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Rom: Russische Schatten über Italiens Parlamentswahlen

Rom

Russische Schatten über Italiens Parlamentswahlen

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    Gilt als Mann Putins in Italien: Matteo Salvini, Vorsitzender der rechtspopulistischen Lega, die 2017 ein Partnerschaftsabkommen mit Putin geschlossen hat.
    Gilt als Mann Putins in Italien: Matteo Salvini, Vorsitzender der rechtspopulistischen Lega, die 2017 ein Partnerschaftsabkommen mit Putin geschlossen hat. Foto: Gloria Imbrogno, dpa

    Wahlkämpfe haben innen- oder außenpolitische Aspekte. Das ist normal – nicht normal ist, dass in Italien offenbar von außen versucht wird, Einfluss auf die Wählerinnen und Wähler zu nehmen, die aufgerufen sind am 25. September ihre Stimme abzugeben. Im Fokus steht Russland. Im August veröffentlichte der parlamentarische Ausschuss zur Kontrolle der Geheimdienste in Italien (Copasir) seinen Bericht. Die Zeitung Il Messaggero zitiert: „Die Verbreitung von Fake News, die der Russischen Federation zugeschrieben werden, entspricht einer Strategie, die bereits seit einiger Zeit angewandt wird und die sich in den letzten Monaten weiter gefestigt hat.“

    Dabei geht es um die Verbreitung falscher Nachrichten über die sozialen Netzwerke oder manipulierter Informationsseiten im Internet. Welchen Effekt sie auf die italienischen Wähler haben, ist nicht eindeutig. Der italienische Facebook-Chef Luca Colombo versprach, die Einflussnahme mithilfe von Fakten-Checkern und Künstlicher Intelligenz zu stoppen. Die derzeit neun Parlamentarier der italienischen Geheimdienstaufsicht weisen auch auf physische Personen in der öffentlichen Debatte in Italien hin, die angeblich Meinung für Moskau machen. Es handelt sich um „Personen, die in bestimmten Sendungen zu Gast sind ..., um Desinformationen zu verbreiten und versuchen, den Prozess der freien Meinungsbildung zu beeinflussen“. Der Corriere della Sera veröffentlichte Anfang Juni eine gut zehn Personen umfassenden Liste dieser mutmaßlich prorussischen Journalisten, Ökonomen, Politologen oder Historiker unter der Chiffre „das Netz“.

    Schon 2016 versuchte Moskau den Wahlkampf in den USA zu beeinflussen

    Dass Russland Einfluss auf Wahlen im Ausland zu nehmen versucht, ist seit der Wahlkampagne 2016 von Ex-US-Präsident Donald Trump bekannt. Die Neuwahlen in Italien werden nun offenbar als geeigneter Hebel gesehen, um die EU zu destabilisieren. Mitte August sagte es Dimitri Medwedew, stellvertretender Vorsitzender des Sicherheitsrates von Wladimir Putin und früherer Ministerpräsident, ganz offen: „Wir wünschen uns, dass die EU-Bürger ihre Unzufriedenheit mit dem Handeln ihrer Regierungen nicht nur stillschweigend zum Ausdruck bringen, sondern diese auch für ihre eklatante Dummheit bestrafen.“ Die Aussichten, das Italien bald von einer Rechts-Regierung geführt werden dürfte, passt in die Pläne Moskaus. Umfragen zufolge werde die Postfaschisten um Fratelli d’Italia, die rechtsnationale Lega sowie Silvio Berlusconis Forza Italia eine ausreichende Mehrheit zu erlangen.

    Laut Außenminister Luigi Di Maio sind die „Versuche russischer Einflussnahme evident“. Sie sind vor allem nicht neu. Zu denken ist etwa an die als Hilfsaktion getarnte Mission des russischen Militärs in Bergamo zu Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020. Insbesondere in den Regierungen unter Premier Giuseppe Conte dürfte Moskau in Italien leichtes Spiel gehabt haben. Die Festnahme des italienischen Fregattenkapitäns Walter Biot im März 2021, der Geheimdokumente an russische Agenten geliefert hatte, markierte einen Wendepunkt. Damals war bereits die Regierung von Mario Draghi im Amt, der neue Geheimdienstbeauftragte Franco Gabrielli tauschte das gesamte unter Conte mit den Geheimdiensten befasste Personal aus.

    Glaubt man den Umfragen in Italien, dann könnte Giorgia Meloni, Parteichefin der rechten Partei «Fratelli d·Italia» (Brüder in Italien), nächste Regierungschefin werden.
    Glaubt man den Umfragen in Italien, dann könnte Giorgia Meloni, Parteichefin der rechten Partei «Fratelli d·Italia» (Brüder in Italien), nächste Regierungschefin werden. Foto: Domenico Stinellis, AP, dpa

    Im Mai dieses Jahres verwies Italien 20 russische Diplomaten des Landes, offiziell als Reaktion auf die russischen Gräueltaten in Butscha bei Kiew. Nach Angaben des italienischen Inlandsgeheimdienstes Aisi handelt es sich bei einem Drittel der insgesamt 240 russischen Diplomaten in Italien um Spione. Nach Recherchen der Zeitung La Repubblica wurde sogar die im Mai in Marina di Carrara von der Finanzpolizei konfiszierte Super-Jacht und immer wieder mit Wladimir Putin in Verbindung gebrachte Scheherazade als Stützpunkt benutzt. Eine Personenkontrolle an Bord soll ergeben haben, dass die Mannschaft in Diensten des russischen Militärnachrichtendienst GRU steht.

    Im Hinblick auf eine mögliche Rechts-Regierung in Rom könnte Moskau eventuell auf gute Bekannte zählen. Ex-Premier Silvio Berlusconi ist ein alter Freund Putins, die beiden machten Urlaub zusammen. Nach dem Angriff auf die Ukraine zeigte er sich „enttäuscht“, um später zu berichten, bei einem Besuch in der russischen Botschaft die „Wahrheit über den Krieg“ erfahren zu haben.

    Wird die Lega auch aus Russland finanziert?

    Noch dunklere Schatten liegen über Lega-Chef Matteo Salvini. 2017 schloss seine Partei ein Partnerschaftsabkommen mit Putins Partei Einiges Russland. Seither fragt man sich in Italien, ob und auf welche Art die Lega von Russland finanziert wird. Berlusconis Forza Italia und die Lega entzogen im Juli mit der Fünf-Sterne-Bewegung Giuseppe Contes der Regierung Mario Draghis das Vertrauen. Der Wahlkampf wird auch von diesen Aspekten geprägt. Der Chef der Sozialdemokraten, Enrico Letta, trieb den Verdacht auf die Spitze: „Wir wollen wissen“, sagte er, „ob es Putin war, der die Regierung Draghi zu Fall gebracht hat.“

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