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"Ein Spiel und seine Geschichte": FC Bayern gegen Manchester: Die Mutter aller Niederlagen

"Ein Spiel und seine Geschichte"

FC Bayern gegen Manchester: Die Mutter aller Niederlagen

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    Kurz vor der Ziellinie: Die geschlagenen Bayern Scholl, Kahn und Tarnat im verlorenen Champions-League-Finale 1999 gegen Manchester United.
    Kurz vor der Ziellinie: Die geschlagenen Bayern Scholl, Kahn und Tarnat im verlorenen Champions-League-Finale 1999 gegen Manchester United. Foto: dpa

    Der schlimmste aller Albträume eines Fußball-Berichterstatters geht so: Er sitzt in einer tobenden Masse, deren Brüllen und Stöhnen ihm jeden Gedanken raubt. Das Spiel hat spät begonnen. Anpfiff 20.45 Uhr. Ein später Beginn ist für den Albtraum wichtig. Die Druckmaschinen im Zeitungshaus brüllen bereits gierig nach dem Artikel. Schlusspfiff – und ab mit dem Text.

    Das Gute im vorliegenden Albtraum: Die 90. Minute läuft und es steht 1:0 für den FC Bayern. Das Schlimmste, was noch passieren könnte, wären Ausgleich und Verlängerung. Dass in der Nachspielzeit das Spiel komplett kippt – bis zu jenem 23. Mai 1999 in Barcelona war es nur ein Albtraum. An diesem Tag ist er wahr geworden.

    Es ist das letzte große Finale für Lothar Matthäus

    Bayern München gegen Manchester United, eine wunderbare Paarung für ein Champions-League-Finale. 98.000 Zuschauer. Montserrat Caballé füllt die Arena mit "Barcelona", Hymne der Olympischen Spiele von 1992. Auf der Videowand erscheint ihr verstorbener Duettpartner Freddie Mercury, singt: "I want all the world to see a miracle sensation." Der Wunsch erfüllt sich. Sechste Minute, Freistoß für den FC Bayern. Mario Basler legt sich den Ball zurecht. Augenblicke später schlägt er im ManU-Netz ein. Später klopft die Kugel noch zweimal ans Manchester-Gehäuse. Die Bayern haben alles im Griff, den Triumph vor Augen. Es ist das letzte große Finale für Lothar Matthäus.

    Zehn Minuten vor Spielschluss verlässt der 38-Jährige erschöpft und angeschlagen den Platz. Ob er wollte oder musste, oder alles nur ein Wechsel-Missverständnis mit Trainer Ottmar Hitzfeld war – darüber gehen die Meinungen später weit auseinander.

    ManU bringt den Norweger Solskjaer, einen ausgewiesenen Joker. Drei Minuten Nachspielzeit. Auf der Bayern-Bank laufen die Vorbereitungen für den Schlusspfiff. Trikots und Mützen mit der Aufschrift "Champions-League-Sieger 1999 – FC Bayern München" werden verteilt.

    Noch ein Eckball von Beckham. Kahn wird ihn schon herunterpflücken. Aber die Kugel hüpft ihre eigenen Wege, landet bei Sheringham und der gleicht aus. Die Arena bebt. Derweil legt sich Beckham wieder den Ball zum Eckstoß zurecht. Dann sticht der Joker. Solskjaer - 2:1, 94. Minute. Sammy Kuffour sinkt weinend ins Gras, während der englische Kommentator brüllt: "Manchester United have reached the promised land."

    Scholl schimpft über Matthäus: "Immer, wenn es eng wird, verpisst der sich"

    Auf den Presseplätzen werden zehntausende Zeilen Text in Sekunden gelöscht. Während die Geschichte des Spiels unter dem Titel "Die Mutter aller Niederlagen" neu erzählt wird, fallen die Verlierer übereinander her. "Immer, wenn es eng wird, verpisst der sich", schimpft Mehmet Scholl über Lothar Matthäus. Thomas Helmer, der den Abend nur auf der Bank verbrachte, streckt Hitzfeld den Mittelfinger entgegen. Erst das nächtliche Bankett beruhigt die Gemüter wieder. Zickler, Scholl und Basler singen Wolfgang Petrys: "Wahnsinn, warum schickst Du mich in die Hölle."

    In dieser Serie erinnern wir an außergewöhnliche Spiele deutscher Fußballmannschaften.

    Teil 1 finden Sie hier: Gladbachs historischer 12:0-Sieg hat einen historischen Verlierer

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