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Kommentar: Nichts ist so schön und anstrengend wie Mama-Sein

Kommentar

Nichts ist so schön und anstrengend wie Mama-Sein

Christina Heller-Beschnitt
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    In Deutschland haben Mütter es immer noch schwerer als Väter oder Frauen ohne Kinder.
    In Deutschland haben Mütter es immer noch schwerer als Väter oder Frauen ohne Kinder. Foto: Christian Charisius, dpa (Symbolbild)

    Was gibt es heute zum Essen? Sind alle Zutaten da? Wird es allen schmecken? Oder wissen Sie schon, wer etwas auszusetzen hat? Falls Sie alle Fragen beantworten können: Herzlichen Glückwunsch, am 8. Mai ist Muttertag. Lassen Sie sich feiern!

    Das ist natürlich polemisch. Aber nicht ohne Grund. Nach wie vor sind es Mütter, die einen Großteil dieser Aufgaben übernehmen. Sie putzen, kochen, waschen, trösten, spielen. Sie haben eine nie endende Liste mit Dingen im Kopf: Geschenk für Geburtstagsparty besorgen, Zettel für den Schulausflug unterschreiben, neue Schuhe kaufen. Und einen bezahlten Job, den haben viele Mütter auch. Schließlich sind sie gleichberechtigt. Und Gleichberechtigung meint vor allem: gleiche Chancen in der Arbeitswelt. Das Bewusstsein dafür, was Mütter leisten, wächst zwar, weil sie lauter werden. Dennoch bedeutet Mutter-Sein in Deutschland: ärmer und ausgebrannter sein als Frauen ohne Kinder – oder als Männer.

    In der Corona-Pandemie haben Mütter vieles aufgefangen – jetzt sind sie erschöpft

    Noch immer ist es so, dass Frauen deutlich weniger verdienen als Männer. Die Lücke wird riesig, sobald Frauen Kinder bekommen. Männer mit zwei Kindern, das hat eine Studie der Bertelsmann Stiftung erst gezeigt, verdienen dagegen sogar mehr als Männer ohne Kinder. Wie machen die das bloß? Klar, die Mütter kümmern sich. Bei ihnen sinkt das Lebenseinkommen proportional zur Anzahl ihrer Kinder. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigt zudem: 30 Prozent der Frauen fühlen sich in den sieben Jahren, nachdem sie ein Kind geboren haben, weniger wohl als vorher. Dazu passt: Noch nie waren Mutterkuren gefragter als nach zwei Jahren Pandemie. Denn es waren Mütter, die alles aufgefangen haben. Sie ersetzten Erzieherinnen und Lehrerinnen, haben nebenbei selbst von zu Hause gearbeitet.

    Nicht falsch verstehen: Mama-Sein ist wunderschön. Zu sehen, wie das Kind heranwächst, die Welt entdeckt, als gefestigte Person einen eigenen Weg geht, lässt sich mit fast nichts vergleichen. Immerhin haben Frauen heute die Wahl, ob sie Mütter werden wollen. Doch sogar das wird in vielen Ländern wieder infrage gestellt. In Polen sind Abtreibungen verboten. Auch das höchste US-Gericht denkt über einen solchen Schritt nach. Das alles zeigt: Mutter-Sein ist nicht nur eine Entscheidung für oder gegen Kinder. Es ist ein politischer Akt.

    Das System braucht arbeitende Mütter – unterstützt sie aber nicht

    Aber auch eine Frau, die sich bewusst dafür entscheidet, Mama zu werden, stößt irgendwann an Grenzen. Auf ein System, das sie eigentlich nicht will. Entweder sie steuert als Hausfrau auf die Altersarmut zu. Oder sie arbeitet und spürt ständig, dass sie es nicht sollte – weil die Unterstützung fehlt: Karriere machen als Mutter? In vielen Unternehmen immer noch undenkbar. Und obwohl Eltern seit fast zehn Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz ab dem 1. Geburtstag haben, fehlen diese überall. Wer springt da ein? Häufig die Mütter.

    Klar, im Idealfall gibt es eine zweite Person, die sich um das Kind kümmert. Meistens den Vater. Aber, jedes einzelne Elternpaar kann sich noch so sehr anstrengen. Es kann für sich einen Weg finden, die finanzielle und gedankliche Last zu verteilen. Väter können weniger arbeiten. Nur erstens macht das kaum einer – weil ihre Familien massiv an Einkommen verlören. Und zweitens kann das einzelne Paar so gut wie nichts ändern. Das ist Aufgabe der Politik. Sie muss Strukturen schaffen, die es Eltern leicht machen, Eltern zu sein. Weil die Kinderbetreuung funktioniert – und ordentlich entlohnt wird. Weil Mütter keine Angst haben müssen, im Alter zu verarmen. Und es ist Aufgabe der Unternehmen. Sie müssen familienfreundlich handeln und nicht nur beteuern, wie wichtig das Thema sei.

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