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Handball-EM 2020: Jetzt weiß auch der Handball-Bundestrainer, wie Kastening heißt

Handball-EM 2020

Jetzt weiß auch der Handball-Bundestrainer, wie Kastening heißt

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    Timo Kastening machte gegen Weißrussland ein ganz starkes Spiel.
    Timo Kastening machte gegen Weißrussland ein ganz starkes Spiel. Foto: Robert Michael, dpa

    So etwas konnte ja nur einer sagen, der 2,03 Meter groß ist. „Man sieht ihn nicht“, scherzte Hendrik Pekeler, der Hüne aus dem Abwehrzentrum der deutschen Handball-Nationalmannschaft, als er über Timo Kastening sprach. Und auch bei Kapitän Uwe Gensheimer hörte sich das so an: „Der Timo schleicht sich mit seinen 1,50 Metern raus und klaut die Bälle.“ Zur Ehrenrettung von Kastening sei gesagt, dass er beileibe kein Zwerg ist, immer noch 1,80 Meter misst und durch seine Sechs-Tore-Gala beim 31:23-Sieg in der EM-Hauptrunde über Weißrussland ganz groß rauskam. Der Linkshänder ist vor dem richtungsweisenden Duell gegen Kroatien am Samstag (20.30 Uhr/ZDF) plötzlich in aller Munde. Und nachdem Bundestrainer Christian Prokop im ersten Turnierspiel gegen die Niederlande in der Auszeit noch vergessen hatte, wie der Rechtsaußen überhaupt heißt, machte sich Kastening beim Erfolg über Weißrussland ganz einfach einen Namen.

    „Das war ein perfekter Tag. Ich freue mich, dass ich Spielzeit bekomme und die auch nutzen kann“, sagte der 24-Jährige, der in diesen EM-Tagen herrlich unverstellt und frisch daherkommt. Nur groß feiern wollte er seinen Auftritt und den Sieg dann doch nicht: „Ein kaltes Bier geht zwar immer, aber diesmal wird das nichts. Nach dem Essen gibt es einen schönen Kaffee.“ Diese Tradition hat er von seinen slowenischen und spanischen Teamkollegen beim Bundesligisten TSV Hannover-Burgdorf übernommen, mit denen er im Verein viel Zeit verbringt. Und auch in Wien, der Stadt mit der berühmten Kaffeehauskultur, geht er schon einmal vor die Tür, um irgendwo eine Melange zu trinken.

    Handball-EM 2020: Kastening überzeugt nicht nur im Angriff, sondern auch in der Abwehr

    Gegen Weißrussland rückte der Linkshänder nicht nur wegen seiner sechs Treffer bei sechs Versuchen in den Mittelpunkt. Ihn auf seine Abschlussstärke zu reduzieren, wäre ganz und gar falsch. Er gab der deutschen Mannschaft nämlich viel mehr als ein halbes Dutzend Tore. Die wurden zwar im Fernsehen gezeigt und seine Statistiken veröffentlicht, aber es waren viele andere Dinge, die ihn an diesem Abend so besonders machten.

    Seine Geistesgegenwart in der Abwehr, in der er seinen Job so aufmerksam verrichtete wie ein Physikstudent, der den Worten eines Nobelpreisträgers lauscht. Dazu kamen seine Gedankenschnelligkeit im Umschaltspiel und vor allem dieser Tatendrang, diese Energie, mit der er von der ersten Minute all seine Kollegen mitriss. „Timo ist völlig frei, der macht sich keinen Kopf“, meinte DHB-Vize Bob Hanning über den Mann, der sich aber durchaus seine Gedanken macht – und zwar vor dem Spiel. Tapeband klebt um seine Handgelenke, auf denen stets ein paar Notizen stehen. Es sind Gedächtnisstützen und Tipps, die er sich immer wieder in Erinnerung ruft und die ihm auch gegen Weißrussland halfen: „Da stand drauf, dass der Mittelmann den Ball mit der linken Hand auf die Außenposition spielt, wenn er selbst tief ins Zentrum geht. In diesen Momenten gibt mir das die Möglichkeit, den Ball zu klauen.“

    Handball-EM 2020: Der Rechtsaußen gibt in der Kabine den Ton an

    Und genau das machte Kastening. Drei Mal. Ganz einfach, weil er wusste, was gleich beim Gegner passiert. Die Folge: Längst genießt Kastening einen Stammplatz-Status, was ja durchaus eine Geschichte dieses Turniers ist. Der Hannoveraner galt auf seiner Position als personifizierte Zukunft – nun beginnt diese Zeitrechnung früher als erwartet. Denn vor der EM sprachen alle über Tobias Reichmann, den Rückkehrer auf Rechtsaußen. Jetzt sprechen alle über Kastening, den Senkrechtstarter auf Rechtsaußen, der in der Hierarchie auch den diesmal nicht nominierten Patrick Groetzki von den Rhein-Neckar Löwen hinter sich gelassen und noch dazu dessen Job als Kabinen-DJ der Nationalmannschaft übernommen hat.

    „Jeder feiert Guns n’ Roses, Metallica oder 50 Cent vorm Spiel. Also ist das eigentlich gar nicht so schwer. Die anderen dürfen Wünsche hinterlegen, aber ich versuche dann schon zu gucken, dass es auch passt“, machte ein glücklicher Kastening nach einem Interview-Marathon in der Wiener Stadthalle deutlich, dass die Entscheidungshoheit über die Songs bei ihm liegt. Bislang erfüllt er seine Aufgabe ganz gut, Gensheimer hat auf jeden Fall „nichts zu meckern“ – und auch bei Kastening sind noch keine Beschwerden angekommen. Offenbar hat er sich also auch als DJ einen Namen gemacht.

    Mehr Informationen zur Handball-EM 2020:

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