Wenn es inhaltlich schwer zu werden droht, muss wenigstens die Beleuchtung stimmen. Der am Freitag beginnende SPD-Parteitag auf dem Berliner Messegelände wird von 136 LED-Scheinwerfern ausgeleuchtet, um „die notwendige Atmosphäre“ zu schaffen, wie die Parteitagsregie hofft. Zum Auftakt werden die Strahler vor allem auf den Vorsitzenden Lars Klingbeil gerichtet sein. Viele Beobachter schließen derzeit nicht aus, dass es ihn so erwischt, wie das Licht der LED-Lampen strahlt: kalt. Der Finanzminister und Vizekanzler muss nicht um seine Wiederwahl als SPD-Chef bangen. Eine Abstrafung in Form eines schlechten Stimmenergebnisses allerdings gilt als wahrscheinlich. Hier fünf der Themen, die besonders im Rampenlicht stehen:
Die Stromsteuer
Klingbeil ist als Finanzminister noch keine 100 Tage im Amt und hat schon den ersten Koalitionsvertragsbruch hinter sich. Die geplante Senkung der Stromsteuer soll zunächst nur für die Industrie kommen, Millionen private Haushalte bleiben außen vor. Das Geld im Haushalt reiche dafür nicht, sagt der SPD-Politiker. Im Koalitionsvertrag steht allerdings, dass die Stromsteuer von derzeit 2,05 auf das europäische Mindestmaß von 0,05 Cent pro Kilowattstunde für alle gesenkt wird. Für eine vierköpfige Familie macht das 80 bis 90 Euro pro Jahr aus. Das ist einerseits Geld. Andererseits aber auch keine Summe, mit der sich große Sprünge machen lassen. Die Regierung will außerdem ab 2026 über die Netzentgelte entlasten, das könnte mehr bringen, nämlich 3 bis 5 Cent pro Kilowattstunde. Aber für einige in der Union, den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) zum Beispiel, gilt: erst versprochen, dann gebrochen. Klingbeil wird auf dem Parteitag mit dieser Kritik umgehen müssen. Er wird zudem gefragt werden, warum denn das Stillhalteabkommen zwischen Union und SPD nicht funktioniert: Eigentlich wollten beide Seiten Konflikte unter sich ausmachen.
Der Mindestlohn
Der SPD-Parteitag beginnt um 14 Uhr, etwa eine Stunde vorher wird die Mindestlohnkommission die ab 2026 geltende Höhe der Lohnuntergrenze bekanntgeben. Alles unter 15 Euro ist für die SPD inakzeptabel, Medienberichten zufolge könnte diese Summe nicht erreicht werden. Sobald die LEDs ihre volle Leuchtkraft erreicht haben, wird die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi eingangs des Parteitages ein Grußwort zu den Delegierten sprechen. Sollte der Mindestlohn auf beispielsweise 14,98 Euro hinauslaufen oder die Kommission ein nicht geeintes Ergebnis vorlegen, wird nicht nur Fahimi Klingbeil ins Visier nehmen. Für die SPD gehört der Mindestlohn zur DNA, einige Anträge auf dem Parteitag befassen sich mit diesem Thema.
Die Wehrpflicht
Ginge es nach der SPD-Ikone Boris Pistorius, hätte Deutschland schon längst wieder eine aktive Wehrpflicht. Der Verteidigungsminister sprach bereits früh von „Kriegstüchtigkeit“ und sieht die Notwendigkeit, dass junge Leute Dienst an der Waffe tun. Doch vielen Sozialdemokraten stoßen allein schon die hohen Rüstungsausgaben sauer auf. Andererseits gibt es einen Antrag, der da fordert: „Die SPD setzt sich für eine allgemeine Wehrpflicht für alle Geschlechter mit der Möglichkeit zum Ersatzdienst ein. Die notwendigen Grundgesetzänderungen streben wir an“. Das wäre die Rückkehr zu den Zeiten des Kalten Krieges. Eine spannende Debatte steht an.
Das AfD-Verbot
Am Sonntag will die SPD zum Abschluss ihres Parteitages über einen Initiativantrag des Vorstands beraten, der auf die Vorbereitung eines AfD-Verbots abzielt. In der Ablehnung der rechten Partei sind sich die Sozialdemokraten grundsätzlich einig. Die Frage für einige ist allerdings, ob genügend Belege gesammelt werden können, die tatsächlich ein Verbot nach sich ziehen. Sollte das Bundesverfassungsgericht mangels Beweisen ein solches ablehnen, so käme das, fürchten viele, einer massiven Aufwertung der AfD gleich.
Der Lars Klingbeil
Ist er fair mit seiner Co-Chefin Saskia Esken umgegangen? Hat er richtig entschieden, dass Ex-Arbeitsminister Hubertus Heil keine herausgehobene Funktion in Partei und Fraktion mehr hat? Einen Generationenwechsel wollte Klingbeil einleiten, aber machen neue Gesichter allein diesen schon aus? Der Parteivorsitzende hat ein schlechtes 16,4-Prozent-Ergebnis bei der Bundestagswahl mitzuverantworten und es bislang nicht geschafft, dass die SPD zumindest in Umfragen zulegt. Klingbeil ist nicht heftig umstritten, es gibt keinen Gegenkandidaten bei der Wahl zum Partei-Co-Chef. Eine latente Unzufriedenheit jedoch ist vorhanden. Die 85,6 Prozent Zustimmung des letzten Parteitages wird er voraussichtlich nicht erreichen.
Klingbeil ist als Finanzminister überfordert und bedient nur noch die Interessen der Merz-CDU. Deshalb sollte ihn der SPD-Partei- tag abwählen und durch Pistoius ersetzen.
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