Verborgene Geschäfte: Was Politiker nebenher verdienen, ist unklar
Exklusiv Der Fall Georg Nüßlein zeigt: Abgeordnete können Firmenbeteiligungen ganz legal verheimlichen. Was Experten fordern, um Interessenskonflikte ans Licht zu bringen.
Mit neuen Verhaltensregeln und eilig unterzeichneten „Ehrenerklärungen“ versuchen CDU und CSU, den Schaden durch dubiose Masken-Geschäfte ihrer Abgeordneten zu begrenzen. Aus Sicht von Experten ist das zu wenig. Dass Politiker beispielsweise an Unternehmen beteiligt sein können, ohne dass die Öffentlichkeit je davon erfährt, hält Roman Ebener von der Plattform „Abgeordnetenwatch“ für ein „scheunentorgroßes Loch in den aktuellen Transparenzregeln“. Im Fall des Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein. Die dortige Regierung wehrt sich nun gegen den Ruf des Finanzplatzes als Schauplatz krummer Geschäfte.
Nach gemeinsamen Recherchen unserer Redaktion mit dem ARD-Politmagazin „report München“ hatte Nüßlein eine Rechnung über 660.000 Euro an eine Liechtensteiner Firma gestellt, die zum Unternehmensgeflecht eines Geschäftsmannes aus dem Raum München gehört. Das Geld war offenbar eine Provision dafür, dass der damalige CSU-Politiker einem Masken-Hersteller half, an staatliche Aufträge zu kommen. Bezahlt wurde die Rechnung wiederum von einer Firma des Geschäftsmannes - mit Sitz in der Karibik. Das ist ein klassisches Mittel, um Geldflüsse zu verschleiern.
Liechtensteins Premier: "Wir setzen alles daran, dass wir diesen Missbrauch verhindern können"
Dass Liechtenstein durch den Skandal einmal mehr ins Zwielicht geraten ist, ärgert Premier Adrian Hasler. „Wir setzen alles daran, dass wir diesen Missbrauch verhindern können“, betont er. „Wichtig ist, dass wir die Risiken kennen und das Netz immer engmaschiger machen, dass eben solche Fälle nicht passieren“, sagt der Regierungschef. Dass die verdächtige Zahlung an Nüßlein aufflog, sei der Finanzaufsicht Liechtensteins zu verdanken, die der Staatsanwaltschaft in Deutschland den entscheidenden Tipp gegeben habe. „Für mich ist es ein Paradebeispiel, dass Liechtenstein sich gewandelt hat und auf diesem Gebiet auch seinen Beitrag leisten kann, um solche Fälle aufzudecken und ich hoffe, auch in Zukunft zu verhindern“, sagt Hasler.
Fragwürdige Geschäfte von Politikern kommen allerdings längst nicht immer ans Tageslicht. Das hängt auch damit zusammen, dass Abgeordnete nur bedingt Rechenschaft darüber ablegen müssen, an welchen Firmen sie selbst beteiligt sind. So bleiben mögliche Eigeninteressen oft im Verborgenen. Aktuell sind Abgeordnete des Bundestags nur verpflichtet, zu melden, wenn sie mindestens 25 Prozent an einem Unternehmen halten. „Abgeordnetenwatch“ fordert eine Absenkung der Grenze auf fünf Prozent.
Ein weiteres Hindernis, um mögliche Interessenskonflikte sichtbar zu machen, sind so genannte Beteiligungsgesellschaften, also Firmen die wiederum Aktienpakete oder Beteiligungen an anderen Firmen halten. Selbst wenn ein Politiker die Beteiligung an einer solchen Gesellschaft angibt oder selbst eine besitzt, lässt sich nicht so einfach sagen, welche anderen Unternehmen noch dahinter stecken. „Das bedeutet, dass ich in so einer Gesellschaft alles verstecken kann“, warnt Ebener. „Zum Beispiel kann ich Lobbyarbeit für die Autoindustrie machen – und keiner merkt, dass ich eigentlich Anteile von Unternehmen aus dem Bereich habe.“
Gegen Georg Nüßlein wird wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und möglicher Steuerhinterziehung ermittelt
Nach unseren Recherchen nutzen mindestens 13 Bundestagsabgeordnete solche Konstruktionen. Einer von ihnen ist Nüßlein. Er ist Gesellschafter der Beteiligungsgesellschaft Tectum Holding, die mit dem Kauf und Verkauf von Firmenanteilen Geld verdient. Sie stellte auch die Provision für das Masken-Geschäft in Rechnung. Weil darauf keine Umsatzsteuer ausgewiesen war, wird gegen den Politiker nicht nur wegen des Verdachts der Bestechlichkeit, sondern auch wegen möglicher Steuerhinterziehung ermittelt.
Nüßlein war schon zu Beginn seiner Bundestagskarriere sehr geschäftstüchtig, , die eine Dessous-Linie von TV-Star Verona Feldbusch (heute Pooth) verkaufte. Er betreibt ein kleines Wasserkraftwerk neben seinem Wohnhaus und hält außerdem zehn Prozent am Grundkapital des Ulmer Inkassounternehmens „on-collect solutions“, das offene Zahlungen für diverse Energieversorger und Stadtwerke auch in unserer Region, eintreibt. Diese Beteiligung muss er auf der Seite des Bundestags nicht veröffentlichen, weil sie unter die 25-Prozent-Grenze fällt.
Nebenverdienste von Nüßlein und Co.: "Abgeordnetenwatch fordert strikte Regeln"
Aus Sicht von „Abgeordnetenwatch“ sollte es strengere Regeln dafür geben, womit Politiker nebenher Geld verdienen. „Sehr viele Abgeordnete haben auch Nebeneinkünfte, teilweise hohe Neben-Einkünfte, die mit Interessenskonflikten verbunden sind. Das ist zwar teilweise schon transparent, aber deswegen nicht weniger problematisch“, findet Ebener. Er fordert die ehrlichen Abgeordneten auf, „strikte Regeln zu beschließen, um die schwarzen Schafe im Bundestag in den Hintergrund zu drängen“.
Lesen Sie dazu auch unsere umfangreiche Recherche zu einem über Jahrzehnte gewachsenen bayerischen Netzwerk aus Lobbyisten und Politikern:
- Reportage: Der Fall Nüßlein: Von alten Seilschaften, Lobbyisten und der Gier nach Geld
- Hintergrund: Die Masken-Affäre und der Fall Nüßlein: So haben wir recherchiert
- Kommentar: Masken-Affäre: Abgeordnete müssen offenlegen, womit sie Geld verdienen
Die Diskussion ist geschlossen.
Und wie bringe ich diesen Thread in direkte Verbindung zur Meinung des Chefredakteurs im Thread "In der Krise als Politiker Geld an Masken verdienen? Das geht nicht"
In der Ausgabe von Freitag den 19.03. hat ein Leserbriefschreiber angemerkt, dass doch bestimmt auch bei anderen Parteien Leute dabei sind, die sich bereichern - oder so ähnlich.
Das ist kein Freibrief dafür, dass nun mal die CSUler die mit Abstand am häufigsten "nebenbei" verdienen, obwohl sie prozentual eine der kleinsten Parteien sind - bundesweit. Am wenigsten sind es laut des Balkendiagramms - siehe weiter oben - die SPDler, obwohl die die meisten Parteimitglieder bundesweit haben. Und wenn da einer auffällig wird gibt er/sie konsequent alle Ämter ab.
Das ist bei der deutlich häufiger in Frage kommenden FDP und eben auch bei den "Christen" nicht der Fall; da wird immer nur das zugegeben was unumstößlich nachweisbar ist.
Volkswirtschaftliche Erkenntnis zur steigenden Inflation: Die Lieferanten müssen die Preise permanent erhöhen, weil der eingeschlossene Bakschisch für die politischen Lobbyisten-Vertreter exorbitant in den letzten Jahre zugenommen hat.
Die Krähen sind doch nur so empört, weil die drei “Idioten” sich so dumm erwischen lassen haben. Glaubt der Betrogene Wähler denn tatsächlich, dass diese zwei, drei Maskenlobbyisten die einzigen schwarzen Schafe sind? Das Feld für “Beratende” Nebeneinkünfte bei Politikern ist so weit, es reicht weiter als der Horizont. Warum steigen den die Ausgaben der einzelnen Ressorts für Berater jährlich? Kanonen-Uschi, Maut-Andi und sein Vorgänger, der Gesunde Jens, und viele mehr, lassen sich doch allzu gerne beraten. Und wenn man dann schlauerweise selbst noch Anteilseigner an diversen Consulting-Firmen ist, herrlich - ein grenzenloser, offener Markt.
Ich zitiere hierzu gerne einen Leserkommentar aus der Zeit:
“Mir scheint viele Unionler wollen nicht verstehen, was das Problem der Wähler mit ihren Nebengeschäften ist.
Kaum einer würde einem "Malermeister seinen Betrieb nebenher weiter zu betreuen" ankreiden, ...
Auch eine (!) Anwaltskanzlei oder sonst ein Unternehmen, das der Politiker vor seinem Amt geführt hat ist kein Problem, wenn der Fokus des Arbeitstags auf der poltischen Arbeit liegt gemäß Mandat und die Nebeneinkünfte offengelegt sind.
Unverständlich ist eben, wenn jemand zig Firmen nebenher führt, obwohl er eigentlich Politiker sein soll und ganz seltsam wirkt es, wenn die Firma während des politischen Amtes gegründet wird.
Dann bleiben eigentlich nur wenige Gründe dafür übrig, die alle negativ sind:
Entweder der Politiker ist durch seine politische Arbeit nicht ausgelastet, was kein gutes Licht auf ihn wirft, er ist gierig und bekommt den Hals trotz großzügiger Diät nicht voll, ist also charakterlich ungeeignet als Volksvertreter oder er nutzt aktiv seine politischen Connections für die persönliche Bereicherung, womit er für jedes Amt ungeeignet ist.
Niemand muss ein gewinnorientiertes Unternehmen während seines Jobs als Politiker gründen, wenn er danach darin arbeiten will.
Bei der Entlohnung eines Abgeordneten kann man problemlos genug zur Seite legen um nach seinem Mandat diese Firma ohne Konflikt zu gründen.”
Wie sagte schon Schottdorf? Nichts ist billiger als ein korrupter Politiker. Und da hat eine bayerische, konservative Partei etliche davon. Und das auch in Augsburg. Darauf kann man glatt wetten.
ach die armen unterbezahlten Abgeordneten.......