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Krieg in der Ukraine: Die Angst vor der radioaktiven Wolke schwindet

Krieg in der Ukraine

Die Angst vor der radioaktiven Wolke schwindet

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    Das Atomkraftwerk Saporischschja ist von russischen Truppen besetzt.
    Das Atomkraftwerk Saporischschja ist von russischen Truppen besetzt. Foto: Leo Correa, AP/dpa

    Anfang März vorigen Jahres kam zu den ohnehin schon schlimmen Nachrichten aus der Ukraine eine weitere hinzu: Russische Soldaten griffen in Saporischschja das größte Atomkraftwerk des Landes und Europas an. Auf dem Gelände brannte es, doch es trat keine radioaktive Strahlung aus. In Deutschland riss der Vorfall etwa um zwei Uhr morgens Experten des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) aus dem Schlaf. Sie prüften den Vorfall und konnten Entwarnung geben. Auch danach gab es keine Strahlungsunfälle, über die sich Deutschland hätte Sorgen machen müssen. Selbst wenn es in der Ukraine zu einem größeren Vorfall kommen und Radioaktivität freigesetzt würde, wären die Auswirkungen wohl eher gering. Für den schlimmsten aller Fälle jedoch ist das Land vorbereitet.

    Zerstörung im südukrainischen Saporischschja. Nach ukrainischen Angaben schlugen russische Raketen ein.
    Zerstörung im südukrainischen Saporischschja. Nach ukrainischen Angaben schlugen russische Raketen ein. Foto: Ukrinform, dpa

    „Wir sind rund um die Uhr wachsam“, sagt Florian Gering, Leiter der Abteilung Radiologischer Notfallschutz im BfS. Deutschlandweit helfen ihm und seinen Leuten etwa 1700 Messsonden sowie zusätzliche Spezialmessgeräte bei der Arbeit. Letztere sind in der Lage, den Zerfall eines einzigen Atoms in einem Raum von der Größe eines Fußballstadions zu messen. Präzision tut not, denn Radioaktivität kann man nicht riechen, schmecken oder hören. Sie lässt sich nur messen.

    Krieg in der Ukraine führt zu großen Sorgen wegen eines Reaktorunglücks

    Mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges vor knapp einem Jahr wuchs die Sorge um den Zustand der kerntechnischen Anlagen im Land. „Uns erreichen viele Anfragen“, erklärt Gering. Das BfS, das als Behörde mit Sitz in München dem Bundesumweltministerium zugeordnet ist, konnte bisher alle Bedenken zerstreuen. Wer mag, kann sich die fortlaufend aktualisierten Messwerte im Internet anschauen und sich selbst ein Bild machen – das übrigens aufgrund der Bodenbeschaffenheit zum Süden hin leicht höhere Strahlungswerte zeichnet. 

    Als die Russen das Atomkraftwerk in Saporischschja angriffen, löste die ukrainische Atomaufsicht sofort Alarm aus. Die Internationale Atomenergiebehörde leitete die Meldung an zuständige Stellen auf der ganzen Welt weiter, in Deutschland nimmt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe solche Alarmmeldungen entgegen. Im Lagezentrum werden mehr als 50 nationale und internationale Informations- und Warnverfahren bearbeitet, zu den Partnern gehören unter anderem Fachbehörden, Polizeien und das Militär. Die ukrainische Warnung erreichte so auch das BfS, das eine ständige Rufbereitschaft unterhält. Sofort seien die Messdaten gesichtet worden, erklärt Gering und ergänzt: „Es war von Vorteil, dass wir die Ukraine schon einige Wochen vorher im Blick hatten und täglich Messdaten geprüft haben." 

    Gefahr eines Reaktorunglücks: Die Ukraine ist weit weg

    Das BfS-Team hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Worst-Case-Szenarien entworfen und berechnet, was schlimmstenfalls auf Deutschland zukommen könnte, wenn das AKW in Saporischschja beschädigt werden würde. Das Ergebnis ist vergleichsweise beruhigend: „In weniger als einem Fünftel der Wettersituationen wäre es im Durchschnitt überhaupt möglich, dass von der Ostukraine Luft nach Deutschland kommt“, erklärt Gering. Mit anderen Worten: Der Wind weht in die andere Richtung, die Entfernung tut ein Übriges. Wie übrigens auch in der Angriffsnacht. Es hätte damals „gar keine Luftverfrachtung nach Deutschland stattfinden können“, sagt der Experte. Damit war für das BfS auch schnell klar, dass hierzulande keine weiteren Maßnahmen notwendig waren. 

    Das Bundesamt hat auch Szenarien für den Fall berechnet, dass es in der Ukraine doch noch zu einem Reaktorunglück kommt. Aufgrund dessen könne man „sehr klar sagen“, dass „nicht die gesamte Palette“ der in Deutschland vorgesehenen Maßnahmen abgerufen werden müsste, erklärt Gering. Zu Evakuierungen oder der Aufforderung, sich im Haus aufzuhalten, würde es also eher nicht kommen. Jodtabletten als Gegenmaßnahme bei hohen Strahlenbelastungen könnten „mit großer Wahrscheinlichkeit“ im Schrank bleiben. Für den eher unwahrscheinlichen Fall, dass radioaktiv belastete Luft nach Deutschland käme, wäre der Fokus hierzulande auf die Landwirtschaft und die Ernährung gerichtet. „In diesem Bereich könnte trotz der großen Entfernung eine Belastung auftreten“, sagt Gering. Man kenne das von der Nuklearkatastrophe 1986 in Tschernobyl, wo unter anderem Empfehlungen für den Umgang mit Gartenfrüchten ausgesprochen wurden. 

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