Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder fordert Neuwahlen auf Bundesebene. Der Grund sind die aktuelle Haushaltskrise und die Uneinigkeiten in der Ampelkoalition. Söder äußerte sein Bedenken, dass die derzeitige Regierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz in der Lage sei, die Probleme des Landes zu lösen. Auch einen Termin hat Söder vorgeschlagen – der 9. Juni 2024, wenn die Europawahl und Kommunalwahlen in neun Bundesländern stattfinden.
Doch unter welchen Bedingungen sind vorgezogene Neuwahlen in Deutschland überhaupt möglich? Was hat es mit der Vertrauensfrage auf sich? Und wie steht es um Umfragen und die Zustimmung von Bürgerinnen und Bürgern? Ein Überblick.
Unter welchen Bedingungen sind Neuwahlen in Deutschland möglich?
Bundestagswahlen finden in Deutschland regulär alle vier Jahre statt. Nur, wenn der Bundestag frühzeitig, also vor Ende der vierjährigen Wahlperiode aufgelöst wird, können die Wahlen verfrüht stattfinden.
Zuständig für eine Auflösung des Bundestags ist nach Artikel 68 des Grundgesetzes der Bundespräsident. Dieses Amt hat Frank-Walter Steinmeier inne. Ein Selbstauflösungsrecht gibt es nach deutschem Gesetz nicht. Das bedeutet: Der Bundestag kann sich nicht selber auflösen und kann dementsprechend auch keine Neuwahlen anordnen. Das Gleiche gilt für den Bundeskanzler: Auch dieser kann alleine keine Neuwahlen beschließen.
Wie funktioniert die Auflösung des Bundestags für vorgezogene Neuwahlen?
Der Bundespräsident kann die Neuwahlen allerdings nicht grundlos anordnen. Die Möglichkeit besteht nach Artikel 68 nur, wenn die Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag dem Kanzler kein Vertrauen mehr ausspricht. Dabei handelt es sich um die sogenannte Vertrauensfrage. Verweigern die Abgeordnete dem Bundeskanzler das Vertrauen, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Kanzlers den Bundestag innerhalb von 21 Tagen auflösen. Gebunden ist der Bundespräsident an den Vorschlag des Bundeskanzlers jedoch nicht.
In dieser Zeit hat der Bundestag die Möglichkeit, vom sogenannten konstruktiven Misstrauensvotum Gebrauch zu machen. Das bedeutet, dass der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder eigenständig einen neuen Kanzler wählen kann. So kommt es nicht zur Auflösung des Bundestags – aber zu einem anderen Regierungschef.
Welche Neuwahlen gab es in der Geschichte Deutschlands?
In der Geschichte der Bundesrepublik kam es bereits dreimal zu vorgezogenen Neuwahlen, nachdem die Vertrauensfrage gescheitert war:
- 1972 unter Willy Brandt (SPD)
- 1983 unter Helmut Kohl (CDU)
- 2005 unter Gerhard Schröder (SPD)
Wie stehen die Umfragewerte für Neuwahlen in Deutschland?
Wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für unsere Redaktion vom 21. November ergeben hat, sind viele Deutsche davon überzeugt, dass die aktuelle Regierung noch vor der Bundestagswahl im Herbst 2025 scheitern werde. 49 Prozent der Bürgerinnen und Bürgern glauben das. Nur 38 Prozent glauben, dass die Ampelkoalition die Wahlperiode regulär bis zum Ende durchhalte.
Laut dem ARD-Deutschlandtrend von Infratest Dimap Mitte November 2023 sprechen sich 41 der Deutschen für Neuwahlen aus. Nur 32 Prozent wollen dagegen, dass die Ampelregierung bis Herbst 2025 weiterregiert.