Afghanistan, das Land am Hindukusch, rückt gefühlt immer weiter weg von Deutschland. Tatsächlich steckt der Westen in der Zwickmühle.
So weit entfernt wie heute war Afghanistan von Deutschland noch nie. Die Kilometerzahl mag die gleiche geblieben sein, doch gefühlt ist das Land auf einen anderen Planeten verschoben worden, so sehr hat es sich aus dem öffentlichen Bewusstsein radiert.
Die Taliban herrschen ein Jahr nach der Machtübernahme mit harter Hand, die Rechte von Frauen wurden massiv beschnitten, die Wirtschaft liegt am Boden und damit die Lebensgrundlage vieler Menschen. Mehr als ein mitleidiges Schulterzucken erzeugt das im Westen nicht mehr.
Mit den Taliban lässt sich nicht verhandeln
Zu viele eigene Sorgen lasten auf den Schultern der Verantwortlichen: Krieg in der Nachbarschaft, die Sorge vor einem kalten Winter, die hohe Inflation und die Angst, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt bröckeln könnte. Und so wird Afghanistan zur vergessenen Krise – zu einer von vielen auf dieser Welt.
Für die Menschen am Hindukusch ist das besonders tragisch, weil sie gehofft hatten, dass der jahrzehntelange Krieg, den die Nato in ihrem Land geführt hat, ihnen zu einem besseren Leben verhilft. Dieser Traum ist vorerst ausgeträumt. Für den Westen ist es ein Dilemma: Wieder Soldaten nach Afghanistan zu schicken, ist ausgeschlossen. Doch auch Verhandlungen mit den Taliban sind unter den gegebenen Umständen kaum möglich. Einzig die humanitäre Hilfe bleibt, um den Afghanen zu zeigen: Wir vergessen euch nicht.
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@ Christina M.
https://www.proasyl.de/news/aufnahme-von-ortskraeften-aus-afghanistan-ist-kein-gnadenakt-sondern-pflicht/
Hier finden Sie noch ein wenig Futter für Ihren Taschenrechner. Dort können Sie nachlesen, wer alles als Ortskraft gilt und warum diese Menschen so wichtig waren. Sonst wäre die Bundeswehr dort schon viel früher "baden" gegangen. Vielleicht hatte man für die zahlreichen Sprachen und Dialekte ja nicht nur einen Übersetzer? Wer sagt, dass alle fest angestellten Ortskräfte die ganze Zeit über für Deutschland tätig waren? Was ist mit den Lehrern, Richtern und Polizisten, die vom Westen "implementiert" wurden? Nur ein paar Fragen von vielen. Schauen Sie nicht nur auf Ihren Taschenrechner, schauen Sie sich das ganze Tätigkeitsfeld des Westens in Afghanistans an. Dann werden Sie sehen, dass Ihr Display noch bei weitem nicht alles erfasst hat, was in Afghanistan los war.
Ein Freund war gerade in Afghanistan. Nur Elend, Not und Hunger. Resignation in den Augen bei den Leuten auf der Straße. Nach jahrzehntelangen Kämpfen, kämpft auch kaum noch einer außer die noch schlimmeren Typen vom IS. Frauen dürfen im Allgemeinen nicht mehr arbeiten. Eine Frau mit 4 Kindern, deren Mann gestorben ist, will arbeiten um die Kinder durchzubekommen, darf aber nicht. Sie könne ja einen Taliban heiraten, wird ihr gesagt.... Zwangsheirat: wenn ein Taliban ein schönes Mädchen sieht, hält er zwar formal um ihre Hand an, wenn sie und ihre Familie ablehnt, hilft das nicht - sie wird trotzdem verheiratet. Es ist schwer überhaupt Hilfe ins Land zu bekommen ohne damit auch noch die Taliban zu unterstützen. Es gibt keine Hoffnung. Die Hardliner der Taliban haben sich durchgesetzt. Es geht zurück in die Steinzeit und wahrscheinlich war es dort noch netter. Die Schulbildung wird selbst für die Jungs immer schwächer. Sie haben z.B. 15 Fächer, davon 8 islamische. Für die wissenschaftlichen Fächer fehlen aber häufig die Lehrkräfte, da die Frauen, bis zu 40 % vor den Taliban, nicht mehr unterrichten dürfen. Die Taliban schaffen sich eine (noch) ungebildetere Bevölkerung. Wir waren 20 Jahre dort, haben nichts verstanden, viel falsch gemacht und eine korrupte Elite reich gemacht (ein Stück weit wie Vietnam). Die etwas gebildetere Schicht und die Ortskräfte sollten wir aufnehmen. Die sind auch regelmäßig gut integrierbar, da sie wissen vor was sie geflohen sind. Die vielen Millionen Armen schaffen es nicht zu uns, da sie nicht mal die Mittel für ein normales Abendessen haben. Zu denen muss die Hilfe kommen und auch da gibt es hoffentlich genug Leute in staatlichen Stellen und bei NGO´s die sich das überlegen, wie man das hinbekommt. Tatsache ist aber mE auch: Es gibt im Moment nicht ein realistisches Fünkchen Hoffnung auf eine positive Entwicklung in Afghanistan.
Ich unterstütze seit sehr vielen Jahren die Deutsch Afghanische Initiative in Freiburg. Es tat so gut, zu erfahren, wie es dort allmählich aufwärts ging, was für Fortschritte für die Frauen erzielt werden konnten. Alles umsonst. Man könnte heulen.
Afghanen, die dem Deutschen Militär zugearbeitet haben, damit an einem gewünschten Regimewechsel mitwirkten, auch wenn er letztlich gescheitert ist, gehört unsere volle Solidarität und unsere Unterstützung.
Bei der Solidarität stimme ich zu. Aber eins stört mich. Unsere 1.100 Soldaten hatten nach offizieller Auskunft der Bundeswehr 380 Hilfskräfte. Andere Quellen sprechen von 600 bis 700, da waren auch Mitarbeiter anderer Ministerien mit dabei. In den ersten Tagen nach der Räumung wurden bereits 1.200 Ortskräfte nach D geflogen. Da hat es also schon eine ziemliche Vermehrung gegeben, weil sich welche mit spitzen Ellenbogen reingedrängelt haben. Jetzt spricht man aber schon von 50.000 angeblichen "Ortskräften", 100x so viele, das versteht doch jedes Kind dass das nicht stimmen kann? Weil dann hätte ja jeder Soldat über 40 Fahrer, Dolmetscher und Köche gehabt! Mein Mitgefühl fängt da jetzt einfach an zu leiden, das geb ich zu, wenn ich von so einem Missbrauch unserer Hilfsbereitschaft höre.
Christina M., vielleicht liegt es ja daran, dass die Bundeswehr dort 20 Jahre lang (!) stationiert war und diese Leute auch Familien haben.
Wolfgang L., das erklärt es nicht. Ein Arbeitsleben als Koch oder Dolmetscher oder Taxifahrer hat 40 Jahre, in 20 Jahren wurde dann vielleicht die Hälfte der Ortskräfte durch jüngere ersetzt und es wären statt 380 eben 570 gewesen. Aber nicht 50.000. Afghanische Familien haben im Schnitt 4 Kinder. Das heißt, aus 2 Erwachsenen wird eine 6-köpfige Familie. Dann komm ich vielleicht auf 2.000 incl. Familie, aber wieder nicht auf 50.000.
Christina, vielleicht belegen Sie erst mal Ihre 50.000. Ich habe von gut 23.000 Personen mit Aufnahmezusage gelesen, also etwa 4.000 Familien. Das erscheint mir für 20 Jahre nicht gerade viel zu sein.
Ich denke, das ist aktuell unser geringstes Problem, aber Sie dürfen gerne Ihre Tage damit verbringen.
@ Wolfgang B.
Man hat den Ortskräften Sicherheit versprochen, vielleicht hätten sie sonst nicht für die Bundeswehr und andere Militärs gearbeitet. Die Soldaten brauchten Guides und Dolmetscher, sonst hätten sie alt ausgesehen. Dann hat man die Ortskräfte am Flughafen stehengelassen und ist mit halb leerer Maschine nach Hause geflogen. Das ist schäbig. Denn was man zusichert, soll man auch halten. Wen haben sie verraten? Ihr Volk? Ihre Familie? Sie haben den dort engagierten Kräften geglaubt, das war ihr Fehler. Man kann den Einsatz der Bundeswehr in Frage stellen, das Ende des Einsatzes war jedenfalls unterirdisch.
Afghanistan geht uns sehr wohl etwas an. Es gibt dort eine Menge Menschen, die für die Bundeswehr oder andere Institutionen gearbeitet haben und die dadurch erheblich in Gefahr gebracht wurden. Es ist unsere verdammte Pflicht, diese Menschen in Sicherheit zu bringen. Viele Krisen hat der Westen mit verschuldet und nun fällt uns das eben auf die Füße. Da können wir nicht sagen: das geht uns nichts an. Das wäre einfach zynisch. Außerdem sind die Zeiten vorbei, wo man den Vorhang an jeder Grenze hochziehen und sich einigeln kann. Dafür sind die wirtschaftlichen Verflechtungen und Interessen viel zu stark. Humanitäre Hilfe ist das mindeste, was wir leisten können. Denn trotz aller Einschränkungen, die da kommen mögen, sind wir ein reiches Land mit vielen gut verdienenden Menschen. Aber viele darunter drehen sich eher weg, als dass sie etwas abgeben sollen. Hilfe kommt oft von denen, die selbst nicht viel haben. Denn die wissen, wie das ist.
Sehe ich nicht so. Man kann diese sog. Ortskräfte auch als Verräter sehen. Ihnen mußte bewusst sein, wenn sich das Blatt in Afghanistan dreht und die Besatzer wieder nach Hause gegangen sind, daß sie dann keinen leichten Stand haben werden.
Afghanistan IST weit weg und geht uns gar nichts an.Genau wie Ukraine. Diese Art der Einmischung ist nichts anderes als Neokolonialismus
Humanitäre Hilfe ist schon ok. Aber bestimmte Gruppen in Deutschland wollen halt schon wieder alle in Afghanistan Verfolgten nach Deutschland holen. Diese sog. Ortskräfte der Bundeswehr haben ein Mehrfaches verdient, was ein normaler Afghane verdient. Es stand nirgends im Arbeitsvertrag, dass sie ein Recht auf Einwanderung haben.......................................
Zynischer geht´s ja kaum noch.