Donald Trump zerstört in atemberaubendem Tempo politische Gewissheiten, Vertrauen, Bündnisse. Hart getroffen sind die Europäer von den oft in feindseligem Ton vorgetragenen Attacken des US-Präsidenten. Nach einer Schockstarre versucht die EU im Schulterschluss mit den Briten, eine gemeinsame Linie auf dem Weg zu einer selbstbewussteren Politik zu finden. Eine ganz ähnliche Entwicklung ist im Nahen Osten zu beobachten. Dort wollen die aufgeschreckten arabischen Länder unter Führung von Ägypten mit einem Wiederaufbauplan für Gaza eine Alternative zu Trumps bizarrem Vorstoß für eine Vertreibung mit anschließender Neubesiedlung des Küstenstreifens aufzeigen.
Doch Trump gibt sich davon unbeeindruckt. Am Mittwoch drohte er der Hamas ultimativ: Wenn die israelischen Geiseln nicht sofort freikommen, „ist es vorbei für Euch“, schrieb er auf seinem Netzwerk Truth Social. Zuletzt hatten sich die Spannungen zwischen der Hamas und der israelischen Regierung von Premier Benjamin Netanjahu wieder verschärft. Die Hamas wirft dem Regierungschef vor, sich Verhandlungen über die in der Vereinbarung über eine Waffenruhe festgeschriebene zweite Phase, die den Abzug der israelischen Truppen aus Gaza nach der Freilassung aller Geiseln vorsieht, zu verweigern. Netanjahu weiß, dass der Eintritt in Phase zwei seine Koalition mit teils rechtsextremen Partnern sprengen könnte. Ein Aufflackern der Kämpfe im weitgehend zerstörten Gazastreifen wird nicht ausgeschlossen.
Ägypten und Jordanien wären von Donald Trumps Gaza-Plänen stark betroffen
Dass Kairo die Federführung bei der Ausarbeitung eines Planes für die Zeit nach dem Ende des Konflikts zwischen Israel und der terroristischen Hamas übernommen hat, liegt nahe. Ägypten und Jordanien wären mutmaßlich von den US-Plänen am stärksten betroffen, die Palästinenser aus Gaza zu vertreiben, um Luxussiedlungen für zahlungskräftige neue Bewohner und anspruchsvolle Touristen zu schaffen – denn nach den Vorstellungen des US-Präsidenten würden diese beiden Länder das Gros der Bevölkerung des Gazastreifens aufnehmen müssen.
Der Wiederaufbau- und Stabilisierungsplan, der Anfang der Woche bei einem arabischen Gipfeltreffen in Kairo vorgestellt wurde, enthält folgende Kernpunkte: Nach der Beseitigung der Trümmer, die sich allerorten zu Bergen türmen, sollen in einer ersten Phase für den Neubau von Infrastruktur und Wohnungen Investitionen in Höhe von 20 Milliarden Dollar fließen. Zunächst sind 200.000 Wohneinheiten vorgesehen, in einer zweiten Phase soll diese Zahl verdoppelt werden und auch Hotels, Tagungszentren und ein neuer Hafen hinzukommen. Insgesamt geht es um taxierte 50 Milliarden Dollar. Woher das Geld dafür kommt, steht nicht in dem 90 Seiten umfassenden Plan. Doch beim Kairo-Gipfel saßen neben UN-Generalsekretär António Guterres und EU-Ratspräsident António Costa auch der König von Bahrain sowie der Emir von Katar als Vertreter finanzstarker Staaten mit am Tisch. Auch Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate waren vertreten.
Der Wiederaufbauplan hat einen sehr ambitionierten Zeitplan
Eine Konstellation, die die Nahost-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Muriel Asseburg, zu dem Urteil kommen lässt, dass von dem arabischen Gipfel „ein starkes Signal der Einigkeit“ ausgeht. Allerdings sei der Zeitplan für den Wiederaufbau „schon sehr ambitioniert“, sagte Asseburg im Deutschlandfunk. Tatsächlich soll das ehrgeizige Projekt, das mit temporären Umsiedlungen innerhalb des Gazastreifens einhergehen würde, in nur fünf Jahren realisiert werden. „Es gibt viele gute Ansätze in dem Plan, aber eben auch viele Punkte, die für Israel, aber auch für die internationale Gemeinschaft nicht hinnehmbar sind“, sagte Asseburg.
Der Knackpunkt des arabischen Konzepts sind die im Plan aufgeführten politischen Lösungsansätze – für eine Region, die durch Feindschaft und Misstrauen geprägt ist. Vorgesehen ist, dass internationale Truppen mit Mandat des UN-Sicherheitsrats nicht nur in Gaza, sondern auch im Westjordanland stationiert werden. Als Übergangslösung soll im Küstenstreifen eine Technokraten-Regierung eingesetzt werden. Das rührt an den entscheidenden Punkt: Was wird aus der Hamas? Nach Asseburgs Informationen wäre die militärische, aber auch politische Organisation tatsächlich bereit, sich aus der Regierung in Gaza zurückzuziehen. Das wäre auch ganz im Sinne möglicher Geldgeber wie der Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabiens. Die Golfstaaten wissen genau, dass Investitionen kaum sinnvoll sind, solange die Hamas das Sagen hat.
Die Hamas würde einer Entwaffnung kaum zustimmen
Doch es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass die Hamas freiwillig auf alle Machtpositionen in Gaza verzichten will, und schon gar nicht, dass sie einer Entwaffnung zustimmen würde. Genau dies ist aber für Israel wie auch für die USA mit Blick auf das Massaker der Hamas und weiterer Terrorgruppen an israelischen Zivilisten vom 7. Oktober 2023 eine Bedingung für alle weiteren Schritte. Wenig überraschend hat sich Israel denn auch umgehend gegen den Wiederaufbauplan ausgesprochen.
Ein zweiter, für die israelische Regierung kaum akzeptabler Punkt ist die Rolle der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), die früher auch Gaza kontrollierte, nun aber nur noch im Westjordanland eine Rolle spielt. Die in Teilen als korrupt geltende Behörde und vor allem ihr greiser Präsident Mahmud Abbas haben unter den Palästinensern stark an Ansehen verloren. Ausgerechnet diese PA soll nach den Vorstellungen Ägyptens intensiv auf ihre neue Aufgabe vorbereitet werden: die Verwaltung und Stabilisierung des Gazastreifens. Am Ende dieser Entwicklung stünde nach den Vorstellungen der arabischen Phalanx ein Palästinenserstaat, der aus Gaza und dem Westjordanland besteht.
Ist der Plan Ägyptens also jetzt schon gescheitert? Sicher wird einiges davon kaum realisierbar sein. Doch andere Punkte erscheinen bedenkenswert. Hoffnung macht, dass die arabischen Staaten – von Trump aus der Reserve gelockt – endlich die Initiative ergreifen und erkennen, dass Passivität auf Dauer keine Option ist.
In Gaza steht doch wirklich kein Stein mehr auf dem anderen. Israel wüstete stärker als ein Erdbeben. Wenn schon Aufbau (sinnvoll?) dann könnte dieser doch besser durchgefü+hrt werden, wenn die Bevölkerung für einen kurzenm Zeitraum in Nachbarländer gehen würde, wenn möglich.
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