Schnell hinein in die Bahn. Denn der Andrang ist groß. Links, gleich wieder links und sich dann auf eine der hölzernen Bänke setzen, rät Tourguide Fred, ein waschechter Hongkonger. Hongkonger! Kein Chinese, wie er betont. Diese Unterscheidung ist in der Millionenmetropole, die einst britische Kolonie war, wichtig. Wenn man sich an seine Anweisung hält, sei die Aussicht am schönsten, sagt Fred. Dann setzt sich die Seilbahn in Bewegung, die Peak Tram, die zu den steilsten Standseilbahnen der Welt gehört und ihre Fahrgäste auf Hongkongs Hausberg bringt, den Victoria Peak. Ungefähr acht Minuten lang geht es über knapp 1,4 Kilometer 400 Meter in die Höhe, vorbei an üppiger Vegetation, bis sich an der Spitze des Victoria Peaks Hongkongs volle Schönheit zeigt, die an die kanadische Stadt Vancouver erinnert: der Kontrast zwischen Natur und Urbanität. Oben geben die grün bewachsenen Hügel den Blick frei auf das südchinesische Meer und den Victoria Harbour mit seiner berühmten Skyline aus unzähligen modernen Wolkenkratzern.

Der Peak und die Peak Tram zählen zu den Hauptattraktionen Hongkongs, erzählt Fred. Die Standseilbahn verkehrt zwischen dem Peak Tram Lower Terminus in Central und dem Peak Tower Upper Terminus auf dem Peak. Die Tram wurde 1888 zur ausschließlichen Nutzung durch den britischen Gouverneur und die Bewohner des Peak eröffnet. Heute ist die Standseilbahn zwar allen zugänglich, doch leben können auf „The Peak“ nur einige wenige reiche Bewohner. Die Grundstückspreise dort sind extrem - je höher gelegen, desto teurer - und das Gebiet, das bebaut werden darf, begrenzt, erklärt Fred.
Ein großer Teil der Fläche Hongkongs ist Naturschutzgebiet
Wer mag, kann mit der Tram natürlich wieder bequem nach unten ins Großstadtgetümmel fahren - oder direkt vom Peak aus los wandern. Ein Rundweg ermöglicht immer wieder einen herrlichen Blick auf die Stadt. Außerdem ist der Peak ist auch zu Fuß erreichbar. Rund zwei Stunden dauert der Weg hinauf beziehungsweise hinunter. Und auch sonst hat Hongkong für Wanderer erstaunlicherweise einiges zu bieten. 40 bis 50 Prozent der Fläche Hongkongs seien grün, ein Großteil davon Landschaftsparks und Naturschutzgebiete, weiß Gabi Baumgartner und fügt hinzu: „Hier gibt es sehr gute Wanderungen - und das sage ich als Schweizerin.“ Baumgartner lebt seit 1996 mit ihrem Partner in Hongkong und ist spezialisiert auf Wanderungen und Stadttouren durch die Metropole. Zur Wanderkultur in Hongkong haben maßgeblich die Briten beigetragen. Die einstigen Kolonialherren (1843 bis 1997) bepflanzten die Hügel, nachdem sie abgeholzt worden waren, und förderten die Entwicklung von Wanderwegen.

Durch Hongkongs Gebiet - insgesamt immerhin eine Fläche von 1115 Quadratkilometern - führten mehr als 1000 Kilometer an Wanderrouten, so Baumgartner. Darunter sind vier Fernwanderwege: der Hongkong Trail (50 Kilometer), der Lantau Trail (70 Kilometer) sowie der Wilson Trail (75 Kilometer) und der MacLehose Trail (100 Kilometer), beide nach ehemaligen Gouverneuren benannt. Wer ihnen oder Abschnitten davon folgt, kann einsame Buchten entdecken und eine unglaubliche Vielfalt an Tieren beobachten, verspricht die Wanderexpertin: zum Beispiel Vögel, Reptilien, Wasserbüffel, Schlangen und Affen. Die Schnecken, Heuschrecken und Schmetterlinge in Hongkong seien viel größer als die in Deutschland, sagt die Schweizerin. Der Schwierigkeitsgrad der Pfade sei unterschiedlich und reiche von „einfach und kurz bis schwierig“. Im Sommer könne man wunderbare Flusswanderungen unternehmen entlang an Bächen, Wasserfällen und Pools. Und das beste daran: „Wenn man hier draußen ist, ist man total raus. Man kann in Hongkong wohin gehen, wo man niemanden sieht und nichts hört“, schwärmt die 57-Jährige.

Nicht mehr ganz so verlassen und einsam erweist sich die zwei- bis dreistündige Wanderung zum Tian Tan Buddha, auch der „Große Buddha“ genannt, in den Bergen von Lantau Island, der größten Insel auf Hongkonger Territorium. Es ist schwül-warm, wer hier nicht schwitzt. Subtropisches Klima eben. „Es ist hier schon grüner und feuchter als in den Alpen“, sagt die Schweizerin und lacht. Dann erzählt sie mehr von der Statue: Der 34 Meter hohe, bronzene Buddha wurde 1993 auf einem Hügel neben dem Po Lin Kloster errichtet, das einst als Rückzugsort chinesischer Mönche diente. Heute tummeln sich dort zahlreiche Touristen, manche beten, viele knipsen Fotos und essen im Restaurant. Sportliche Gipfelstürmer können von hier aus den zweieinhalbstündigen, steilen Auf- und Abstieg über den Lantau Peak wagen, der auf 934 Metern liegt und damit Hongkongs zweithöchster Gipfel ist nach dem Tai Mo Shan auf 957 Metern. Für uns geht es zurück ins urbane Hongkong.

Hongkong ist bekannt für Streetart und Streetfood
Denn auch dort gibt es zu Fuß einiges zu entdecken, was man bislang nicht sofort mit Hongkong in Verbindung brachte: Streetart. Davon gibt es besonders viel im Distrikt Old Town Central zu sehen. Seit 2014 findet in Hongkong jährlich das Streetart-Festival „HK Walls“ statt mit namhaften Künstlern der Szene, wie Alexandra Unrein erzählt. Die Berlinerin lebt seit 2017 in Hongkong. Streetart ist ihre Passion - seit 2018 zeigt sie die vielen Gemälde an Hauswänden Touristen. Obwohl Unrein als Kennerin gilt, erspäht auch sie auf ihren Touren immer wieder neue Objekte, so dynamisch ist die Szene. Alexandra Unrein zeigt uns den Kau U Fong Kinderspielplatz, wo ein riesiges Gemälde des französischen Künstlers Seth eine Wand ziert. Das Bild zeigt einen Jungen auf einer Schaukel, der ein Mädchen beobachtet, das wiederum von einer Schaukel in den Himmel schwebt - eine Hommage an die Sehnsüchte der Jugend, erklärt die Expertin.

Mehrfach begegnen wir in Old Town Central gebastelten Vogelnestern, auch sie sind Streetart. Und Kunstwerken aus Fliesen, Mosaikbilder des Franzosen Invader. Dann folgen wieder großflächige Murals. An der Kreuzung Po Wa Street und Chung Wo Lane verschmelzen ein Fuchs und ein Vogel in einer Tuschezeichnung der chinesischen Künstlerin Satr. Und auch eine Deutsche hat sich in Hongkong verewigt: An der Kreuzung Tank Lane und Rozario Street befindet sich das Werk „If I were a hero in a story, I would choose hope and love as my companions“ der Künstlerin Hera. Abgebildet sind ein Mädchen, das ein Buch liest, weitere Bücher und eine überdimensionale Friedenstaube. Hera sei eine der ersten Frauen in der Streetart-Szene gewesen und liebe Bücher, sagt Unrein. Das Bild malte sie an die Fassade einer Schule.

Von der Streetart zu Streetfood. Hongkongs urbanes Flair macht natürlich auch die Küche aus - von Sternerestaurants bis Streetfood, zwischen Moderne und Tradition, mit chinesischen und britischen Elementen. Während Haifischflossen und Schildkörten inzwischen verpönt sind, sind Hühnerfüße und Fischblasen durchaus noch an der Tagesordnung und finden sich sowohl am Straßenstand um die Ecke zum Knabbern als auch im schicken Restaurant in der Suppe. Wie schon beim Wandern macht sich auch in der Kulinarik der koloniale Einfluss bemerkbar, zum Beispiel beim Hong Kong Milk Tea, schwarzer Tee mit Kondensmilch, oder dem Minced Beef Egg Sandwich, also einem Sandwisch mit Rinderhackfleisch und Rührei. So gestärkt, kann es dann wieder auf zur nächsten Wanderung gehen.

Die Autorin recherchierte auf Einladung des Hong Kong Tourism Board und der Fluggesellschaft Cathay Pacific.
Kurz informiert
- Die Stadt: Hongkong ist eine Sonderverwaltungszone im Süden Chinas mit mehr als sieben Millionen Einwohnern. Das Gebiet Hongkongs erstreckt sich über eine unregelmäßig geformte Halbinsel sowie 263 Inseln. Gezahlt wird dort mit dem Hongkong-Dollar.
- Einreise: Ein gültiger Reisepass reicht. Für einen Aufenthalt bis zu 90 Tage brauchen deutsche Staatsangehörige kein Visum.
- Anreise: Nach Hongkong gelangt man unter anderem mit der chinesischen Airline Cathay Pacific. Sie startete Mitte Juni 2025 den ersten Direktflug von Hongkong nach München mit vier Hin- und Rückflügen pro Woche. Von Frankfurt aus fliegt die Airline schon lange täglich in die südchinesische Metropole. Cathay Pacific wurde 2024 als beste Airline in der Kategorie Economy Class ausgezeichnet. In bestimmten Flugzeugen bietet die Airline seit Kurzem eine völlig neue Business Class: die Aria-Suite, die besonders viel Privatsphäre bietet und einen Design-Preis bekommen hat. Die mit dem Michelin-Stern prämierten Hongkonger Restaurants Duddell‘s und Louise sind Partner von Cathay Pacific in der First und Business Class, aber auch in der Economy Class kooperiert die Fluggesellschaft mit einem Sterne-Restaurant. Mehr Informationen gibt es unter www.cathaypacific.com.
- Aktivitäten: Eine Streetart-Tour in deutscher Sprache bietet Alexandra Unrein an (info@wanderlustwalkshongkong.com), Streetfood kann man mit „i like fish balls“ entdecken, auf eine Wanderung begibt man sich am besten mit der gebürtigen Schweizerin Gabi Baumgartner (walks@walkhongkong.com).
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden