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Migration: "Totales Chaos": Flüchtlinge müssen in Griechenland hungern

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"Totales Chaos": Flüchtlinge müssen in Griechenland hungern

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    Die Lage in den Flüchtlingslagern ist angespannt – und die griechische Regierung unter Druck wegen Problemen bei der Verteilung von Hilfsgeldern..
    Die Lage in den Flüchtlingslagern ist angespannt – und die griechische Regierung unter Druck wegen Problemen bei der Verteilung von Hilfsgeldern.. Foto: Panagiotis Balaskas, dpa

    Melina Spathari von der Hilfsorganisation Terre des Hommes spricht vom „totalen Chaos“: Neugeborene in den Flüchtlingslagern Griechenlands schreien vor Hunger, weil ihre Mütter keine Babymilch mehr kaufen können. Tausende Migranten haben nicht mal die nötigsten Lebensmittel, weil sie keine Hilfsgelder mehr erhalten. Eine „menschenunwürdige Situation“ sei das, klagte Spathari gegenüber der Online-Zeitung EU-Observer. es geht um Versagen in der Asylpolitik.

    Beim UN-Flüchtlingshilfwerk klappte die Verteilung der Hilfsgelder

    Bisher war das Flüchtlingshilfswerk UNHCR der Vereinten Nationen für die Verteilung der Hilfsgelder zuständig. Asylbewerber erhielten eine Bankkarte, mit der sie jeden Monat einen bestimmten Betrag am Geldautomaten abheben konnten. Einzelpersonen bekamen bis zu 150 Euro im Monat, eine vierköpfige Familie bis zu 420 Euro. Das 2017 eingeführte Bargeldprogramm wird von der EU finanziert. Zum Oktober haben die griechischen Behörden das Programm von

    EU-Innenkommissarin Ylva Johansson erinnerte die griechischen Behörden an ihre Verpflichtung zum Schutz und zur Versorgung der Geflüchteten. Man sei „besorgt wegen der Schwierigkeiten und administrativen Verzögerungen“, so Johannson. In griechischen Regierungskreisen heißt es, man sei bei der Übernahme des UNHCR-Programms auf „Schwierigkeiten“ gestoßen, etwa in der Zusammenarbeit mit den Banken. Die Probleme seien jedoch überwunden, Anfang des Jahres sollten die Zahlungen wieder aufgenommen werden. Doch die Gründe aber bleiben rätselhaft.

    Griechische Regierung unter Druck der EU-Kommission

    Eine Erklärung könnte sein, dass die Regierung versucht, Griechenland als Ziel für Migranten so unattraktiv wie möglich zu machen. Dazu gehört, dass die Arbeit von Hilfsorganisationen in den Lagern immer weiter eingeschränkt wird, bei der Wohnungs- und Arbeitssuche sind Flüchtlinge auf sich selbst gestellt. 30 Tage nach der Anerkennung endet jede Unterstützung. Kritiker bemängeln, dass es keine Bildungs- und Integrationsangebote gebe.

    Unterdessen reißt die Serie von Flüchtlingsdramen im Mittelmeer nicht ab. Über die Feiertage hat die griechische Küstenwache die Leichen von 30 Menschen geborgen, die bei Bootsuntergängen ertrunken sind. Die tatsächliche Zahl der Opfer dürfte sehr viel höher sein, da noch Dutzende vermisst werden. Ein dramatischer Einsatz ereignete sich vor der Ferieninsel Paros: Fischer und die Küstenwache suchten an Heiligabend nach Überlebenden einer gekenterten und dann gesunkenen Segeljacht. An Bord sollen 80 Migranten gewesen sein. 63 Menschen konnten lebend aus dem Meer gerettet werden. Unter den Ertrunkenen sind drei Frauen und ein Baby. Tags zuvor war bei Kreta eine Jacht auf Grund gelaufen. 90 Menschen konnten sich auf die Felseninsel Prasonisi retten. Zwei von ihnen wurden festgenommen. Es soll sich um Schleuser handeln.

    Freiwillige Helfer von Sea-Watch haben auch an Weihnachten wieder Dutzende Bootsmigranten im Mittelmeer gerettet.
    Freiwillige Helfer von Sea-Watch haben auch an Weihnachten wieder Dutzende Bootsmigranten im Mittelmeer gerettet. Foto: Max Brugger/Sea-Watch/dpa

    Der griechische Schifffahrtsminister Giannis Plakiotakis sprach von „kriminellen Schleuserbanden, die Dutzende erschöpfte Menschen ohne jede Sicherheitsvorkehrung, ohne Rettungswesten auf seeuntüchtigen Booten zusammenpferchen“. Es handele sich um „gewissenlose Mörder“, sagte Plakiotakis. Er richtete Vorwürfe an die Türkei, weil sie die Schleuser gewähren lasse. Nach seinen Angaben hat die Küstenwache heuer bei 1450 Einsätzen mehr als 29.000 Menschen gerettet. Während die Schleuserrouten früher von der türkischen Küste zu vorgelagerten griechischen Inseln wie Lesbos, Samos oder Kos führten, wollen die Menschenschmuggler die Migranten jetzt immer öfter auf größeren Schiffen durch griechische Gewässer hindurch direkt bis Italien bringen.

    Damit wollen die Schleuser die verstärkten Patrouillen der griechischen Küstenwache und die langen Wartezeiten in den Aufnahmelagern auf den Inseln umgehen. Die Schleusungen nach Italien seien „ein inzwischen täglich zu beachtendes Phänomen“, sagte Schifffahrtsminister Plakiotakis. Offiziere der griechischen Küstenwache schätzen, dass es in den vergangenen Monaten mehr als 10.000 Migranten gelungen ist, auf diesem Weg von der Türkei in die EU zu gelangen.

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