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Krieg in Nahost: "Es bedeutet uns die Welt, dass sie wieder bei uns ist"

Krieg in Nahost

"Es bedeutet uns die Welt, dass sie wieder bei uns ist"

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    Menschen jubeln mit israelischen Fahnen, nachdem ein Hubschrauber mit von Hamas-Kämpfern frei gelassenen Geiseln im Schneider Children's Medical Center of Israel gelandet ist.
    Menschen jubeln mit israelischen Fahnen, nachdem ein Hubschrauber mit von Hamas-Kämpfern frei gelassenen Geiseln im Schneider Children's Medical Center of Israel gelandet ist. Foto: Ilia Yefimovich, dpa

    Eines der bekanntesten Bilder vom Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober zeigt eine alte Dame mit kurzen, weißen Haaren, eingehüllt in eine rosa karierte Decke, die von bewaffneten Hamas-Männern auf einem Golfcart in den Gazastreifen verschleppt wird. Yaffa Adar ist ihr Name, sie ist 85 Jahre alt, hat drei Kinder, acht Enkel und sieben Urenkel. Sie hat den Holocaust überlebt – und nun die Geiselnahme

    Über die Bedingungen der Geiselhaft dürfen die Befreiten und ihre Angehörigen kaum etwas preisgeben: Solche und andere womöglich kriegsrelevanten Erkenntnisse behält Israels Armee, die IDF, bis auf Weiteres für sich. „Wir treffen alle Geiseln und sammeln von ihnen alle Informationen, die wir bekommen können“, erklärte IDF-Sprecher Daniel Hagari. „Was wir erfahren, wird nicht veröffentlicht.“ Israelische Medien berichteten indes mit Verweis auf Angehörige, die Entführten seien nicht gefoltert oder anderweitig misshandelt worden, hätten aber an manchen Tagen nichts zu essen bekommen und manchmal ein bis zwei Stunden auf die Erlaubnis warten müssen, die Toilette zu benutzen.

    Auch Yoni Asher hat seine Familie zurück

    Insgesamt 41 Geiseln wurden bis Samstagabend freigelassen, darunter 15 Gastarbeiter aus Thailand und den Philippinen, außerdem acht Personen, die neben der israelischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Am Sonntag traf eine dritte Gruppe von 17 Freigelassenen in Israel ein.

    Zu den Befreiten mit deutschem Pass zählen die 34-jährige Doron Katz Asher und ihre Töchter Raz (2) und Aviv (5), die am 7. Oktober Katz Ashers Mutter im Kibbuz Nir Oz besucht hatten und schon Freitag nach Israel zurückkehren könnten. Katz Ashers Ehemann Yoni

    Auch ein ursprünglich für tot gehaltenes, neunjähriges israelisch-irisches Mädchen kam frei. „Wir finden keine Worte, um unsere Gefühle nach 50 schwierigen und komplizierten Tagen zu beschreiben. Wir sind überglücklich, Emily wieder in die Arme schließen zu können“, erklärte die Familie. Emily Hand war während ihrer Geiselhaft neun Jahre alt geworden, was in Dublin vor anderthalb Wochen mit einer Party gefeiert worden war. 

    Für viele geht das Bangen weiter

    Für viele andere aber geht das Bangen weiter. Rund 240 Menschen hatten die Terroristen am 7. Oktober verschleppt. Manche sind vermutlich nicht mehr am Leben, so wie die beiden Frauen, deren Leichen Israels Armee vor Kurzem bei einem ihrer Einsätze im Gazastreifen fand. Maximal hundert Geiseln sollen im Rahmen des Deals freikommen, sofern es gelingt, die vereinbarte viertägige Feuerpause um sechs weitere Tage auszudehnen. Im Gegenzug soll Israel bis zu 300 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen. 

    Die bereits im Gegenzug freigelassenen palästinensischen Häftlinge seien wegen terroristischer Straftaten verurteilt oder angeklagt worden, erklärte der israelische Armeesprecher Doron Spielman. Dass sie sich unter den Fahnen der Hamas feiern ließen, zeige, um was für Menschen es sich handele. „Es ist eine Schande, dass wir sie freilassen.“ Palästinensischen Medien zufolge handelt es sich um sechs Frauen sowie 33 männliche Jugendliche unter 19 Jahren.

    US-Präsident Joe Biden schaltete sich persönlich ein

    Bereits am Samstag gab es indes erste Komplikationen: Die Hamas warf Israel vor, sich bei der Auswahl der Häftlinge nicht an die Absprachen zu halten, und verzögerte deshalb ihrerseits die Freilassung der Geiseln, bis Israels Armee mit erneutem Angriff drohte. Die Kampfpause bietet der Hamas eine Gelegenheit, sich auf weitere Kämpfe vorzubereiten, insofern haben die Terroristen ein Interesse daran, ihren Teil der Abmachung einzuhalten. Dennoch: Wie die Verzögerung am Samstag gezeigt hat, können in einer angespannten Lage wie dieser selbst kleinste Vorkommnisse oder Fehler den ganzen, mühsam ausgehandelten Deal in Sekundenschnelle zunichtemachen. US-Präsident Joe Biden hatte sich am Samstag persönlich eingeschaltet, wie eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats der US-Regierung mitteilte. Der 81-Jährige habe mit dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, und dem katarischen Premier- und Außenminister, Mohammed bin Abdulrahman Al Thani telefoniert. Am Ende lenkte die Hamas nach Einschreiten Katars ein.

    Am Sonntag dann trafen die beiden höchsten Repräsentanten des deutschen Staates – Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) – zu einem Besuch in Israel ein. In einer Videobotschaft zuvor hatte Steinmeier die Freilassungen begrüßt und betont: „Der Weg zur Beendigung des Kampfes wird und kann nur über die Freilassung der Geiseln führen. Aller Geiseln!“ (mit dpa)

    Hören Sie dazu auch unseren Podcast "Augsburger Allgemeine Live" vom 30. Oktober 2023 mit den Nahost-Experten unserer Redaktion.

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