Mickhauser Schloss: Nach fast 330 Jahren werden die Glocken abgenommen
Der hölzerne Glockenstuhl des Staudenschlosses Mickhausen muss erneuert werden. Beide Glocken aus dem Jahr 1693 werden jetzt untersucht.
Fast 330 Jahre lang hingen die beiden Glocken der Schlosskapelle von Mickhausen bei Wind und Wetter im hölzernen Glockenstuhl auf dem Dach des Westflügels der Schlossanlage am Ufer der Schmutter. 1693 in Augsburg in der Glockengießerei von Franziskus Kern im Auftrag von Graf Paul Fugger gegossen, riefen sie früher zu Gottesdiensten und warnten die Dorfbevölkerung vor heranziehenden Unwettern. Bei den Ministranten des "Unterdorfes" von Mickhausen, die in der Schlosskapelle den Altardienst leisteten, war das Läuten der Wetterglocke bei drohenden Gewittern eine begehrte Tätigkeit: Denn damit verdienten sich die Messdiener ein kleines Trinkgeld oder eine süße Belohnung aus der Schlossküche.
Spezialkran bringt die Glocken zur Erde
Im Zuge der laufenden Generalsanierung des Staudenschlosses wurden die Glocken in einer spektakulären Aktion mit einem Spezialkran abgenommen. Am Glockenstuhl hatte in den zurück liegenden drei Jahrhunderten der Zahn der Zeit kräftig genagt. Das ganze Jahr der Naturgewalten der wechselnden Jahreszeiten ausgesetzt, war die hölzerne Konstruktion inzwischen so morsch, dass der Glockenstuhl jetzt komplett durch eine neue Konstruktion ersetzt werden muss. Um einen Absturz der schweren Glocken zu vermeiden, wurden die Glocken schon seit Jahren nicht mehr geläutet, die Glockenseile wurden entfernt. Bis sie in ihren neuen Glockenstuhl am angestammten Platz zurückkehren dürfen, werden die beiden Glocken jetzt zunächst gereinigt und von einem Experten auf Schäden oder gar Risse untersucht.
Glocke "vertreibt Blitze"
Die große (Wetter-)Glocke hat einen Durchmesser von 65 Zentimetern. Am oberen Rand trägt sie die Inschrift "Franziskus Kern hat mic gossen in Augsburg 1693". Die Inschrift am unteren Rand lautet "Ad res divinas populo pia classica canto. Fulmina discutio – Funera ploro". Frei und sinngemäß übersetzt: "Gottesdienste kündige ich dem Volk gewissenhaft an. Blitze vertreibe ich. Begräbnisse beweine ich". Um das Wappen der Familie Fugger herum steht "Paul Grave Fugger – Herr zu Mickhausen". Die kleinere der beiden Glocken, die Marienglocke, hat einen Durchmesser von 55 Zentimetern. Auch sie trägt am oberen Rand die Inschrift "Franziskus Kern hat mic gossen in Augsburg 1693". Am unteren Rand ist zu lesen: "Ave Maria – Gratia plena" (Gegrüßet seist Du, Maria, voller Gnade) und ebenfalls "Paul Grave Fugger – Herr zu Mickhausen".
Kapelle soll wieder ins Dorfleben integriert werden
Nach Abschluss der Generalsanierung des Staudenschlosses sollen in der Schlosskapelle wieder Gottesdienste – etwa Trauungen oder Taufen – stattfinden. Wolfgang Knabe, der Vorstandsvorsitzende der Hermann-Messerschmidt-Kulturerbe-Stiftung, möchte die Kapelle wieder im Kontext des kirchlichen dörflichen Lebens eingebunden wissen – so wie sie es jahrhundertelang gewesen ist. Dazu gehört auch, dass in der Schlosskapelle künftig wieder einer der vier Altäre der Fronleichnamsprozession errichtet werden soll. So wie es in der Staudengemeinde bis Ende der 1960er-Jahre Tradition war, ehe die im Altenpflegeheim tätigen Klosterschwestern nach dessen Auflösung das Schloss Mickhausen verlassen hatten und zurück nach Augsburg gegangen sind.
Jetzt Thema im Ausschuss
Am Montag ist das Staudenschloss Thema im Kreistags-Ausschuss für Bildung, Schule und Kultur. Die Mitglieder werden durch das alte Gemäuer geführt und über den Stand der Sanierung informiert. Anschließend wird über einen Zuschuss von 100.000 Euro gestimmt. Darum hatte die Stiftung wegen der Kostensteigerung gebeten. Eine Finanzspritze des Kreistags für den denkmalpflegerischen Mehraufwand hatte Landrat Martin Sailer bereits im August in Aussicht gestellt. "Die Instandsetzung des Staudenschlosses ist für uns ein Bauvorhaben von nationaler Bedeutung", sagte Landrat Martin Sailer vor Ort.
"Die Sanierung des Staudenschlosses in Mickhausen ist ein wichtiges Zeichen für die Denkmalpflege in Schwaben", sagt Bezirksheimatpfleger Christoph Lang. "Das Staudenschloss veranschaulicht das Herrschaftsverständnis des niederen Reichsadels im Südwesten Deutschlands und spiegelt die politischen und sozialen Verhältnisse der damaligen Gesellschaft des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation beispielhaft wider. Das Renaissance-Schloss ist in der kulturellen Landkarte Schwabens fest verankert – es ist erfreulich, wenn das Schloss künftig als touristisches Aushängeschild sein ganzes Potenzial entfalten kann."
Das ambitionierte Großprojekt hat bereits viel Geld verschlungen: Über drei Millionen Euro sind verbaut. Rund 16 Millionen Euro sind insgesamt veranschlagt. Bis das Projekt abgeschlossen ist, werden noch einige Jahre vergehen.