Hundert Tage als Ministerpräsidentin: Keine Angst mehr vor Meloni
Vor der Wahl galt Giorgia Meloni als „gefährlichste Frau Europas“. Hundert Tage nach ihrem Amtsantritt als Ministerpräsidentin gibt sie sich pragmatischer als viele erwarteten.
Vor den Wahlen im Oktober galt sie vielen als „die gefährlichste Frau Europas“. Giorgia Meloni wurde dann die erste Frau, die eine Regierung in Italien führt. Mehr als 100 Tage sind vergangen seit dem Amtsantritt der Römerin und ihrer Partei „Fratelli d'Italia“. Die Befürchtungen, Italien würde sich unter Meloni in kürzester Zeit zu einer unberechenbaren politischen Zeitbombe für Europa verwandeln, haben sich nicht bestätigt.
Melonis Rechtspartei, die zusammen mit der nationalistischen Lega und der gemäßigt konservativen Berlusconi-Partei Forza Italia regiert, wird gerne als „postfaschistisch“ bezeichnet. Das trifft im Hinblick auf die Geschichte der Partei auch zu, sie versteht sich als Nachfolgepartei der italienischen Neofaschisten des Movimento Sociale Italiano (MSI). Post- oder gar neofaschistisch war Melonis Politik in den ersten drei Monaten ihrer Amtszeit jedoch nicht.
Giorgia Meloni gibt sich in Brüssel zahm
Die 46-Jährige wird insbesondere von der europäischen Linken weiterhin mit Argwohn beobachtet. Auf den Gebieten der Wirtschafts- und Finanzpolitik, aber auch außen- und sicherheitspolitisch fügte sich die Regierung Meloni bislang beinahe nahtlos in die proeuropäische Tradition Italiens ein. „Der Spaß ist vorbei für die EU“, hatte Meloni noch im Wahlkampf getönt. Ihre Regierung allerdings gibt sich große Mühe, in Brüssel nicht anzuecken.
In Rekordzeit verabschiedete das Parlament in Rom zum Jahresende das wichtige Haushaltsgesetz für 2023. Meloni ist sich sicher, dass der Zahlung der dritten Tranche aus dem EU-Konjunkturprogramm in Höhe von 19 Milliarden Euro nichts mehr im Wege steht. Im Hinblick auf das gute Wachstum in Höhe von 3,9 Prozent im Jahr 2022 profitiert die Rechtsregierung von der Arbeit der Vorgänger-Exekutive unter Mario Draghi. Doch auch andere Gradmesser sind bislang positiv.
Italienische Staatsfinanzen haben sich stabilisiert
Der Spread genannte Zinsaufschlag, den Anleger für italienische Anleihen im Vergleich zu deutschen Papieren zahlen müssen und der ein Indikator für die Tragbarkeit der Kosten der italienischen Staatsschulden ist, sank seit Amtsantritt maßgeblich. Als Nationalistin mokierte sich Meloni früher über den Spread, nun zitiert sie ihn selbst als Nachweis für ihre erfolgreiche Arbeit. Bestandteil sind gleichwohl die Zahlungen in Höhe von rund 200 Milliarden Euro, die Italien im Gegenzug für Strukturreformen aus dem EU-Hilfsfonds erwartet. Würde sich Meloni politisch nicht fügen, würden diese Hilfsgelder blockiert. Offenbar ist sich auch die Bevölkerung der klammen Lage der italienischen Staatsfinanzen bewusst. Meloni hatte im Wahlkampf versprochen, den Rabatt auf Benzin auch 2023 beizubehalten, konnte dieses Versprechen aber angesichts der hohen Kosten nicht einlösen.
In Europa registriert man zufrieden, dass Italien nicht nur in der EU (fast) keine Probleme macht. So trug die Regierung in Rom etwa die Blockade der EU-Kommission von über sechs Milliarden Euro mit, die Ungarn wegen Rechtsstaatsbedenken vorenthalten wurden. Und das, obwohl Meloni politisch eigentlich mit Ungarns Regierungschef Viktor Orban auf einer Linie liegt. Auch in der Ukraine-Frage zieht Rom mit Brüssel an einem Strang. Zusammen mit Frankreich hat sich Italien verpflichtet, Kiew das Luftabwehrsystem SAP/T zu liefern.
Sogar in der Migrationspolitik mussten Meloni und ihr parteiloser Innenminister Matteo Piantedosi einlenken. Während die Schiffe der NGOs im Mittelmeer zu Beginn noch mit Einfahrverboten belegt wurden, dürfen sie nun Migranten in italienischen Häfen abliefern. Schikaniert werden die Migranten gleichwohl: Die Hilfsschiffe dürfen nicht mehr auf Sizilien anlegen, sondern müssen entferntere Häfen anlaufen und damit lange auf See bleiben.
Die Diskussion ist geschlossen.
@ THOMAS T.
Von einem, der in diesem Forum vor allem durch Ignoranz von Tatsachen, seinem "kreativem" Umgang mit der Wahrheit und Verbreitung von Fake News trumpschen Ausmaßes aufgefallen ist, lasse ich mich gerne auch als Poststalinist bezeichnen. Zu Ihrer
Herzensdame Meloni schrieb der Tagesspiegel am 28. 8. 2022:
"In ihrer Partei wimmelt es von hartgesottenen Duce-Nostalgikern
In den Fratelli d’Italia wimmelt es bis hinauf in Führungspositionen nach wie vor an hartgesottenen Duce-Nostalgikern, die bei jeder Gelegenheit die rechte Hand zum „römischen Gruß“ ausstrecken, zu Mussolinis Grab pilgern und enge Kontakte zu Holocaust-Leugnern pflegen."
https://www.tagesspiegel.de/politik/die-chefin-der-rechtsextremen-fratelli-ditalia-versetzt-teile-italiens-in-angst-8591284.html
Mag ja richtig sein, aber muß man alles was früher mal gesagt wurde auf die Waagschale legen? Wenn ich mir so vorstelle, was deutsche Politiker aus der ersten Reihe vor einem Jahr und früher gesagt haben und was sie heute sagen - da könnte einem, wenn man nicht einen guten Magen besäße, übel werden :).
@Wolfgang B.
Auch wenn im Wahlkampf viel geredet und zerredet wird – keine der demokratischen Parteien wird Mitglieder in Führungspositionen bringen, der bei jeder Gelegenheit den Hitlergruß andeuten und zu dessen letzter Wirkungsstätte pilgern.
Man kann den demokratischen (darauf liegt meine Betonung) Parteien viel vorwerfen, aber das denn doch nicht. Die Fratelli von Frau Meloni sind da schon noch ein anderes Kaliber.
Ein Hitlergruß von 10 Sekunden gegen z.B. Lieferungen von Waffen in Kriegsgebiete - das sehe ich anders.
@ WOLFGANG B.
Ist Ihnen entgangen, dass die italienischen Postfaschisten sogar beides auf die Reihe kriegen?
Eigentlich nicht. Aber wenn man das von Umfang und Schlagkraft so bezeichnen will, bitte. "Laut Nato-Quellen hat Italien der Ukraine bisher Waffen im Wert von 300 bis 500 Millionen Euro geliefert, darunter schwere Artilleriegeschütze, Stinger-Raketen und leicht gepanzerte Truppentransporter."
Die Republik Italien hatte seit der Gründung 1946 67 Regierungen und 30 Ministerpräsidenten. Ein postfaschistisches rechtspopulistisches Intermezzo wie derzeit mit Meloni wird eine sehr kurze Halbwertszeit haben.
Das besonders herzliche Verhältnis zwischen den Populisten Meloni und Manfred Weber (CSU) wird daran wenig ändern. Der hat gerade auch noch andere Sorgen . . .
https://www.spiegel.de/panorama/evp-chef-manfred-weber-umstrittenes-grossgehalt-aus-der-parteikasse-a-74c8b482-03d2-4f9c-b7bc-792e2007490e
Man wird sehen, Herr Kr. Nicht alle Politiker, die Sie als populistisch bezeichnen, sind das auch. Das ist Ihre sehr spezielle Sichtweise. Gerade in Italien gab's schon Regierungs-Chefs, die wirklich besorgniserregend waren. Geben sie Frau Meloni doch einfach Zeit und lassen Sie das italienische Volk entscheiden.
ja, es gab in Italien tatsächlich schon Regierungschefs, die besorgniserregend waren. Mussolini zum Beispiel. Und Meloni halte ich für eine Wölfin im Schafspelz. Sie wird den Pelzmantel dann fallenlassen, wenn es konkret um ihre Interessen geht. Bis dahin wird sie hinter den Kulissen Verbündete suchen, Weber hat sie schon eingefangen.
Sie, der Sie „Post“-Attributen locker aus dem Handgelenk verteilen und sich hier schon als Anhänger der SED aka Linke geoutet haben, haben dann sicher auch kein Problem damit, wenn man Sie als Poststalinisten bezeichnet.
Solche zeichnen sich auch dadurch aus, von Kritik am eigen Lager durch Hinweise auf Verfehlungen des politischen Gegners abzulenken.
Dabei haben Rote mit korrupten Bürgermeistern in Frankfurt a.M. und Regensburg, einer EU-Vizeparlamentspräsidentin mit Geldkoffern im Hotel und einer Spesenritterin Nancy Faeser gerade allen Grund, an der Stelle nicht mit vier Fingern auf sich selbst zu zeigen.
Aber zur Sache - wenn Meloni tatsächlich „Postfaschistin“ wäre, müssten doch in Italien täglich Fackelzüge zu sehen sein, „ L'Italia in primis“-Kundgebung an der Tagesordnung und Ausländer in Massen aus dem Land getrieben werden. Nur - das passiert nicht.
Es ist auch leicht erklärt - Meloni ist keine Faschistin und alle die ihr das zuschreiben sind spaltende Hetzer.
„Hundert Tage nach ihrem Amtsantritt als Ministerpräsidentin gibt sie sich pragmatischer als viele erwarteten.“
Und damit ist eigentlich das ganze Elend des linken Medien-Blocks beschrieben. Wer hat den hier was erwartet? Auch hier in der AA wurde Meloni als Faschistin diffamiert.
Jedoch sahen wirklich „viele“, nämlich die Mehrheit der italienischen Wähler, die Dinge völlig anders. Nur erfuhr ihre Meinung keinerlei mediale Entsprechung.
Und so kann man mit beliebig vielen Themen weitermachen.
Der Widerstand gegen Gendersprech ist massiver als „viele“ erwartet haben.
Die gesellschaftlichen Probleme mit zügelloser Migration sind größer als „viele“ erwartet haben.
Corona-Maßnahmen waren untauglicher und der Impfstoff schädlicher als „viele“ erwartet haben.
Merkels Politik war viel schlechter als „viele“ erwartet haben.
Klimakleber weisen mehr Doppelmoral auf, als „viele“ erwartet haben.
Die Gefahr von Rechts ist viel kleiner, als „viele“ erwartet haben.
Habecks Wirtschaftspolitik ist viel stärker von Lobbyisten unterwandert, als „viele“ erwartet haben.
usw. usw. usw.
Die mediale Schlagseite nach links-grün, insbesondere im ÖR ist so massiv, dass dann solche Artikel herauskommen. Den jeder, der sich vor der Wahl dem veröffentlichtem Bild von „Nazi-Meloni“ entgegen stellte, und das prognostizierte, was nun Realität ist, wurde gleich mit zu Nazi-Muss verarbeitet.
Meinungsvielfalt könnte heilen. Aber ich vermute, dass wir noch viele Artikel lesen müssen, in den beschrieben wird, dass die Dinge anders laufen, als „viele“ erwartet haben.
Jochen H.: "Entgegen den Erwartungen der linksliberalen und grünen Eliten macht Frau Meloni bisher einen guten Job."
Sie macht eine halbwegs seriöse Finanzpolitik und sie hält sich sogar weittgehend an die Absprachen, die Draghi mit der EU getroffen hat. Das Problem ist nur: Sie hält sich nicht an die Wahlversprechen, mit denen sie die Wahl gewonnen hat. Das ist das Problem der Populisten und deswegen wird auch sie scheitern.
Es ist nicht wegzudiskutieren, dass es entsprechende Absprachen und Telefonnummern gibt, welche genutzt werden, wenn wieder mal ein paar seeuntüchtige Flüchtlingsboote vor der afrikanischen Küste in Richtung Mittelmeer in See stechen. So dann stehen entsprechende NGO-Schiffe bereit um die "Schiffbrüchigen" quer über das Mittelmeer Richtung Norden zu schiffen.
Problem ist nur, dass diese Fakten von den NGOs schlichtweg abgestritten werden. Und die EU Politik negiert diese Infos und will sich nicht festlegen. Aber die Kommunikation kann man registrieren und überwachen- auch Telefonate. Wenn die Rettung gesteuert erfolgt ist dies ganz einfach nicht mehr Seerettung, sondern Schleusertum und das ist mit Strafen belegt - nur man muss Willens sein dies gerichtlich verwertbar nachzuweisen. .
und woher wissen Sie das und behaupten es auch noch ohne eine Quelle zu nennen? Gehts noch?
Die NGO's und die Seenotretter braucht es, weil die entsprechenden staatlichen Organisationen in Sachen Menschenrechte nicht nachkommen. Und weil sich überall in Europa populistische Politiker wie Meloni gezielt und oft durch falsche Versprechungen und einseitige Stimmungsmache in den Vordergrund schieben, schaut die EU gerne weg, wenn es um die Rettung von Menschen geht. Wenn man Menschen schon von Europa fernhalten will, dann muss man anfangen, in deren Heimatländern die Lebensverhältnisse zu ändern und zu verbessern, statt sich zusätzlich zu bereichern und aufkeimende Bemühungen durch Billigimporte zu zerstören wie z.B. mit der eigentlich erfolgreichen Geflügelzucht in Ghana geschehen.
Die NGO s sind nichts anderes als ein gut bezahlter Shuttle Service von Nordafrika nach Europa. Würden deren Schiffe nicht permanent vor der Küste hin und her kreuzen, würde kein Migrant in diese zerlöcherten Boote einsteigen und sich somit auch nicht in Gefahr begeben.
"Die NGO s sind nichts anderes als ein gut bezahlter Shuttle Service von Nordafrika nach Europa."
Diese Behauptung ist schlichtweg falsch.
Warum ertrinken dann so viele Menschen, wenn es doch einen – wie Sie es nennen – "gutbezahlten Shuttleservice" gibt?
Vielleicht stimmt Ihr Weltbild doch nicht ganz mit der Realität zusammen?
Vielleicht ertrinken garnicht so viele? Woher will man das wissen?
@ Christina M.
"Vielleicht ertrinken garnicht so viele? Woher will man das wissen?"
Ja Christina M. einfach die Augen schließen, dann ergibt es immer eine dümmliche Ausrede.
Entgegen den Erwartungen der linksliberalen und grünen Eliten macht Frau Meloni bisher einen guten Job. Und in der Flüchtlingspolitik kann man ihr zustimmen. Die sogenannten NGO Seenotretter sind keine Retter im ursprünglichen Sinne von Seenotrettung, sondern bestens organisierte und vernetzte Vereine, die den Transfer von Flüchtlinge besser Migranten aus aller Welt im Mittelmeer fördern. Sobald weniger Rettungsschiffe vor der libyschen Küste kreuzen umso weniger nicht seetüchtige und überladene Boote machen sich auf den weg Richtung Norden.
"Die sogenannten NGO Seenotretter sind keine Retter im ursprünglichen Sinne von Seenotrettung, sondern bestens organisierte und vernetzte Vereine, die den Transfer von Flüchtlinge besser Migranten aus aller Welt im Mittelmeer fördern."
Diese Unterstellungen sind haarsträubend und zeigen letztlich nur Missachtung allgemeiner Menschenrechte.
"Sobald weniger Rettungsschiffe vor der libyschen Küste kreuzen umso weniger nicht seetüchtige und überladene Boote machen sich auf den weg Richtung Norden."
Diese Annahme hat sich längst als falsch herausgestellt. Der sogenannte Pullfaktor ist minimal. Tatsache ist doch, umso weniger Rettungsschiffe - umso mehr Menschen ertrinken im Mittelmeer.