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NBA: NBA-Experte Voigt zum Saisonstart: "Wie gut soll Doncic noch werden?"

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NBA-Experte Voigt zum Saisonstart: "Wie gut soll Doncic noch werden?"

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    Der 48-jährige Sportjournalist André "Dre" Voigt aus Wolfsburg ist der deutsche NBA-Fachmann schlechthin.
    Der 48-jährige Sportjournalist André "Dre" Voigt aus Wolfsburg ist der deutsche NBA-Fachmann schlechthin. Foto: dpa

    Herr Voigt, in der Nacht von Dienstag (19. Oktober) auf Mittwoch (20. Oktober) startet mit dem Duell zwischen dem Titelverteidiger Milwaukee Bucks und dem Meisterschaftsfavoriten Brooklyn Nets (1.30 Uhr/MEZ) die NBA-Saison 2021/2022. Wie groß ist bei einen "alten NBA-Hasen" wie Ihnen die Vorfreude, dass es endlich wieder losgeht?

    André Voigt: Schon sehr groß! Vor zwei Jahren hatten wir ja die Situation, dass die Saison zunächst ausgesetzt und dann doch in Orlando auf dem Gelände von Disney World in einer Bubble als Turnier zu Ende gespielt wurde. Nachdem auch die vergangene Spielzeit stark verkürzt ausgetragen wurde, haben wir jetzt endlich wieder eine normale Saison mit 82 Partien im gewohnten Modus. Natürlich existiert Corona nach wie vor – aber das spielt mittlerweile eine eher untergeordnete Rolle. Daher freue ich mich, dass es eine reguläre Spielzeit mit einem Favoriten Brooklyn, aber auch vielen anderen Teams, die ebenfalls gewinnen können, gibt. Ich bin überzeugt, dass diese Saison richtig Spaß machen und viele coole Storys bieten wird.

    Worauf freuen Sie sich ganz besonders beziehungsweise was sind für Sie die spannendsten Fragen und Entwicklungen?

    Voigt: In Brooklyn haben wir ein Superteam, das ja in der vergangenen Saison auch schon so zusammen war. Mit Kevin Durant, dem vielleicht besten Spieler der Welt momentan. Mit James Harden, der ebenfalls zu dieser Kategorie zählt und Kyrie Irving – einem der besten Scorer, die die NBA hat. Im letzten Jahr waren diese Jungs immer verletzt und haben kaum einmal zusammen gespielt. Auch nicht in den Play-offs. Und dennoch wären sie beinahe in die Finals eingezogen. Jetzt sind sie eigentlich alle fit – und dann sorgt Kyrie Irving plötzlich für Schlagzeilen, weil er sich nicht gegen das Coronavirus impfen lassen möchte. Das Problem ist: Solange Kyrie nicht geimpft ist, kann er laut einem Gesetz in New York City in einem geschlossenen Raum wie eben einer Halle nicht spielen. Deshalb ist er auch momentan weg vom Team, bis sich das Ganze entweder in die eine oder andere Richtung auflöst. Aber das ist natürlich ein echtes Drama. Ich bin wirklich megagespannt, wie sich diese Situation entwickelt. Ein ähnliches Drama gibt es ja aktuell um Ben Simmons.

    Neben Joel Embiid der zweite Superstar der Philadelphia 76ers...

    Voigt: Er ist ein überragender Verteidiger und auch Point Guard, der zuletzt mehrere Monate im Streik war, da er trotz eines noch laufenden Vertrages einen Trade gefordert hat. Mittlerweile ist er zum Team zurückgekehrt, um doch wieder zu spielen und sich auf diese Art und Weise für einen Transfer anzubieten. Es wird auf alle Fälle hochinteressant zu beobachten sein, ob beziehungsweise zu welcher anderen Mannschaft Simmons getradet wird und wen ein möglicher Wechsel stärker oder schwächer macht. Worauf ich mich darüber hinaus auch noch sehr freue, ist auf die deutschen Spieler in der NBA.

    Die Orlando Magic haben sich für Franz Wagner entschieden.
    Die Orlando Magic haben sich für Franz Wagner entschieden. Foto: Darron Cummings/AP, dpa

    "Franz Wagner kann man viel zutrauen"

    Mit Dennis Schröder (Boston Celtics), Daniel Theis (Houston Rockets), Maxi Kleber (Dallas Mavericks), Isaac Bonga (Toronto Raptors), Isaiah Hartenstein (Los Angeles Clippers) sowie den Brüdern Moritz und Franz Wagner (beide Orlando Magic) gibt es in dieser Saison gleich sieben deutsche Akteure, die bei NBA-Teams unter Vertrag stehen.

    Voigt: Franz Wagner wurde ja in diesem Jahr sehr früh von den Orlando Magic im Draft gezogen und spielt jetzt dort gemeinsam mit seinem Bruder Moritz – was es ja so noch nie gab: Ein deutsches Brüderpaar gemeinsam bei einem NBA-Klub. Gerade Franz Wagner ist jemand, dem man wirklich viel zutrauen kann. Er wurde nicht umsonst bereits an achter Stelle – so für wie kein Deutscher zuvor – gedraftet. Sein Bruder Moritz wird versuchen, noch mehr Konstanz in seine Karriere zu bekommen. Beide sind bei einem sehr jungen Team, was das Ganze noch spannender macht. Aber auch ein Isaac Bonga, der seine NBA-Karriere in Toronto retten und ein Isaiah Hartenstein, der bei den Clippers den Sprung in die Mannschaft schaffen möchte, sind extrem interessante Personalien.

    E'Twaun Moore (M/55) und Moritz Wagner (21/links) von Orlando Magic blocken Celtics-Spieler Dennis Schröder.
    E'Twaun Moore (M/55) und Moritz Wagner (21/links) von Orlando Magic blocken Celtics-Spieler Dennis Schröder. Foto: Charles Krupa/AP, dpa

    Zu einer anderen Kategorie zählt dagegen das Trio Dennis Schröder, Daniel Theis und Maxi Kleber...

    Voigt: Diese drei Jungs gehören definitiv zu den Leistungsträgern in ihren Teams. Schröder hätte ja eigentlich einen großen Vertrag bei den Los Angeles Lakers (84 Millionen US-Dollar für vier Jahre) unterschreiben können. Das hat er damals abgelehnt, weil er als Free Agent den Markt testen wollte. Plötzlich war dieses Geld weg und er ging schließlich für "nur" sechs Millionen US-Dollar nach Boston. Dort kann und möchte er sich jetzt in diesem Jahr für seinen nächsten Vertrag beziehungsweise einen großen Zahltag empfehlen. Bei den Celtics steht Schröder in einem Team, das jetzt nicht unbedingt zu den Geheimfavoriten zählt, aber den Etablierten schon gefährlich werden kann.

    Wie sehen Sie die Rolle von Daniel Theis bei den Houston Rockets?

    Voigt: Nun, er hat ja in der vergangenen Saison bei den Boston Celtics angefangen und soll nun in Houston bei einer ganz jungen Mannschaft mit vielen interessanten Spielern Stabilität geben. Daniel dürfte dort auch starten und kann definitiv den nächsten Schritt in seiner Entwicklung machen.

    Gewann den letzten Test mit den Dallas Mavericks vor dem NBA-Start: Maxi Kleber.
    Gewann den letzten Test mit den Dallas Mavericks vor dem NBA-Start: Maxi Kleber. Foto: David Zalubowski/AP, dpa

    "Maxi Kleber wird in Deutschland unterschätzt"

    Und Maxi Kleber?

    Voigt: Maxi hat ja bereits seit vielen Jahren seine feste Rolle bei den Mavs inne. Ich glaube, in Deutschland wird oftmals unterschätzt oder gar nicht wahrgenommen, wie wichtig er für die Truppe ist. Jeder NBA-Trainer würde sich freuen, Maxi Kleber in seiner Mannschaft zu haben. Er ist nicht nur ein sehr guter und vielseitiger Verteidiger, sondern insgesamt ein extrem schlauer Spieler.

    Lassen Sie uns dennoch noch einmal kurz auf die NBA-Saison 2020/2021 zurückblicken. Konnte man aus Ihrer Sicht im Vorfeld mit einem Meister Milwaukee Bucks sowie einem Finals-Teilnehmer Phoenix Suns rechnen?

    Voigt: Dass die Suns in den Finals stehen würden, war schon eine Überraschung. In der ersten Runde haben sie ja die Lakers, die während der gesamten Spielzeit von Verletzungen gebeutelt waren, eliminiert. Man kann sicherlich sagen, dass die Suns das "Cinderella-Team" in der zurückliegenden Saison waren. Etwas anders sieht es dagegen bei den Bucks aus: Das sie dort gelandet sind, damit konnte man schon rechnen. In den vorangegangenen Jahren war Milwaukee immer eine Mannschaft, die in der Regular Season überragend war, um dann in den Play-offs regelrecht zusammenzubrechen. Letzte Saison konnte man dann allerdings sehen, wie dieses Team von Runde zu Runde stärker wurde. Selbst in den Finals, als man bereits mit 0:2 hinten lag, haben die Bucks nochmals ihre Identität gefunden – und zudem mit Giannis Antetokounmpo einen zweifachen MVP in ihren Reihen, der im entscheidenden sechsten Spiel mit seinen 50 Punkten nochmals einen weiteren Entwicklungsschritt hin zum absoluten Superstar gemacht hat.

    André Voigt links und Dirk Sing rechts in Miami.
    André Voigt links und Dirk Sing rechts in Miami. Foto: Sing

    Trauen Sie den Bucks grundsätzlich die Titelverteidigung zu?

    Voigt: Wenn es um die Meisterschaftsfavoriten geht, wird Milwaukee komischerweise immer wieder vergessen. In der Regel werden vor allem Brooklyn und die Lakers genannt. Sollte die Bucks wirklich verstanden haben, was sie stark macht – und ich glaube, das haben sie mit dem Titel –, traue ich ihnen durchaus zu, erneut die Meisterschaft zu gewinnen.

    Giannis Antetokounmpo von Milwaukee Bucks diskutiert mit Schiedsrichterin Natalie Sago.
    Giannis Antetokounmpo von Milwaukee Bucks diskutiert mit Schiedsrichterin Natalie Sago. Foto: Morry Gash, dpa

    "Es gibt keinen Menschen auf dieser Welt wie Antetokounmpo"

    Sie haben den Namen Giannis Antetokounmpo bereits erwähnt. Was zeichnet den "Greek Freak" aus, dass er unter anderem bereits zweimal zum MVP der Liga gekürt wurde?

    Voigt: Giannis ist nicht nur ein einzigartiger Basketballer, sondern auch ein einzigartiger Mensch! Mit seiner Größe von 2,11 Meter bewegt er sich wie ein Guard, kann mit dem Ball sehr gut umgehen, hat eine unfassbare Athletik und spielt eigentlich – wenn man ehrlich ist – eine Position, die es gar nicht geben dürfte: Point-Center! Den einzigen Vorwurf, den man ihm immer gemacht hat und wohl auch weiter machen wird: Dass er nicht gut werfen kann! Das Kuriose daran ist: Es gibt Aufzeichnungen und Studien, die besagen, dass Giannis – bevor es in die NBA ging – über einen sehr ordentlichen Wurf verfügte. Warum dieser dann irgendwie verloren ging, ist das große Mysterium. Die Frage ist daher: Kann er das wieder reinkriegen so wie früher, als er unter anderem auch gut den Dreier getroffen hat. Aber seine Physis ist einfach überragend. Es gibt keinen Menschen auf dieser Welt, der so gebaut ist und derart viel drauf hat wie Antetokounmpo. Es ist schlichtweg krass, mit welcher Wucht er zum Korb geht. Diesbezüglich wird er ja auch immer mit Shaquille O’Neal, der Urgewalt aus den 90er Jahren, verglichen. Dieser Vergleich plus der Tatsache, dass er aus dem Dribbling kommend und mit dem Ball umgehen kann, macht ihn zu einem wahnsinnigen Spieler – und einem wohl noch besseren Menschen! Wie er mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben ist, erinnert er mich sehr an Dirk Nowitzki.

    Was können Sie uns über den Menschen Giannis Antetokounmpo sagen?

    Voigt: Seine Eltern waren ja seinerzeit illegale Einwanderer in Griechenland. Um mit seiner Familie über die Runden zu kommen, hat Giannis in der Altstadt den Touristen irgendwelchen Ramsch verkauft. Das allein ist schon eine krasse Geschichte. Als er dann 2021 mit den Bucks Meister geworden ist, war natürlich die Krönung einer bislang schon wahnwitzigen Karriere.

    Was in der vergangenen Saison sicherlich sehr auffällig war: Zahlreiche Akteure, darunter auch Superstars wie Kawhi Leonard (Los Angeles Clippers/Kreuzbandriss) oder Jamal Murray (Denver Nuggets/Kreuzbandriss), die es am schlimmsten erwischte, zogen sich teilweise schwerwiegende Verletzungen zu. Ordnen Sie das unter der Rubrik "Pech und Risiko" ein oder ist es eher doch die Folge der enormen körperlichen Belastung der Profis im zurückliegenden Jahr?

    Voigt: Das war sicherlich ein Punkt, der bereits vor der Saison ein Gesprächsthema war. Die vorletzte Saison wurde ja erst im Sommer beendet. Sprich: Für diejenigen Teams, die in den Finals waren, ging es 72 Tage später schon wieder mit der neuen Spielzeit los. Es waren dann zwar zehn Partien weniger – aber der Saisonstart war erst im Dezember, wodurch der Spielplan zu einem echten Sprint wurde. Da kann man zweifelsohne sagen, dass hier Raubbau an den Körpern der Spieler betrieben wurde. Es gab in diesen Monaten auch Aussagen von Physiotherapeuten, die beschrieben haben, dass sie permanent nur am Massieren seien, damit die Jungs überhaupt in der Lage sind, ihre Spiele halbwegs zu absolvieren. Etwaige Defizite, beispielsweise bei den Muskeln, konnten überhaupt nicht therapiert werden. Im Vergleich dazu ist es natürlich in dieser Spielzeit deutlich besser – wobei man aber gleichzeitig schon sagen muss, dass die hohen Belastungen und Verletzungen der Vorsaison immer noch nachwirken. Man kann nur hoffen, dass die jetzige Saison deutlich stressfreier wird und wir weniger dieser Verletzungen zu sehen bekommen.

    Denkt nicht daran, seine Karriere zu beenden: Kyrie Irving.
    Denkt nicht daran, seine Karriere zu beenden: Kyrie Irving. Foto: Carlos Osorio/AP, dpa

    In New York hängt viel, aber nicht alles an Kyrie Irving

    Bleiben wir bei der Saison 2021/2022, genauer gesagt im Osten. Wir haben bereits über den Titelverteidiger Milwaukee Bucks sowie den Meisterschaftsfavoriten Brooklyn Nets und das dortige "Impfdrama" um Kyrie Irving gesprochen. Konkret gefragt: Hängen die Titelaussichten der Nets in erster Linie an der Personalie Irving?

    Voigt: Man muss ganz klar sagen: Wenn Kyrie dabei ist, sind die Nets deutlich besser! Mit ihm sowie Kevin Durant und James Harden verfügt Brooklyn nicht nur über drei der besten Scorer der Gegenwart, sondern vermutlich aller Zeiten. In der Regel hat man immer mindestens einen Spieler auf dem Court, den man als Gegner alleine nicht stoppen kann. Das hat sich ja bereits in der vergangenen Saison gezeigt, als Durant beinahe im Alleingang die Milwaukee Bucks in den Play-offs besiegt hätte. Aber wenn ein Team den Verlust eines solchen Superstars auffangen kann, dann sind das die Brooklyn Nets. Neben den drei großen Namen haben sie ja auch noch Jungs wie Blake Griffin, LaMarcus Aldridge oder Neuzugang Patty Mills, der ja genau die Position von Irving spielt. Von dem her sind die Nets in meinen Augen auch ohne Kyrie nach wie vor der Topfavorit – vielleicht etwas weniger "top", als wenn Irving spielen würde.

    Mal abgesehen von den Milwaukee Bucks und Brooklyn Nets: Welchen Mannschaften aus dem Osten trauen Sie zu, in die Phalanx der Meisterschaftsanwärter möglicherweise einzubrechen?

    Voigt: Im Osten haben wir in der Tat eine Menge Teams, die einen Schritt nach vorne gemacht haben und sich eventuell sogar Hoffnungen auf die Conference Finals machen könnten. Allerdings gibt es doch einige Variablen und Fragezeichen. Die Posse um Ben Simmons bei den Philadelphia 76ers, die in der vergangenen Regular Season die meisten Partien im Osten zu ihren Gunsten entscheiden konnten, haben wir ja bereits angesprochen. Sollte Simmons tatsächlich für die 76ers auflaufen, können diese sehr weit kommen. Dahinter stehen Mannschaften wie die Atlanta Hawks, die zuletzt das "Cinderella-Team" im Osten waren oder die New York Knicks, die unter Coach Tom Thibodeau über ihre Defense kommen und sich auch weiter verbessern werden.

    Bam Adebayo (rechts) von Miami Heat beim Korbwurf gegen Willie Cauley-Stein von den Dallas Mavericks.
    Bam Adebayo (rechts) von Miami Heat beim Korbwurf gegen Willie Cauley-Stein von den Dallas Mavericks. Foto: Wilfredo Lee/AP, dpa

    Miami hat das Zeug zur Überraschung der Saison

    Was ist für die Miami Heat und Boston Celtics möglich?

    Voigt: Miami könnte wirklich "die" Überraschung in diesem Jahr werden. Die Heat haben mit Kyle Lowry einen Point Guard geholt, der zwar schon etwas älter, gleichzeitig aber ein vielfacher All Star ist, der da bestens reinpasst. Zudem hat man mit Victor Olapido eine Art Joker in der Hinterhand, der bereits eine unglaubliche Verletzungshistorie vorweisen kann. Sollte er fit werden und dann mit den anderen All Stars wie eben Lowry, Jimmy Butler und Bam Adebayo funktionieren, ist Miami brandgefährlich. Was die Boston Celtics betrifft: Die hatten im vergangenen Jahr mit Covid-19 große Probleme. Unter anderem hat es Jason Tatum, der ebenfalls MVP werden kann, erwischt. In dieser Saison kommt nun Dennis Schröder dazu. Auch die Youngster von der Bank haben jetzt in der Pre-Season gezeigt, dass sie mehr Verantwortung übernehmen können und wollen. Nicht vergessen darf man im Osten zudem die Chicago Bulls, die mit DeMar DeRozan (San Antonio) und Lonzo Ball (New Orleans Pelicans) nochmals richtig nachgeladen haben oder auch die Indiana Pacers, die in der letzten Saison mit ihrem Trainer große Probleme hatten. Man sieht also schon, dass im Osten in diesem Jahr jede Menge Musik und Spannung drin ist.

    Könnte in der neuen Saison seinen fünften Titel holen: LeBron James von den Los Angeles Lakers.
    Könnte in der neuen Saison seinen fünften Titel holen: LeBron James von den Los Angeles Lakers. Foto: Ross D. Franklin/AP, dpa

    Die LA Lakers sind der Favorit im Westen

    Im Westen dreht sich – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung – wieder einmal nahezu alles um die Los Angeles Lakers! Nach dem letztjährigen Playoff-Aus in der ersten Runde gegen die Phoenix Suns wurde der Kader mit elf Neuzugängen quasi runderneuert. Neben Superstar Russell Westbrook wurden in erster Linie sehr erfahrene und "alternde" Akteure wie Carmelo Anthony (37), Trevor Ariza (36), Rajon Rondo (35), Dwight Howard (35) oder DeAndre Jordan (33) verpflichtet. Auch Superstar LeBron James ist bereits 36 Jahre alt. Wie schätzen Sie das diesjährige "Lakers-Projekt" ein?

    Voigt: Grundsätzlich sehe ich die Lakers schon als Favorit im Westen, da sie mit LeBron James und Anthony Davies das wohl beste Duo der Liga haben. Hinzu kam jetzt mit Russell Westbrook noch ein echter "Dynamo" auf der "Eins", der immer in der Lage ist, zehn Punkte, zehn Rebounds und zehn Assists pro Partie zu liefern. Aber das Problem fängt in meinen Augen danach etwas an. Bislang lautete immer die Frage: Haben sie genug Werfer, haben sie genug Offensive? Diesmal heißt es dagegen: Haben sie genug Werfer beziehungsweise Defense? Letzteres war beispielsweise in der Vorsaison kein Problem. Und genau da kommt man an einen Punkt, an dem ich etwas zwiegespalten bin. Auf der einen Seite haben sie schon genügend Offensive und Shooting durch Kendrick Nunn, Malik Monk oder Wayne Ellington dazugeholt. Auf der anderen Seite sind das aber auch alles Jungs, die nicht unbedingt für ihre überragende Verteidigung bekannt sind. Natürlich haben ein Dwight Howard, Carmelo Anthony oder DeAndre Jordan schon extrem viele Spielzeiten in ihren Knochen. Entscheidend wird unter anderem sein, wie hoch deren Ansprüche noch sind. Wie gesagt, sie haben nicht umsonst den Favoriten-Status im Westen inne. Ein echtes Überteam, wie es möglicherweise die Namen suggerieren, sind sie aber gerade auch aufgrund ihres Alters nicht.

    Können die Phoenix Suns eine ähnlich überragende Rolle wie in der Saison 2020/2021 spielen?

    Voigt: Ich denke schon. Die Suns sind eine Mannschaft, wie genau wissen, wer sie sind – und genau das finde ich immer sehr wichtig! Sie haben eine Identität und einen klaren Plan, wie sie Basketball spielen wollen. Das einzige Problem, das es möglicherweise geben könnte, ist die Situation um Center Deandre Ayton. Die Suns haben ihrem "Big Man", der gerade in den Finals überragende Leistungen abgeliefert hat, noch nicht den Maximalvertrag zur Verlängerung angeboten, den er wohl gerne hätte. Da muss man abwarten, ob und wie sich diese Unstimmigkeiten auswirken würden. Ein kleines Fragezeichen steht zudem hinter Chris Paul, dem kongenialen Partner von Devin Booker. Nachdem Paul auch schon ein älteres Semester ist, muss man sehen, ob er nochmals in der Lage ist, entsprechend stark zu performen. Wie gesagt, ich traue es den Suns zu. Aber sie müssen die eine oder andere Klippe schon umschiffen.

    Welchen übrigen Teams aus dem Westen sollte man, was die Conference Finals betrifft, neben den Lakers und Suns unbedingt im Blick behalten?

    Voigt: Im Westen ist es vielleicht nicht mehr ganz so breit an der Spitze, wie es noch im vergangenen Jahr der Fall war – was jedoch vor allem an den Verletzungen liegt. Die Clippers wären mit Kawhi Leonard ein klarer Titelfavorit. Das Gleiche gilt für die Denver Nuggets mit dem langfristigen Ausfall von Jamal Murray. Klar haben sie mit Nikola Jokic den aktuellen MVP sowie mit Michael Porter Jr. einen extrem talentierten jungen Spieler. Dennoch glaube ich nicht, dass es für ganz oben reicht.

    Der Slowene Luka Doncic ist der aktuell vielleicht beste Basketball-Spieler der Welt.
    Der Slowene Luka Doncic ist der aktuell vielleicht beste Basketball-Spieler der Welt. Foto: Richard W. Rodriguez, dpa

    Die Dallas Mavericks?

    Voigt: Die Mavs haben meiner Meinung nach im Sommer verpasst, neben Luka Doncic einen zweiten Dribbler zu verpflichten, der Verantwortung von draußen übernehmen kann. Positiv ist dagegen, dass ihr 2,20 Meter große "Big Man" Kristaps Porzingis erstmals gesund in eine Sommer-Vorbereitung gehen und dementsprechend an sich arbeiten konnte. Daher kann man von Dallas schon den nächsten Schritt in Richtung Conference-Halbfinale oder sogar Finale erwarten. Ansonsten sehe ich im Endeffekt mit etwas Abstand zu den anderen Mannschaften eben die Lakers und auch die Utah Jazz, die 2020/2021 mit 52 Siegen das beste Hauptrunden-Team der gesamten Liga gestellt haben. In den Play-offs hatten sie dann – ähnlich wie die Bucks vor zwei Jahren – etwas Probleme, da sie wenige Alternativen für ihre normale Defensive hatten. Die Jazz haben sich jetzt im Sommer sehr gut verstärkt und wissen auch ganz genau, wie sie spielen wollen. Darüber hinaus gibt es vielleicht noch eine oder zwei Überraschungen.

    An welche Mannschaften denken Sie dabei?

    Voigt: Die Memphis Grizzlies verfügen über einen jungen und spannenden Kader, der durchaus für eine Überraschung gut sein kann. Dazu kommen die Golden State Warriors, bei denen Klay Thompson nach zweijähriger Verletzungspause sein Comeback feiern wird. Von dem her dürfte es im Westen ein echtes Hauen und Stechen um die Playoff-Plätze geben.

    Soll bei den Dallas Mavericks einen neuen Vertrag erhalten: Luka Doncic.
    Soll bei den Dallas Mavericks einen neuen Vertrag erhalten: Luka Doncic. Foto: Marcio Jose Sanchez/AP, dpa

    "Luka Doncic ist der Top-Favoirt auf den MVP-Titel"

    Einer der spannendsten, spektakulärsten und talentiertesten Spieler im Westen ist zweifelsohne Luka Doncic von den Dallas Mavericks. Was erwarten Sie von dem gerade erst 22-jährigen Slowenen in dieser NBA-Saison?

    Voigt: Bei ihm fragt man sich ja so ein bisschen: Was soll der eigentlich noch machen beziehungsweise wie gut soll er überhaupt noch werden (lacht)? In seinem Fall muss man sagen, dass er von seinem ersten bis zum zweiten Jahr schon einen riesengroßen Sprung gemacht hat. Vom zweiten zum dritten Jahr sind seine Zahlen hingegen nahezu gleich geblieben. Das lag aber unter anderem auch daran, dass sich die Mannschaft der Mavs etwas verändert hat. Nicht nur bei ihm ist das große Thema natürlich der Drei-Punkte-Wurf. Seine Dreier-Quote war über die gesamte Saison betrachtet insgesamt in Ordnung beziehungsweise mittelmäßig. Gerade in den Play-offs war sie dann aber exzellent. Wenn er es künftig noch hinbekommt, dass sein "Dreier" wirklich konstant gut fällt, öffnet sich für ihn das Spiel noch mehr. Für mich ist Luka Doncic in dieser Saison jedenfalls nicht nur in der Lage, ein durchschnittliches Triple Double aufzulegen, sondern gleichzeitig auch noch der Topfavorit auf den MVP-Titel. In meinen Augen gibt es aktuell keinen besseren Spieler unter 25 Jahren auf der Welt als Doncic.

    "Ich würde mein Geld auf die Nets als Meister setzen"

    Ihren MVP-Vorhersage für die Saison 2021/2022 haben Sie ja gerade genannt. Wir hätten gerne noch zwei weitere Experten-Tipps von Ihnen. Zunächst: Welches Team wird sich die Meisterschaft sichern?

    Voigt: Da muss man wahrscheinlich mit Brooklyn gehen. Wir haben die Problematik rund um Kyrie Irving ja thematisiert. Aber selbst ohne ihn verfügen die Nets über eine tiefe Mannschaft sowie mit Kevin Durant und James Harden über zwei Akteure, die du einfach nicht stoppen kannst. Sind Sie der absolute Topfavorit, bei dem man sich fragt, wie man ihn überhaupt schlagen kann? Das wäre Brookyln ohne Irving sicherlich nicht. Auch wenn dadurch das Feld näher heranrücken würde, würde ich mein Geld auf die Nets als Meister setzen.

    Und welches Team aus dem Westen wird es in die Finals schaffen?

    Voigt: Jeder würde an dieser Stelle wohl die Lakers nennen – und das würde ich letztlich wohl auch machen! Ich traue dem Braten zwar nicht wirklich – vor allem was die Gesundheit angeht. Aber es ist schon verdammt schwer, gerade in den Play-offs, wo das Spiel nochmals ein anderes ist, gegen dieses überragende Duo James/Davis zu bestehen. Für die Finals wird dies aller Voraussicht nach reichen. Doch Meister werden am Ende wohl die Brooklyn Nets.

    Zur Person: Der 48-jährige Sportjournalist André "Dre" Voigt aus Wolfsburg ist der deutsche NBA-Fachmann schlechthin. Er selbst spielte für den ehemaligen Zweitligisten MTV Wolfenbüttel. Als Gründer und Chefredakteur des im September eingestellten Magazins FIVE, Autor ("Planet Basketball"), freier Journalist (unter anderem Spiegel, NBA Deutschland), Podcast-Macher ("Got Nexxt" und "Open Court" des FC Bayern München) oder seit 2016 als NBA-Kommentator bei DAZN berichtet er über die NBA. Sein neuestes (Crowdfunding-)Projekt: Got Nexxt – The Magazine – ein neues Magazin, das viermal im Jahr hinter- und tiefgründig über die NBA berichten soll (www.startnext.com/got-nexxt-the-magazine).

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