Wie passen Glaube und Humor zusammen? Sehr gut, findet Hannes Schott. Er ist evangelischer Pfarrer in der St. Jakobskirche Nürnberg. Auch wenn Religion für ihn eine ernsthafte Angelegenheit ist, predigt er gern mit einer Prise Humor. So kann es geschehen, dass er verkleidet zum Gottesdienst erscheint. Oder er verlegt die Predigt aus der Kirche in einen Reisebus. Genau weiß man nie, was geboten wird. Sicher ist nur eines: Mit Hannes Schott kommt das Kabarett in der Kirche nicht zu kurz.
Ihre Gottesdienste an ungewöhnlichen Orten sind berüchtigt. Sie haben sogar Seelsorge im Riesenrad angeboten. Nun treten Sie ganz konventionell in der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche Großaitingen auf. Wie kommt’s?
HANNES SCHOTT: Ich wurde von Pfarrer Gatz angefragt, ob ich aus meinem Buch „Raus aus dem toten Winkel“ lesen könnte. Wir kennen uns vom Studium. Als er mir vom Ukulele-Orchester vorschwärmte, das meinen Auftritt begleiten könnte, war es um mich geschehen. (lacht)
Was ist Ihr Thema an dem Abend?
SCHOTT: Kirche und Humor – und wie wir als Kirche, egal welcher Konfession, unsere Machtstrukturen hinterfragen und auflockern müssen. Natürlich wird es auch um Humor in diesen momentanen Zeiten gehen. Es wird jedenfalls einiges zum Mitnehmen und zum Lachen geben.
Sollten sich die Besucher auf Überraschungen gefasst machen?
SCHOTT: Unbedingt. Ich habe Perücke und Nasenflöte eingepackt und entscheide spontan vor Ort, was zum Einsatz kommt. Ich kann Ihnen auch jetzt noch nicht sagen, welche Passagen aus meinem Buch ich lesen werde.
Kirche muss Spaß machen – das ist Ihr Motto. Was wird bei Ihrem Auftritt überwiegen: Predigt oder Kabarett?
SCHOTT: Definitiv Kabarett. Das Ziel ist es auch, Kraft, Mut und Hoffnung zu spenden. Wie in einem guten Gottesdienst. Und dazu ein paar Witze.
Für viele Menschen ist Religion etwas Ernstes, Emotionales. Inwiefern passen für Sie Glaube und Humor zusammen?
SCHOTT: Das sind Klischees. Viele Menschen sehnen sich danach, auch in der Kirche zu lachen – das ist menschlich und emotional. Es gibt dazu ein schönes Zitat, es heißt: „Der Humor ist der kleine Bruder des Glaubens.“ Wenn Menschen bei einem Auftritt erlöst lachen, blitzt für mich ein Stück Himmel auf.
Sie wurden wegen Ihrer Späße mal der „Hofnarr“ der Kirche genannt. Warum stört Sie das nicht?
SCHOTT: Der Hofnarr genießt Narrenfreiheit und darf die Mächtigen stellvertretend für das Volk kritisieren. Das ist eine wichtige Aufgabe und Ehre. Außerdem schreibt der Apostel Paulus:
„Wir sind Narren um Christi willen.“ Wer wissen will, was das bedeutet, sollte zum Auftritt kommen.
Fühlen sich manche Gläubige manchmal von Ihrem Humor auf den Schlips getreten? Wie vermeiden Sie, dass Humor in Spott übergeht?
SCHOTT: Sie unterschätzen die Gläubigen – die haben auch gerne Freude an ihrem Glauben. Ich überlege mir sehr gut, was ich auf die Bühne bringe. Ich will niemanden verletzen oder beleidigen. Verantwortungsvoller Humor ist selbstironisch und hintergründig und zielt nie auf Minderheiten ab.
Wie kam es, dass Sie der humorige Pfarrer wurden? Hat Ihnen Humor gefehlt, wenn Sie vor Ihrer Karriere als Pfarrer in der Kirche waren?
SCHOTT: So hat mich der liebe Gott gemacht. Ich kann mich nicht verbiegen. Jede Pfarrperson, die ich kenne, hat Herz, Hirn und Humor. Insofern sehe ich mich da gar nicht als etwas Besonderes.
Gab es ein Erlebnis, das dazu führte, dass Sie Pfarrer und Kabarettist wurden?
SCHOTT: Das kann ich nicht sagen. Seit meiner Schulzeit trete ich auf Kabarettbühnen auf. Kirchliches Engagement kam nahezu gleichzeitig. Das hat sich von Anfang an gegenseitig befruchtet.
Ein Zitat von Ihnen lautet: „Eine kirchenferne Gesellschaft ist ein weißes Blatt, das neu beschrieben werden kann.“ Was möchten Sie draufschreiben?
SCHOTT: Das ist eine schöne Frage. Kirche soll wahrgenommen werden als wunderbarer Ort, an dem sich Menschen als geliebte Geschöpfe sehen und auch so miteinander umgehen.
Denken Sie, Kirche sollte sich stärker in den Alltag der Menschen einmischen?
SCHOTT: Kirche sollte sich gar nicht in den Alltag einmischen. Das ist ja das Problem, dass die Kirche den Leuten früher gesagt hat: „Du musst das und das tun, sonst gehörst du nicht dazu.“ Kein Wunder, dass sich viele abgewandt haben. Kirche sollte da sein, wenn die Menschen mit ihren Fragen und Ängsten kommen. Sie sollte bei der Antwortsuche helfen. Ich nutze die Sozialen Medien, um zu teilen, was mir im Leben und im Glauben hilft. Wenn das jemand für sich annehmen kann, freue ich mich.
Denken Sie, dass mehr Humor der Kirche helfen kann, neue Mitglieder zu gewinnen?
SCHOTT: Ich glaube, es gibt insgesamt ein großes spirituelles Interesse bei den Menschen. Wir bieten Antworten an. Eine Kirche mit Humor ist deutlich einladender als ein starrer Machtapparat.
Hannes Schott kommt am 31. Januar in der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche Großaitingen. Ab 19 Uhr liest er aus seinem Buch „Raus aus dem toten Winkel“. Musikalisch begleitet wird er vom Ukulele-Stammtisch Langerringen.
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