Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Fußball: Die Ewige Stadt verabschiedet ihren letzten König Francesco Totti

Fußball

Die Ewige Stadt verabschiedet ihren letzten König Francesco Totti

    • |
    Die Spieler der AS Rom ehren zum Abschied ihren Kapitän Francesco Totti.
    Die Spieler der AS Rom ehren zum Abschied ihren Kapitän Francesco Totti. Foto: Alessandra Tarantino (dpa)

    Die Spieler und Betreuer des AS Rom bildeten ein Spalier. 60.000 Zuschauer im Olympiastadion erhoben sich und hielten gelbe und rote Kartons in die Luft, mit seinem Nachnamen und der Nummer 10. Dann tauchte Francesco Totti auf. Langsam durchschritt er das Stadion, die Ehrenrunde, die der Kapitän, begleitet von seiner Frau und seinen drei Kindern, nach dem letzten Spiel für den AS durch sein Stadion drehte, dauerte eine gefühlte Ewigkeit. Und überall tränenüberströmte Gesichter. Auch Totti musste mehrfach seinen heroisch-traurigen und von Kinomusik untermalten Marsch unterbrechen, so gerührt war er.

    Selten, vielleicht noch nie, hat ein Stadion einem Fußballer eine derartige Demonstration der Zuneigung gewährt. Am Sonntagabend nach dem Spiel gegen den CFC Genua endete die Liebesgeschichte zwischen Totti und dem AS Rom. Das heißt, sie endete natürlich nur vorläufig, Totti wird über Jahrzehnte hinweg der Maßstab beim AS Rom bleiben. Ab der kommenden Saison soll sein auf sechs Jahre angelegter Vertrag als Mitglied im Vereinsmanagement in Kraft treten, aber wie schwer den Liebenden die Abnabelung fällt, war im Stadion mit Händen zu greifen.

    Als Totti geht, weint das Stadion

    Totti è la Roma, Totti ist der AS Rom, hatten die Tifosi auf Transparente in der Südkurve gepinselt. Die Frage, auf die noch niemand eine Antwort hat, ist, welche Folgen das Ende dieser Symbiose für beide Seiten hat. Das Tränenmeer im Stadion zeugte von der Bedeutung Tottis für den AS Rom, aber auch von der familiären Zuneigung, die selbst fußballferne Römer dem berühmtesten Kicker der Stadt entgegenbringen. Totti selbst gestand in seiner Abschiedsrede: Ich habe Angst. Seine seit 25 Spielzeiten andauernde Existenz als Galionsfigur des Hauptstadtklubs, aber auch der Stadt insgesamt, ist nun nach einem Spiel plötzlich zu Ende. Dass Totti rechtzeitig das Ende seiner Karriere selbst bestimmt hätte, wäre ein Zeichen kühler Rationalität gewesen, die das Verhältnis des Spielers zu seinem Publikum konterkariert hätte. Totti, der in 786 Spielen für den AS Rom 307 Treffer erzielte, wollte trotz verlockender Angebote aus Mailand oder Madrid nie von zu Hause weg, obwohl er dort wohl wesentlich mehr als eine italienische Meisterschaft (2001) und zwei Pokalsiege (2007, 2008) hätte gewinnen können.

    Stattdessen lagen in seinem monumentalen Abgang auch die Züge einer selbst verschuldeten Demütigung. Totti, der 2006 mit Italien Weltmeister wurde, wollte nicht aufhören, obwohl er als 40-Jähriger selbst um seine körperlichen Limits gewusst haben muss. Ich habe gehofft, dass dieser Moment nie eintritt, gestand der Roma-Kapitän. Weil er selbst den Absprung nicht schaffte, wurde es in den letzten Jahren melodramatisch. Trainer Luciano Spalletti, der am Sonntagabend gellende Pfiffe zu hören bekam, setzte den Stürmer nur noch sporadisch ein, manchmal nur wenige Minuten vor Schluss. Eine Geste, die der Spieler und sein Volk als Demütigung empfanden.

    "Du warst ein Traum"

    Gegen Genua genehmigte Spalletti Totti immerhin 40 Minuten Spielzeit, die zwar nicht zu wesentlichen Aktionen führten. Der AS Rom gewann in buchstäblich letzter Minute aber noch 3:2 (1:1) und sicherte sich so die direkte Qualifikation für die Champions League. „Rom weint um seinen letzten König“, schrieb La Repubblica am Dienstag. „Du warst ein Traum“, titelte der Corriere dello Sport und beschrieb damit treffend die Bedeutung Tottis für Rom und seinen Klub. In einer Stadt, die wie keine andere Metropole auf der Welt von ihrer Vergangenheit zehrt, bescherte dieser Fußballer den Menschen die Illusion einer immer noch großartigen Gegenwart. Dass er nun gegangen ist, muss bei allen Beteiligten einen Kater verursachen. Ob der Monate, Jahre oder gar eine Ewigkeit anhält, ist heute nicht zu sagen.

    Lesen Sie auch:

    Roma-Star Totti vor letztem Match

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden