
Rentner aus dem Kreis Augsburg verliert mit Geldanlagen 22.000 Euro

Plus Das angepriesene Investitionsmodell entpuppt sich für einen 78-Jährigen als Verlustgeschäft. Seinem Finanzberater kann er aber keine falsche Beratung nachweisen. Diese Expertentipps sollten Kleinanleger beachten.

Um für das Alter vorzusorgen, legen viele Menschen Geld zurück. Doch weil klassische Sparmodelle wie Lebensversicherungen derzeit kaum Rendite abwerfen, sind andere Formen gefragt. Viele Anlageformen bergen allerdings finanzielle Risiken. Ein Rentner aus dem südlichen Landkreis kann davon ein Liedchen singen: Er hat bei einem Fonds mit Lebensversicherungspapieren eine Menge Geld verloren, fühlt sich von seinem Bankberater verschaukelt und möchte nun andere davor warnen, ähnliche Fehler zu machen.
Seinen Namen möchte der 78-Jährige aus dem Landkreis Augsburg nicht nennen, doch er nennt Zahlen. Etwas mehr als 30.000 Euro hat ein verstorbener Verwandter ihm und seiner Frau im Jahr 2008 hinterlassen. Kurz nachdem das Geld auf dem Konto eingegangen ist, meldet sich die Hausbank des Rentners mit Hauptsitz in München und fragt nach, was er denn mit dem Geld vorhat. Schnell ist ein Termin mit einem Anlageberater vereinbart, der den Handwerker im Ruhestand zu Hause besucht: „Ich kannte den Mann, wir hatten schon mehrmals miteinander zu tun.“
Der Rentner war schlecht beraten
Der Berater empfiehlt ein Fondsmodell auf Basis von amerikanischen Lebensversicherungen. Das funktioniert wie folgt: Ein Versicherungsnehmer in den USA braucht Geld, also verkauft er seine Papiere und bekommt dafür Bares. Stirbt er vor Ablauf der Versicherungszeit, geht das Geld aus der Lebensversicherung nicht an die Familie, sondern an den Fonds, der das Geld wiederum an die Mitglieder ausschüttet. Der heute 78-Jährige unterzeichnet: „Nach etwa 30 Minuten war der Berater wieder weg.“ Etwa die Hälfte der Erbschaft legt er auf diese Weise an.
Zu Beginn laufen die Anlagen nicht schlecht: 2009 meldet sich der Berater telefonisch und rät, angesichts des guten Starts auch in einen zweiten, neu aufgelegten Fonds seiner Gesellschaft zu investieren. Der Rentner stimmt auch hier zu und legt den Rest der Erbschaft an. Gut beraten war er damit allerdings nicht, wie die folgenden Jahre zeigen. Von den angelegten 30.000 Euro sind knapp 22.000 verloren und der Rentner ist sauer. Seine Familie nage durch den Verlust zwar nicht am Hungertuch, für Renovierungen am Eigenheim hätte sie das Geld aber gut brauchen können.
Darauf sollten Kleinanleger achten
Der Mann fühlt sich vom Finanzberater verschaukelt: „Ich habe mehrfach gesagt, dass ich kein Risiko eingehen will.“ Über die Risiken habe der Berater ihn nicht aufgeklärt: „Er hat mir nur einen Katalog überreicht. Darin habe ich aber nur die Seiten über meine Fonds gelesen. Ich dachte, der Rest betrifft mich nicht.“ Beschwerden bei der Bank brachten nichts: Bei den Beratungsgesprächen sei alles nach Vorschrift gelaufen, beschied das Institut schriftlich. Eine Strafanzeige verlief im Sande. Es steht die Aussage des Kunden gegen die des Beraters. Oder wie es im Schreiben der Staatsanwaltschaft heißt: „Das Verfahren wird eingestellt. Ein Tatnachweis ist nicht zu führen.“
Doch wie schützt man sich vor solchen Erfahrungen? Dazu gibt Daniel Bauer Tipps. Er ist Vorstandsvorsitzender und Sprecher des Vereins Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), der sich für die Beteiligung breiter Bevölkerungsschichten am Kapitalmarkt einsetzt und gleichzeitig die Rechte der Kleinanleger vertritt. Die Ehefrau oder einen Familienangehörigen mit zu den Gesprächen zu nehmen, hält Daniel Bauer in jedem Fall für eine gute Idee. Auch wenn der Berater es gut mit einem meint, schade eine zweite Person nie, die im Zweifel mithört und eingreifen kann.
Drei Dinge sind aus Daniel Bauers Sicht besonders wichtig für Kleinanleger: Zunächst sollten sie sich nicht unter Druck setzen lassen. Das komme in Beratungssituationen immer wieder vor. Doch die Kunden sollten sich immer ausreichend Zeit nehmen, die Unterlagen durchzulesen, bevor sie etwas unterschreiben. Wenn man etwas unterschrieben habe, könne man sich nicht mehr darauf berufen, etwas nicht verstanden zu haben.
Klagen gegen Banken lohnen sich häufig nicht
Und das ist Bauers zweiter Tipp: Kunden sollten nur Geld in Dinge investieren, die sie auch verstehen. Wer mit Begriffen wie „Derivaten“ oder „Swaps“ nichts anfangen kann, sollte lieber kein Geld dort hineinstecken, sondern sich stattdessen auf normale Aktienfonds beschränken, die den Dax abbilden. Zwar sollen die Kunden durch verschärfte EU-Richtlinien besser vor undurchsichtigen Geschäften geschützt werden, doch bei manchen Geschäftsmodellen seien die Prospekte so kompliziert, dass selbst die Profis beim SdK sie mehrmals durchlesen müssen. Bauers dritter wichtiger Punkt, den Anleger kennen sollten, sind die Kosten eines Investments: Denn im schlimmsten Fall fressen die Gebühren große Teile des Gewinns auf. Preisvergleiche mit anderen Angeboten seien absolut ratsam.
Klagen gegen Banken oder Beratervermittler sind für den Experten ein zweischneidiges Schwert. Wenn man beispielsweise über Zeugen eine fehlerhafte Beratung nachweisen könne, stünden die Chancen gut, Geld zurückzubekommen. Ein Anwalt mit Erfahrung auf dem Gebiet sei wichtig. Wer sich aber nicht auf eine Rechtsschutzversicherung stützen könne, müsse sich den Gang vors Gericht gut überlegen, sagt Bauer: „Man sollte schlechtem Geld nicht noch gutes hinterherwerfen.“ Bei einem Streitwert unter 25.000 Euro und zweifelhaften Erfolgschancen sei eine Klage aufgrund der Kosten nicht empfehlenswert.
Die Geschäfte mit den Lebensversicherungen gibt es mittlerweile kaum noch, sagt Bauer: „Ich kenne fast keinen Fonds, der damit Gewinn gemacht hat.“
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