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Kommentar: Bundesliga hat die Gefahren unterschätzt

Kommentar

Bundesliga hat die Gefahren unterschätzt

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    Wiederholt hat die Bundesliga Probleme mit verbotener Pyrotechnik in den Fanblocks.
    Wiederholt hat die Bundesliga Probleme mit verbotener Pyrotechnik in den Fanblocks. Foto: Peter Steffen, dpa

    Wer ausgerüstet mit Sturmhauben, Schmerzmitteln und Kampfsporthandschuhen unterwegs ist, will anderen Menschen Gewalt antun. Welchen Stellenwert für diese Klientel der Fußball und dessen sportlicher Wettbewerb hat, sei dahingestellt. Fest steht: Ohne den Fußball hätten sie keinen Anlass, als Kampfsporttruppe die Republik zu bereisen; ihnen würde die Bühne genommen, mit geplanten Gewaltausbrüchen Aufmerksamkeit zu erzeugen. Sosehr sich die Klubs von Gewalttätern distanzieren – sobald sie deren Logos tragen, repräsentieren sie einen Verein. Verwüsten sie Innenstädte oder überfallen auf der Autobahn andere Fans, werden sie zum klubeigenen Problem.

    Vereinsbosse reagieren auf diese Art „Unterstützung“ größtenteils hilflos. Dass es nicht zuträglich ist, Ligakonkurrenten im Vorfeld einer Begegnung verbal anzugreifen, sollte Dortmunds Chef Watzke erkannt haben. Allein damit lassen sich die Steinewerfer und Hassplakate gegen RB Leipzig indes nicht begründen. Wer derart gewaltbereit auftritt, bedarf keiner zusätzlichen Anstiftung seitens eines Vereinsoberen.

    Ultras setzen sich über Regeln und Verbote hinweg

    Das Problem ist tiefgründiger. Ultras, Krawallmacher und kriminelle Gewalttäter zu unterscheiden, fällt mitunter schwer. Der Fußball hat die Gefahren zu lange unterschätzt. Noch wissen Vereine nicht, wie sie mit dem harten Kern einer aktiven Fanszene, den sogenannten Ultras, umgehen sollen. Diese werden für aufwendige Choreografien und lautstarke Anfeuerung geschätzt, setzen sich jedoch im Gegenzug über Regeln und Verbote hinweg. Autoritäten erkennen sie nicht an, stattdessen halten sie sich an einen selbst auferlegten Kodex und ergötzen sich an anarchischen Pyroshows. Wer die Gefolgschaft in der Kurve verweigert, wird eingeschüchtert und mundtot gemacht.

    Was also tun? Zunächst müssen Bundesligisten einsehen, dass Auseinandersetzungen außerhalb des Stadions sie ebenso tangieren wie innerhalb ihrer Wände. Klubs müssen Grenzen und Zeichen setzen, müssen Rufschädiger zur Rechenschaft ziehen, müssen den Staat stärker unterstützen und müssen ihre sozialen Aktivitäten im Problemviertel intensivieren.

    Zwingend erforderlich sind zudem härtere Strafen. 100 000 Euro wegen schändlicher Spruchbänder schmerzen einen Champions-League-Achtelfinalisten wie den BVB nicht. Ebenso wenig wie die leere Südtribüne – schließlich verbleiben 57 000 Zuschauer. Friedfertige Stadiongänger pauschal auszuschließen, wirkt ungerecht, ist jedoch nötig, um Zivilcourage zu fördern. Schweigen und Duldung bestärken Minderheiten in ihrem Tun.

    Dass das Fußball-Gewalt-Problem trotzdem schwer zu lösen ist, verdeutlicht das Beispiel England. Um Hooligans auszugrenzen, hat die Liga einst Stehplätze abgeschafft. Bei der EM in Frankreich wüteten dennoch englische Gewalttäter mit Gesinnungsgenossen aus ganz Europa.

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