Donald Trump wollte dem Iran und der Welt die Macht der USA demonstrieren: Der Präsident ordnete in der Nacht zum Sonntag den heftigsten US-Luftangriff im Nahen Osten seit der Invasion im Irak vor mehr als 20 Jahren an. Amerikanische Flugzeuge und U-Boote griffen drei iranische Atomanlagen mit mehr als einem Dutzend riesiger Bomben und über 30 Marschflugkörpern an. Der US-Präsident verkündete einen „spektakulären militärischen Erfolg“ – doch die USA erreichten wohl weniger, als sie erwartet hatten.
Trump ordnet massive Angriffe auf Iran an – Teheran droht mit Vergeltung
Ziel des Einsatzes war laut Trump „die Zerstörung der iranischen Kapazität für die Urananreicherung“. Der Iran müsse jetzt Frieden schließen, sonst werde Amerika noch massiver angreifen. Schon wenige Stunden nach Trumps Erklärung wurde deutlich, dass die Ergebnisse des Einsatzes hinter seinen Erwartungen zurückblieben. Teheran drohte mit Vergeltung, verstärkte den Raketenbeschuss auf Israel und kündigte eine Fortsetzung des Atomprogramms an. Die Staaten der Region sind in Alarmbereitschaft, weil sie eine Ausbreitung des Konflikts befürchten.
Israel hatte am 13. Juni mit Angriffen auf den Iran begonnen und dies damit begründet, dass der Iran kurz vor Fertigstellung einer Atombombe gestanden habe; Teheran weist dies zurück. Trump lehnte israelische Forderungen nach einer Beteiligung am Krieg zunächst ab und kündigte Verhandlungen mit dem Iran an, entschloss sich dann aber zu dem Einsatzbefehl. Irans Außenminister Abbas Araghci warf Trump vor, „die Diplomatie verraten“ und eine wichtige Rote Linie überschritten zu haben. Das werde nicht unbeantwortet bleiben, sagte Aragchi bei einem Besuch in Istanbul.


Die US-Bomber und U-Boote beschossen iranische Atomanlagen in Fordow, Natanz und Isfahan. Die Anlage zur Urananreicherung in Natanz war bereits durch die israelischen Luftangriffe der vergangenen Tage schwer beschädigt worden. Die Amerikaner konzentrierten sich deshalb auf die tief in einem Berg vergrabene Anlage in Fordow im Nordwesten Irans, auf die nach einem Bericht der New York Times zwölf bunkerbrechende Bomben mit einem Gewicht von jeweils 14 Tonnen abgeworfen wurden.
Das Ausmaß der Schäden war am Sonntag nicht bekannt. An den angegriffenen Anlagen sei keine erhöhte Strahlung festgestellt worden, erklärte die internationale Atomenergiebehörde IAEA. Die Nachrichtenagentur Reuters meldete, Satellitenbilder zeigten Schäden an den Eingängen zur Anlage von Fordow. Die iranische Atombehörde teilte jedoch mit, das Atomprogramm der Islamischen Republik könne nicht aufgehalten werden.
US-Luftangriffe auf iranische Atomanlagen: Wie viel haben sie wirklich gebracht?
Iranische Regierungsvertreter sagten Reuters, ein Großteil des hoch angereicherten Urans sei in Erwartung des Angriffs aus Fordow weggeschafft worden. Satellitenbilder der vergangenen Tage zeigten nach Medienberichten viele Lastwagen in der Nähe von Fordow. Auch in Natanz und Isfahan war wichtiges Material nach iranischen Angaben in andere Einrichtungen gebracht worden. Sollte das zutreffen, wäre eine internationale Kontrolle über das iranische Atomprogramm künftig noch schwieriger als bisher. Das iranische Parlament will zudem über einen Austritt des Landes aus dem Atomwaffensperrvertrag beraten. Ein Parlamentsberater in Teheran betonte, das vom Iran erworbene Wissen für das Atomprogramm bleibe trotz aller Angriffe erhalten.
Trump will das US-Engagement im Krieg gegen den Iran offenbar nicht ausweiten. Seine Regierung signalisierte der iranischen Führung, dass die Angriffe auf die Atomanlagen beschränkt bleiben und kein Versuch zum Sturz des Regimes sein sollten, wie das Nahost-Nachrichtenportal Amwaj und der US-Sender CBS berichteten.
Allerdings muss die iranische Regierung nach dem US-Angriff reagieren. Das Regime und besonders die iranische Revolutionsgarde seien gedemütigt worden, schrieb der Nahost-Experte Andreas Krieg vom Londoner King’s College auf der Plattform X. Zudem müsse der Iran beweisen, dass er ein Mindestmaß an Abschreckungskapazitäten besitze. Die beste Möglichkeit wäre es aus Kriegs Sicht, wenn sich der Iran auf eine „symbolische Vergeltung“ beschränke.
Wie eine iranische Antwort aussehen könnte, war am Sonntag zunächst offen. Araghci sagte, sein Land habe eine Reihe von Optionen. Er wollte aber nicht sagen, ob Teheran eine Sperrung der weltwirtschaftlich wichtigen Tanker-Route in der Straße von Hormus im Persischen Golf in Erwägung zieht. Die Revolutionsrade kündigte Vergeltungsaktionen an, die von USA und Israel nicht erwartet würden.
US-Luftangriffe auf iranische Atomanlagen: Trump und Teheran vor neuem Konflikt
Möglich sind auch iranische Angriffe auf US-Stützpunkte im Irak oder in anderen arabischen Ländern oder neuer Raketenbeschuss der mit Iran verbündeten Huthi-Rebellen im Jemen auf westliche Schiffe im Roten Meer. In der Region wächst die Angst vor einem großen Krieg. Saudi-Arabien versetzte seine Sicherheitskräfte in Alarmbereitschaft, Bahrain schickte Regierungsangestellte nach Hause, und Kuwait richtete Schutzräume in wichtigen Ministerien ein.
Politisch versucht der Iran, als Opfer der israelisch-amerikanischen Angriffe neue Verbündete zu suchen. Araghci traf sich in Istanbul mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, der den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu als „das größte Hindernis für den Frieden in der Region“ bezeichnete. Der iranische Außenminister will nach eigenen Worten außerdem an diesem Montag mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin sprechen, dessen Regierung den US-Angriff als „unverantwortlich“ kritisierte.
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