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Kommentar: Warum Humor so wichtig ist – gerade in der Politik

Kommentar

Warum Humor so wichtig ist – gerade in der Politik

Michael Stifter
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    Beim Singspiel auf dem Nockherberg wird die Humorfähigkeit von Politikern auf eine echte Probe gestellt.
    Beim Singspiel auf dem Nockherberg wird die Humorfähigkeit von Politikern auf eine echte Probe gestellt. Foto: Tobias Hase, dpa

    Helmut Schmidt und Franz Josef Strauß als erbitterte Rivalen zu beschreiben, wäre wohl die Untertreibung des Jahres. In der Sache standen sich die beiden unversöhnlich gegenüber – und doch verband sie auch etwas: Sie konnten miteinander lachen. Zur Begrüßung sagte Schmidt gerne grinsend: "Na, Sie alter Gauner." Und Strauß konterte trocken: "Na, Sie alter Lump!" 

    Heute kommt die Politik oft eher humorlos und verbissen daher. Dabei wäre es gerade in krisenhaften Zeiten so wichtig, in Konkurrenten nicht nur Gegner, sondern auch Menschen zu sehen. Wer zusammen lachen kann, nicht nur über den anderen, sondern – noch wichtiger – auch über sich selbst, verliert etwas von jener Schärfe, mit der politische Debatten heute zu oft geführt werden.

    Selbst im Fasching nimmt sich mancher Politiker zu ernst

    "Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt", sagte der Dichter Joachim Ringelnatz. Und tatsächlich ist es doch so, dass es herrlich entwaffnend sein kann, einem Angriff humorvoll zu begegnen, anstatt selbst verbal aufzurüsten oder beleidigt zu sein. Wie schwer sich Politikerinnen und Politiker aber damit tun, diesen Knopf zu drücken, haben wir gerade erst im rheinischen Karneval erlebt. 

    Klar war die Büttenrede von Marie-Agnes Strack-Zimmermann gegen Friedrich Merz grenzwertig. Aber dass die CDU für eine Karnevalsrede (!) ernsthaft eine öffentliche Entschuldigung der FDP-Politikerin forderte und mancher gar ein grundsätzliches Zerwürfnis der beiden bürgerlichen Parteien herbeikommentierte, ist dann doch unfreiwillig komisch.

    Vielleicht sollte sich der CDU-Vorsitzende – rein humortechnisch – ein Vorbild an Hubert Aiwanger nehmen, der den virtuellen Stammtisch des Internets handgestoppte 350 Tage im Jahr durchaus launig bedient – an den anderen 15 Tagen gab es in Niederbayern wahrscheinlich kein Netz. Natürlich geht da manchmal ein Kommentar daneben, und selbstverständlich darf man sich fragen, ob ein Spitzenpolitiker in aller Öffentlichkeit mit Hinz und Kunz in den verbalen Nahkampf gehen sollte. Aber eins kann man Aiwanger ohne jede Einschränkung attestieren: dass er über eine große Portion Humor verfügt und auch mal über sich selber lachen kann. 

    Und ganz nebenbei, gar nicht so steile These: Humor macht auch attraktiver für potenzielle Wählerinnen und Wähler. Oder haben Sie schon mal eine Kontaktanzeige gelesen, in der dringend darum gebeten wurde, es mögen sich bitte nur sauertöpfische Interessenten melden, die unbedingt vermeiden wollen, miteinander lachen zu können? Eben.

    Der Politische Aschermittwoch ist auch ein gesellschaftlicher Blitzableiter

    Nächste Woche beim politischen Aschermittwoch wird der Humor als solcher wieder auf eine harte Bewährungsprobe gestellt. Weil natürlich nicht alles wirklich lustig ist, was da so ins Bierzelt hineinposaunt wird, wenn sich der innere Stammtisch nach außen kehrt. Aber Traditionen wie der Aschermittwoch oder auch das Derblecken auf dem Nockherberg dienen eben auch als gesellschaftliche Blitzableiter. Solange wir gemeinsam lachen können, halten wir auch zusammen und er schlägt eben nicht ein, der Blitz. Querdenker, Diktatoren-Versteher, Populisten und Rechtsradikale lachen nicht. 

    Das Schlusswort in dieser Sache gebührt dem großen bayerischen Humoristen Gerhard Polt: "Humor ist eigentlich nur, wenn er stattfindet. Wenn er nicht stattfindet, gibt's keinen." Es wäre gut für uns alle, wenn er wieder öfter stattfindet – auch und gerade dann, wenn es drum herum ernst wird. 

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