Niemandem ist geholfen, wenn alle Vorschläge durchfallen.“ Gar nichts zu tun sei angesichts der Gefahr einer neuen Welle im Herbst keine Option, warnt der Mediziner. „Daher müssen sich die Abgeordneten auf einen Kompromiss einigen. Unser Gesetzesvorschlag ist ein Weg, den alle Gruppen gehen können.“

    Er sei daher optimistisch, dass der von ihm mitarbeitete Gesetzesvorschlag vor der entscheidenden Abstimmung die meisten Unterstützer hinter sich versammeln könne. „Die allgemeine Impfpflicht hat keine parlamentarische Mehrheit“, erklärt Ullmann. „Sie wird nicht kommen. Den Unterstützern der allgemeinen Impfpflicht muss klar sein, wenn es keine Mehrheit für ihren eigenen Antrag gibt, sollten sie sich unserem Vorschlag anschließen.“

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