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Pechstein: Krise und Kampflaune - Vision Olympia

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Pechstein: Krise und Kampflaune - Vision Olympia

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    Pechstein: Krise und Kampflaune - Vision Olympia
    Pechstein: Krise und Kampflaune - Vision Olympia Foto: DPA

    Es gilt das weitere Vorgehen im juristischen Tauziehen zu besprechen. Ihr Ruf ist zerstört, die finanzielle Basis ihre Zukunft gerät ins Wanken, nachdem sie der Verband aus der Förderung strich und erwartungsgemäß auch der erste Sponsor sich abwendete. Die Deutsche Kreditbank (DKB) kündigte ihr die Zusammenarbeit auf "Grundlage geltender Verträge", bestätigte eine Pressesprecherin.

    Wenigstens ihr Hauptsponsor ("Grabower Süßwaren") hielt zur fünfmaligen Olympiasiegerin. "Wir werden den Vertrag demonstrativ verlängern", verriet Pressesprecher Matthias Dickmann der dpa und geht trotz Sperre weiter von der Unschuldsvermutung aus. Pechsteins Job bei der Bundespolizei wird - wie von Innenminister Thomas de Maiziere angekündigt - dagegen in einem Disziplinarverfahren infrage gestellt.

    Pechstein selbst nutzte den Tag nach dem Desaster erneut die Möglichkeit, ihren Kritikern kräftig die Leviten zu lesen. Zu diesen gehört seit der Verkündung des Urteilsspruchs durch den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) auch der oberste deutsche Sportfunktionär Thomas Bach. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), der bisher stets von der Unschuldsvermutung ausgegangen war, hatte sie "zur umfassenden Aufklärung" aufgefordert. "Die Hintermänner müssen bestraft werden", hatte Bach betont und damit bei der fünfmaligen Olympiasiegerin einen heftigen Protest ausgelöst. "Wenn's nicht so traurig wäre, könnte ich mich kaputtlachen. Hintermänner! Was für Hintermänner? Wenn ich nicht gedopt habe, kann es auch keine Hintermänner geben! So einfach ist das", erklärte sie auf ihrer Homepage "www.claudia-pechstein.de".

    Nach der ersten Nacht als "verurteilte Dopingsünderin" fühle sie sich "völlig irreal. Seit 10 Monaten ist es so, als lebe ich im Moment gar nicht mein eigenes Leben, sondern wäre Teil eines Films", versuchte sie, ihre Situation zu schildern. "Es ist unglaublich schwer, die eigene Gefühlslage zu beschreiben. Mal ist es Ohnmacht, mal Kampfeslust." Ohnmächtig sei sie gegenüber einigen Funktionärs-, Experten- oder Pressemeinungen. Kampfeslustig, weil sie unmöglich akzeptieren könne, was sie an Ungerechtigkeit ertragen müsse.

    Im juristischen Prozedere vor dem Schweizer Bundesgericht geht es für Pechstein nun schon wieder um alles, aber vor dem Zivilgericht können nur noch Verfahrensfehler reklamiert werden. Sicher wissen aber auch ihre Anwälte, dass in den 25 Jahren der CAS-Existenz bisher nur zwei Urteile von diesem Zivilgericht gekippt worden sind. 2007 zog der argentinische Tennis-Profi Guillermo Canas gegen einen CAS- Richterspruch ebenso erfolgreich zu Felde wie unlängst der deutsche Ex-Eishockey-Nationalspieler Florian Busch.

    Welche Verfahrensfehler sie reklamieren wollte, hatte Pechstein schon vor dem CAS-Urteil angedeutet. Die 37-Jährige kann nicht verstehen, warum die sie angeblich entlastenden Gutachten von Rasmus Damsgaard und Walter Schmidt vom CAS nicht zugelassen worden waren. Sie sei gespannt, ob die Umkehr der Beweislast auch vor dem Zivilgericht aufrechterhalten werde.

    Selbst vom Thema Olympia hat sich Pechstein nach wie vor nicht verabschiedet. Vision oder Illusion? - Entscheiden wird darüber das Schweizer Bundesgericht. Und dabei läuft ihr die Zeit davon. Ihr Ziel ist, nach der endgültig verpassten Olympia-Qualifikation über den Weltcup, bis zur EM am 8. bis 10. Januar 2010 eine einstweilige Starterlaubnis vom Gericht zu erhalten. Die EM findet in Hamar statt. Ausgerechnet wieder in Hamar, wo sie mit erhöhten Werten am 8. Februar aus dem Verkehr gezogen wurde, aber 1994 bei Olympia und 1996 bei der WM ihre ersten Titel erkämpft hatte.

    Auf die Hilfe des Verbandes kann Pechstein hingegen nicht mehr zählen. "Wir können ihr auf ihrem weiteren juristischen Weg nicht mehr folgen. Für uns ist der Kampf zu Ende. Auch wenn wir sie moralisch natürlich weiter ermutigen und sie nicht fallenlassen wie eine heiße Kartoffel", sagte DESG-Präsident Gerd Heinze. Der Verband wird nach dem schon rund 100 000 Euro teuren Engagement als Drittpartei in dem Präzedenzfall genug weitere Probleme bekommen, denn der Vertrag mit Hauptsponsor DKB läuft spätestens nach der Saison aus. Die DKB-Sprecherin wollte zu diesem Kontrakt zwar nicht Stellung nehmen, doch es gilt als sicher, dass er nicht verlängert wird. "Man muss auch versuchen, die Partner zu verstehen", sagte Heinze. "Wir können das nur wenig beeinflussen."

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