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Eishockey-WM: Frederik Tiffels: Deutschlands unbekannter Eishockey-Held

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Frederik Tiffels: Deutschlands unbekannter Eishockey-Held

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    Frederik Tiffels sicherte dem DEB-Team mit seinem verwandelten Penalty gegen Lettland den Einzug ins Viertelfinale. Jetzt wartet Kanada.
    Frederik Tiffels sicherte dem DEB-Team mit seinem verwandelten Penalty gegen Lettland den Einzug ins Viertelfinale. Jetzt wartet Kanada. Foto: Monika Skolimowska, dpa

    Erfrischend ehrlich, fast schüchtern gibt sich Frederik Tiffels im Salon 15/Bonn des Maritim-Hotels in Köln. Einen Tag nach seinem großen Auftritt bei der Eishockey-WM in Köln muss der junge Stürmer viele Fragen beantworten. Ob er den Erfolg schon realisiert, ob man ihm schon gratuliert und welche Freundin er hat. Der Rummel um seine Person ist neu für ihn: „Völlig locker mache ich das nicht. Es ist ein ungewohntes Gefühl. Aber schön.“ Mit seinem verwandelten Penalty hat ein Aufsteiger in der deutschen Nationalmannschaft den Gastgebern das Turnier gerettet. Tiffels traf als einziger Schütze zum 4:3 gegen Lettland in einem Spiel, das alles bot, was diesen Sport auszeichnet. Dramatik, irre Wendungen, ein Ausgleich Sekunden vor Schluss und schließlich Jubel.

    Selbst Marco Sturm, der über 1000 NHL-Spiele bestritten hat, schwärmte: „Wer heute nicht begeistert war, bei dem weiß ich auch nicht. Eishockey ist einfach ein geiler Sport.“ Der auch im Fernsehen zieht. Im Schnitt sahen 1,42 Millionen Zuschauer das Match in Sport1, und im Penaltyschießen steigerte sich die Zahl auf 2,28 Millionen Menschen.

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    Das Drehbuch war fast schon kitschig. Deutschland ging durch David Wolf und Dennis Seidenberg in Führung, wobei der erste Treffer irregulär war, wie die Fernsehbilder später zeigten. Dem Tor war ein Abseits vorangegangen. Danach vertraute die deutsche Mannschaft zu sehr auf den starken Torhüter Philipp Grubauer und geriet 2:3 in Rückstand. Zwei Minuten vor Schluss leistete sich Lettland eine Strafzeit, Bundestrainer Sturm nahm im Powerplay noch seinen Torhüter vom Eis und in 6:4-Überzahl gelang der Ausgleich. Felix Schütz drückte 33 Sekunden vor Schluss den Puck zum 3:3 über die Linie. Frenetischer Jubel in der mit 18700 Zuschauern ausverkauften Lanxess-Arena. Nach der torlosen Verlängerung folgte die große Tiffels-Show.

    Alle fünf Schützen waren gescheitert, auch die deutschen Stars Leon Draisaitl und Dominic Kahun. Dann lief der Niemand von der Western-Michigan-Universität an. „Ich habe zwei Varianten im Kopf, eine hat funktioniert“, schildert Frederik Tiffels die entscheidende Szene. Mit dem 4:3 nach Penaltyschießen steht Deutschland im Viertelfinale am heutigen Donnerstag (20.15 Uhr/live in Sport1). Gegner ist der Weltmeister Kanada. „In einem Spiel ist alles möglich“, sagt Tiffels, der die schwere Aufgabe leicht nimmt: „Ich genieße jeden Tag hier bei der WM.“

    Schließlich sei Köln seine Heimat. Die Eltern kauften sich früher Dauerkarten für die Kölner Haie, im Eisstadion an der Lentstraße ging der junge „Tiffi“ in die Laufschule. Beim Kölner EC wuchs er zusammen mit Leon Draisaitl auf, beide Jahrgang 1995. Über den Nachwuchs in Krefeld und Mannheim ging Frederick Tiffels schließlich nach Nordamerika. Wer es im Eishockey nach ganz oben schaffen will, muss sich in den Juniorenligen jenseits des Atlantiks durchbeißen. Angesichts seines Talents boten mehr als zehn Universitäten dem jungen Deutschen ein Stipendium an. Der gebürtige Kölner entschied sich für Wirtschafts-Ökonomie an der Michigan State.

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    Die Vertragsrechte sicherte sich der NHL-Klub Pittsburgh. In den Computern der nordamerikanischen Talentspäher ist der 21-Jährige längst abgespeichert, vor der WM fragten jedoch selbst deutsche Nationalspieler: Frederik Wer? „Ehrlich gesagt, kannte ich ihn bis vor kurzem gar nicht“, gestand Felix Schütz vor dem Turnierstart. Marco Sturm bewies, dass für ihn nicht der Name zählt. Gegen Lettland saß der gestandene Nationalstürmer Philip Gogulla nur auf der Tribüne.

    Auch im Penaltyschießen setzte der Bundestrainer auf den Center, gegen den Widerstand seines Co-Trainers Geoff Ward. „Ich habe Tiffi vertraut, das war schon sensationell“, lobte Sturm. In der entscheidenden Szene gab der Niederbayer drei unbekümmerten 21-Jährigen das Vertrauen. Als Letzter lief Tiffels auf Elvis Merzlikins zu und schob dem Torwart den Puck zwischen die Beine. Noch hat der Nationalspieler keinen Profivertrag, doch seine WM-Auftritte werden auf dem Weg zum Berufsspieler helfen: „Ich glaube schon, dass die WM mir einen Schub gibt, und sei es nur vom Selbstvertrauen her“, beantwortet Tiffels die Fragen in Raum 15 des Maritim. Ja er hat eine Freundin, die aus der Dominikanischen Republik kommt. Ja, Kölner Schulkameraden haben ihm gratuliert. Und ja, so langsam realisiere er seinen Erfolg.

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