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Glosse: Herrscht demnächst eine Form von Anarchie auf dem Fußballplatz?

Glosse

Herrscht demnächst eine Form von Anarchie auf dem Fußballplatz?

Johannes Graf
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    BVB-Trainer Marco Rose war bei der Partie gegen Mönchengladbach mächtig bedient.
    BVB-Trainer Marco Rose war bei der Partie gegen Mönchengladbach mächtig bedient. Foto: Bernd Thissen, dpa

    Worte mögen mit der Zeit in Vergessenheit geraten, Bilder hingegen brennen sich unlöschbar in Hirne ein. Die Wirkung von Gestik und Mimik sollte daher niemand unterschätzen. Obendrein vermittelt diese Form der nonverbalen Kommunikation eher klare denn versteckte Botschaften. Ein Mittelfinger, dessen Spitze gen Himmel deutet, oder ein Zeigefinger, der sanft gegen die Schläfe klopft, lassen wenig Spielraum für Interpretationen. Jeder weiß: Federvieh statt Synapsen zwischen den Ohren werden dem Adressaten wenig schmeicheln.

    Videobeweis: Marco Rose sah ein, dass der Schiedsrichter recht hatte

    Nicht minder eindeutig war Mahmoud Dahouds Armbewegung in der Partie zwischen den Borussias aus Dortmund und Mönchengladbach. Der verwarnte Mittelfeldspieler des BVB hatte den Gladbacher Joseph Scally zu Fall gebracht. Deutlicher hätte er Schiedsrichter Deniz Aytekin kaum zeigen können, wie wenig er von dessen Foul-Pfiff hielt. Statt Einsicht abfälliges Abwinken. Hinzu kam, dass Aytekin wenige Minuten zuvor Dahouds Mitspieler Raphael Guerreiro ermahnt hatte. Warum? Sie ahnen es: Weil Guerreiro abgewunken hatte. Aytekin stellte Dahoud also regelkonform mit Gelb-Rot vom Platz.

    BVB-Trainer Marco Rose war bei der Partie gegen Mönchengladbach mächtig bedient. Sein Spieler Mahmoud Dahoud zeigte beim Foul-Pfiff von Schiedsrichter Deniz Aytekin obendrauf abfälliges Abwinken statt Einsicht.
    BVB-Trainer Marco Rose war bei der Partie gegen Mönchengladbach mächtig bedient. Sein Spieler Mahmoud Dahoud zeigte beim Foul-Pfiff von Schiedsrichter Deniz Aytekin obendrauf abfälliges Abwinken statt Einsicht. Foto: Bernd Thissen, dpa

    Dortmunds Trainer Marco Rose sah nach Studium der Videobilder ein, dass der Schiedsrichter in der Sache recht gehabt hatte. Abwinkende Spieler hätten auch bei ihm einen schweren Stand, meinte er. Rose konnte es aber nicht lassen, noch einen Hinweis zu geben. Würden künftig Schiedsrichter den Aytekin‘schen Maßstab anlegen, hätte dies in den kommenden Wochen unzählige Karten und Platzverweise zur Folge. Das erinnert an einen Vergleich, den Spieler und Verantwortliche heranziehen, wenn ein Trikotziehen bestraft wird. Sinngemäß: Ist das ein Elfmeter, haben wir 50 an einem Spieltag.

    Mehr Anarchie? Mahmoud Dahoud sollte sich das Abwinken abgewöhnen

    Grundsätzlich ein interessanter Ansatz. Verwirkt die Häufigkeit einer Tat oder eines Ereignisses die Unrechtmäßigkeit? Sollten die Unparteiischen Regelwidrigkeiten künftig ungeahndet lassen, weil sie ständig auftreten? Herrscht demnächst sogar eine Form von Anarchie auf dem Platz? Weil: Wenn Abseitstore wiederholt auftreten, müssen sie nicht zwingend aberkannt werden. Wenn Stürmer permanent Schwalben produzieren, ist das lediglich ein Weg zum Torerfolg. Wenn nicht nur Torhüter die Hand zu Hilfe nehmen, erweitern die Feldspieler lediglich ihr Repertoire an Möglichkeiten zur Ballmitnahme.

    Weitaus wahrscheinlicher: Dahoud und Co. werden sich das Abwinken abgewöhnen und auf die Liste verbotener Gesten setzen. Direkt neben das Vögelchen und den Stinkefinger.

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