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Strukturschwache Regionen: So sollen gleichwertige Lebensverhältnisse entstehen

Strukturschwache Regionen

So sollen gleichwertige Lebensverhältnisse entstehen

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    Mit einem umfangreichen Maßnahmenkatalog will die Bundesregierung gleichwertige Lebensverhältnisse von West bis Ost und Nord nach Süd schaffen.
    Mit einem umfangreichen Maßnahmenkatalog will die Bundesregierung gleichwertige Lebensverhältnisse von West bis Ost und Nord nach Süd schaffen. Foto: Nicolas Armer, dpa (Symbolbild)

    Bei der Frage, ob in Deutschland alle Menschen gleich sind, scheiden sich die Theorien. Zumindest nach Ansicht der Bundesregierung gibt es noch eklatante Unterschiede, die vor allem Einkommen, Mobilfunk, Mobilität und kulturelle Infrastruktur betreffen. Um die Regionen einander also anzugleichen, hat der Bund jetzt ein Konzept für "Gleichwertige Lebensverhältnisse" vorgestellt. Darin verankern sich folgende Ziele:

    • Förderungen ausweiten

    Sobald der Solidarpakt II ausläuft, will die Regierung Maßnahmen in einem gesamtdeutschen Fördersystem bündeln, um strukturschwache Regionen voranzubringen. Grundidee, so heißt es in dem Plan, sei die bislang regional beschränkten Förderungen auf alle strukturschwachen Regionen in Ost und West, in Stadt und Land auszuweiten. "Wir werden nicht abgerufene Fördermittel aus Programmen des Fördersystems überjährig bündeln und für Regionalprojekte in strukturschwachen Regionen einsetzen", schreibt die zuständige Kommission.

    • Arbeitsmarkt ankurbeln

    Der Bund will außerdem den Arbeitsmarkt ankurbeln, indem er vor allem neue Stellen in strukturschwache Regionen - und zwar "vorrangig in Klein- und Mittelstädte" - bringt. Auch Unternehmen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Verbände sollen dabei unterstützt werden, sich im ländlichen Raum anzusiedeln.

    • Mobilfunklöcher stopfen

    Das Saarland, Baden-Württemberg, aber auch Nordhessen und Brandenburg klagen besonders über schlimme Mobilfunklöcher in ihren Regionen: Auch das soll sich mit dem neuen Konzept ändern. Die Regierung plant ein flächendeckendes und leistungsstarkes Mobilfunknetz zu entwickeln, "damit alle Menschen, Regionen und Unternehmen in unserem Land in gleicher Weise von der Digitalisierung profitieren". Bisher versorgen die drei großen Anbieter Telekom, Vodafone und die O2-Mutter Telefonica vor allem Ballungszentren mit guten Verbindungen. Auf dem Land ist das Geschäft für sie weniger lukrativ.

    • Mobilität und Infrastruktur verbessern

    Weitere Punkte auf der Agenda der Kommission sind Mobilität und Verkehrsinfrastruktur. Gerade im ländlichen Raum sei das Angebot aber zu wenig an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet, schreibt die Regierung in ihrem Pamphlet. Um ein besseres Angebot zu schaffen, hat der Bund zumindest seine Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr erhöht. Dabei soll der Linienverkehr ergänzt und gestärkt werden. Weil aber jede Region "anders" sei, sollen die Entwicklungsplanungen von Bund und Ländern künftig deutlich stärker regionale Mobilitätskonzepte berücksichtigen.

    • Ländlichen Raum stärken

    Dörfer -  der ländliche Raum insgesamt - sollen attraktiver werden. Damit will die Bundesregierung auch gegen die steigende Abwanderung, insbesondere vom Osten in den Westen, vorgehen. Zwar sind die Zahlen in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. Trotzdem schrumpft die Bevölkerung vor allem noch in Ostdeutschland. So will der Bund etwa lebendige Ortskerne kreieren und Gebäudeleerstände beheben, um strukturschwache Gebiete außerhalb des "Speckgürtels", wie es im Bericht der Kommission heißt, zu verschönern.

    • Schuldenlast verringern

    Ein weiteres Thema: die Schuldenlast, insbesondere von Kommunen. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass es inzwischen kein West-Ost-Gefälle mehr gibt, sondern vor allem eine Diskrepanz zwischen Süd und Nord. Während in Bayern und Baden-Württemberg zum Beispiel die Kreditbelastung pro Kopf eher gering ist, zeigt sie sich in Rheinland-Pfalz und im Saarland vergleichsweise hoch. Dem will die Kommission gezielt entgegenwirken. Um also "gleichwertige Lebensverhältnisse" zu schaffen, plant der Bund, den betroffenen Kommunen einmalig zu helfen. Wie und ob eine solche nationale Lösung möglich ist, muss noch geprüft werden - zumal Kommunen im Allgemeinen Ländersache sind.

    • Ehrenamt unterstützen

    Weil es in strukturschwachen und ländlichen Regionen häufig schwieriger ist, ein Ehrenamt aufzubauen und auch zu erhalten, will die Bundesregierung eine „Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt“ gründen. Die Stiftung soll ehrenamtlich Tätige durch Serviceangebote bei der Organisation und Digitalisierung unterstützen.

    • Kinderbetreuung ausbauen

    Untersützen will der Bund auch die Kindertagesbetreuung, die weiter gesichert und ausgebaut werden soll. Inwiefern, dazu hat sich der Bund in seinem Schreiben nicht näher geäußert.

    • Barrierefreiheit fördern

    Ergänzende Maßnahmen beabsichtigt die Kommission auch mit Blick auf Barrierefreiheit. Hierzu gehören etwa der Aufbau eines Unterstützungssystems für Länder und Kommunen sowie ein Bundesprogramm für mehr Barrierefreiheit. Konkreter wurde die Regierung allerdings auch hier nicht.

    • Miteinander der Bürger stärken

    Nächster Punkt: soziale Infrastruktur. Damit soll das Miteinander der Bürger in den Kommunen - das "umeinander kümmern", wie es die Kommission beschreibt - stärker in den Fokus der Menschen geraten.

    • Gesetz-Check einführen

    Weil das Fördern von gleichwertigen Lebensverhältnisse alle staatlichen Akteure betrifft, will der Bund eine Art "Gleichwertigkeits-Check" einführen, der bei allen Gesetzesvorhaben bedacht werden soll.

    Im Juli 2018 wurde die verantwortliche Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse" eingesetzt - unter dem Vorsitz von Heimatminister Horst Seehofer, Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Familienministerin Franziska Giffey. Zurück geht die Initiative auf den Koalitionsvertrag von CDU und SPD. (AZ)

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