Und dann kann sie ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Seit vier Jahren lebt Reem mit ihrer Familie in Deutschland. Sie hat große Träume. Doch die Angst, zurück in den Libanon zu müssen, schwingt immer mit. Das alles hat sie in den letzten Minuten mit Angela Merkel besprochen. Die Kanzlerin ist nach Rostock gekommen, um zu hören, was die Schüler dort auf dem Herzen haben. Und nun sitzt da dieses Mädchen und weint hemmungslos.
Merkel tut das, was die meisten Menschen tun würden, wenn ein Kind verzweifelt ist. Sie tröstet, streichelt Reem über den Kopf. Doch selbst in diesem Moment bleibt sie Politikerin – und wird dafür heftig angefeindet.
„Och komm. Du hast das doch prima gemacht“, sagt sie zu Reem. In diesem Moment wirkt die mächtigste Frau der Welt ziemlich unbeholfen. Erst recht, als der Moderator ihr ins Wort fällt: „Ich glaube nicht, Frau Bundeskanzlerin, dass es ums Primamachen geht, sondern eine sehr belastende Situation ist.“
Wahrscheinlich würde Merkel dem Kind jetzt gerne versprechen, dass es für immer bleiben darf. Geht aber nicht. So sagt sie stattdessen: „Das weiß ich, dass das eine belastende Situation ist, und deshalb möchte ich sie trotzdem einmal streicheln.“ Und sie gibt zu: „Das ist manchmal auch hart – Politik.“
Die Szene verbreitet sich rasend schnell im Internet. Unter dem Stichwort #merkelstreichelt werfen die einen der Kanzlerin Herzlosigkeit vor, andere machen sich einfach nur lustig. Dass es auf einer Seite der Regierung zunächst heißt, das Mädchen habe „vor lauter Aufregung“ geweint, bringt viele erst recht in Rage. Die Passage wird später gelöscht. Doch zu diesem Zeitpunkt ist der Auftritt für Merkel längst zum PR-Desaster geworden.