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Olympia 2022: Den dümmsten Zeitpunkt für Werben um Olympia erwischt?

Olympia 2022

Den dümmsten Zeitpunkt für Werben um Olympia erwischt?

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    Die Mehrheit derer, die an die Wahlurnen gingen, haben das „Nein“ angekreuzt. Eine Entscheidung, die für Diskussionsstoff sorgt.
    Die Mehrheit derer, die an die Wahlurnen gingen, haben das „Nein“ angekreuzt. Eine Entscheidung, die für Diskussionsstoff sorgt. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Herr Hörmann, Sie haben eine Nacht darüber geschlafen. Ist die Enttäuschung etwas gewichen – oder sind Sie immer noch sehr überrascht, dass der Bürgerentscheid zur Olympia-Bewerbung 2022 so klar abgelehnt wurde?

    Hörmann: Die Enttäuschung ist natürlich da. Aber wenn das Ergebnis ein Gutes hat, dann, dass wir nicht irgendwie knapp oder nur in einer Kommune verloren haben. Wenn an allen vier Standorten eine Kontrastimmung da ist, dann muss man einfach konstatieren, es macht keinen Sinn. Da ist mir die klare Form der Entscheidung viel lieber. Und es ist auch gut, dass es frühzeitig und deutlich auf den Tisch kommt. Es wäre noch viel ärgerlicher oder schwieriger gewesen, wenn man mit Kraft, Zeit und Geld das Thema Bewerbung bearbeitet hätte – und dann während des Bewerbungsverfahrens bei den klassischen Befragungen des IOC hätte feststellen müssen: Wir haben in der Bürgerschaft ja gar nicht das Wohlwollen, das notwendig ist, um so eine Veranstaltung vernünftig durchzuführen und dann mit einem stimmungsvollen olympischen Fest zu krönen.

    Immer wieder ist die Rede davon, dass die Negativschlagzeilen aus Sotschi mit entscheidend gewesen sein sollen . . .

    Hörmann: Ja, eindeutig. So gesehen haben wir den dümmsten und ungünstigsten Zeitpunkt erwischt. Die Schlagzeilen aus Sotschi und Katar, die mit unserem Konzept nichts zu tun hatten, haben das Thema entscheidend überlagert. Wir haben ja genau deshalb einen nachhaltigen Gegenentwurf präsentiert. Mit großteils bestehenden Anlagen, mit großem Wert auf den Umweltschutz. Aber bei Olympia wird dann halt doch alles in einen Topf geworfen. Ich denke, aus dieser Richtung kam der wesentliche Teil der Negativstimmung. Denn die echten Angriffspunkte von vor vier Jahren in Garmisch waren komplett erledigt.

    Welche Fehler haben Sie sich vorzuwerfen?

    Hörmann: Ganz offen, ich kann keinen echten Fehler erkennen. Man hat von Anfang an das Konzept noch naturnaher angepasst und dies auch transparent und klar nach außen kommuniziert, man hat die Gegner an einen Tisch geholt, man hat einen Ethikcode verabschiedet, man ist die Bürgerversammlungen aktiv angegangen – in Garmisch mit mehrmals 400 bis 500 Leuten im Saal. Was will man noch mehr tun?

    Sie haben zum Beispiel erst sehr spät Ihre Überzeugung öffentlich gemacht, dass man mit Olympischen Spielen sogar Geld verdienen könne . . .

    Hörmann: Seit zwei Wochen habe ich gebetsmühlenartig gesagt, dass wir mit den Weltmeisterschaften in Ruhpolding und Garmisch nennenswert Geld verdient und in Oberstdorf 2005 – unter anderen Rahmenbedingungen – zumindest die berühmte schwarze Null geschafft haben. Und dass ich felsenfest davon überzeugt bin, dass man mit gut gemachten Olympischen Spielen in Deutschland Geld verdient hätte. Aber ich glaube, es war am Ende auch gar nicht so eine Frage des Geldes, sondern die Gesamtgemengelage war einfach ungünstig.

    Eine rein hypothetische Frage: Glauben Sie, wäre das Ergebnis anders ausgefallen, wenn ganz Bayern hätte abstimmen dürfen?

    Hörmann: Da kann ich nur nach Umfragen gehen, die zuletzt von einigen Marktforschungsinstituten gemacht wurden. Bayern- und deutschlandweit gab es wohl Zustimmungsquoten von 50 Prozent, die Gegner hatten 25 Prozent, 25 Prozent waren unentschlossen. Es deutet vieles darauf hin, dass die Grundstimmung eine etwas bessere gewesen wäre. Aber dafür gibt es keinen Beweis.

    Sind die Deutschen ein Land der Verhinderer geworden?

    Hörmann: Für mich war eine der interessantesten Erkenntnisse am Sonntagabend, als mir OB Christian Ude die Ergebnisse der einzelnen Wahlbezirke gezeigt hat. Raten Sie mal, wo die größten Gegner herkamen ...

    Wo die Mietpreise steigen könnten . . .

    Hörmann: Eben nicht. Im Gegenteil, in gut situierten Wohnvierteln haben wir am schlechtesten abgeschnitten. Je zufriedener die Leute also sind, desto eher stellen sie sich die Frage: Muss das sein? Brauchen wir das? Macht das Sinn? Dort, wo es einem Familienvater tendenziell an den Geldbeutel gehen könnte, da haben wir eindeutig besser abgeschnitten – nämlich um fünf bis sieben Prozentpunkte als beispielsweise in Bogenhausen oder Schwabing.

    Es hieß, die Ablehnung sei weniger eine Watschn für den deutschen Sport als vielmehr für das IOC. Wann telefonieren Sie mit IOC-Präsident Thomas Bach?

    Hörmann: Selbstverständlich werden wir ein solches Votum sauber analysieren müssen und überlegen, was ist von wem gegebenenfalls zu ändern. Und natürlich werden wir das auch mit Thomas Bach im Detail bereden. Nicht zuletzt hat er ja den ersten Teil der Kampagne mit auf den Weg gebracht und begleitet. Daher muss er ja selbst ein gerüttelt Maß an Interesse haben zu analysieren, woran lag es. Aber noch einmal: Die viel zitierten Knebelverträge des IOC gibt es nicht. Das sind klare Vertragswerke wie bei jeder WM auch. Und wenn einer Partei die eine oder andere Passage nicht gefällt, dann muss man darüber eben verhandeln. Aber egal, jetzt ist’s zu spät dafür . . .

    Am 7. Dezember sollen Sie zum DOSB-Präsidenten gewählt werden. Ist das nicht ein denkbar holpriger Start?

    Hörmann: Ich habe doch von Anfang an gesagt, dass ich meine Bereitschaft zur Kandidatur nicht an Projekte wie Olympia knüpfe. Sonst hätte ich ja anders argumentieren und taktieren müssen. Natürlich spielt im Gesamtkontext die Olympiabewerbung eine wichtige Rolle, das will ich gar nicht bagatellisieren. Aber es war eben nur ein Projekt von vielen. Für all die anderen wird zwar jetzt der olympische Rückenwind ein wenig fehlen, aber da heißt es Ärmel hochkrempeln und das Beste daraus machen. Gestern wurde ich gefragt, um wie viel Prozent die neue Aufgabe jetzt schwieriger wird für mich. Erstens kann ich das nicht berechnen – und zweitens ist es auch besser so. Wenn ich mir jetzt schon Gedanken machen würde, welche Auswirkungen das jetzt haben könnte, dann würden mir unter Umständen die Kraft und die Überzeugung fehlen, so ein Amt überhaupt anzutreten und dann erfolgreich auszuüben.

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