Experten sind Fachleute. Es liegt in der Natur der Sache, dass sie auch als Schlaumeier und Klugscheißer wahrgenommen werden können. Almuth Schult, Stefan Kuntz und Kevin-Prince Boateng (ARD) sowie Per Mertesacker und Christoph Kramer (ZDF) scheinen sich dieser Gefahr durchaus bewusst zu sein.
Anders als Taktik-Nerd Peter Hyballa (ZDF), der gern zum Dozieren neigt, klingt der Austausch zwischen den beiden Experten-Teams im Grunde nicht anders als viele Fan-Gespräche: Vor dem Spiel stochern sie im Nebel, nach dem Abpfiff bewerten sie ihre eigenen Erwartungen und Spekulationen, weshalb nach der Partie Portugal gegen Deutschland gleich mehrfach zu hören war "Wie wir vor dem Spiel gesagt haben…".
Almuth Schult ist fachkundig und überraschend locker
Zum Abschluss der Gruppenphase lässt sich ein erstes Fazit ziehen: Boateng ist braver als erwartet, Kuntz bietet die erhofften Einblicke in die Denkweise eines Nationaltrainers, Schult ist eine sehr positive Überraschung; nicht, weil ihr der nötige Sachverstand nicht zuzutrauen gewesen wäre, sondern weil frühere Expertinnen oft gehemmt wirkten.
Bastian Schweinsteiger ist dagegen immer noch auf der Suche nach der richtigen Rolle. Vermutlich würde er am liebsten nur über Fußball reden, aber manchmal lässt er sich auch auf Jessy Wellmers Flirtmodus ein. Beim ZDF ist Per Mertesacker wie einst als Innenverteidiger ein sachlicher Fels in der Show-Brandung.
Am erfrischendsten ist Christoph Kramer, zumal er sich jene Unbeschwertheit bewahrt hat, die ihn schon während der WM 2018 auszeichnete. Das 4:2 ist auch ein bisschen sein Verdienst: weil er Jogis Jungs am Vorabend des Spiels mit einem enthusiastischen Motivationsappell regelrecht zum Sieg geredet hat.