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TV-Kritik: "Sportschau Thema": Verloren im Großraumstudio

TV-Kritik

"Sportschau Thema": Verloren im Großraumstudio

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    Die Sportschau-Moderatorin Jessy Wellmer präsentiert das neue ARD Sport-Talk-Fornat Sportschau Thema.
    Die Sportschau-Moderatorin Jessy Wellmer präsentiert das neue ARD Sport-Talk-Fornat Sportschau Thema. Foto: ARD

    Die ARD hat die Bundesliga-freie Zeit genutzt, um ein neues Format einzuführen: "Sportschau Thema" soll sich in einer Stunde Sendezeit "einem übergeordneten Sportthema von besonderer Relevanz" widmen, so der Sender in einer Eigenauskunft. Das Format soll eine Mischung aus Talkrunde und Reportage sein. In der Premierenausgabe, die am Samstag ab 18.30 Uhr – die klassische

    Zu Gast waren der ehemaligen Fußball-Nationaltorhüter René Adler, der zweimaligen Ironman-Weltmeister Jan Frodeno, Sprinterin Gina Lückenkemper und Sportpsychologe Jan Mayer von der TSG Hoffenheim. Moderiert wurde die Sendung durch Jessy Wellmer vom Moderatoren-Team der Sportschau.

    Gina Lückenkemper berichtet von ihrem Filmriss bei der Leichtathletik-EM

    Die drei Spitzensportler berichteten von den Drucksituationen, denen sie sich in ihrer Karriere bisher ausgesetzt waren. Die 22-jährige Lückenkemper etwa berichtete, dass sie von ihrem 100-Meter-Lauf bei der Leichtathletik-EM 2018 keinerlei Erinnerungen mehr habe: "Da hatte ich einen kompletten Filmriss." Frodeno berichtet von dem übermäßigen Druck, den er sich nach seinem Olympiasieg 2008 gemacht habe und Adler sieht den doppelten Rippenbruch vor der WM 2010 als Alarmsignal seines Körpers. Der 34-Jährige, der wegen seiner Verletzungsanfälligkeit erst kürzlich seine Karriere beendet hat, führt dies auf seinen Willen zurück, sich selbst zu schinden: "Ich glaube, dass meine mentalen Fähigkeiten um ein Vielfaches stärker sind als mein Körper."

    Hier diskutieren der zweimaligen Ironman-Weltmeister Jan Frodeno, die 100-Meter-Vizeeuropameisterin Gina Lückenkemper, den Sportpsychologen Prof. Dr. Jan Mayer und der ehemaligen Nationaltorhüter René Adler mit Moderatorin Jessy Wellmer.
    Hier diskutieren der zweimaligen Ironman-Weltmeister Jan Frodeno, die 100-Meter-Vizeeuropameisterin Gina Lückenkemper, den Sportpsychologen Prof. Dr. Jan Mayer und der ehemaligen Nationaltorhüter René Adler mit Moderatorin Jessy Wellmer. Foto: ARD

    Moderatorin Jessy Wellmer hakt eine Themenliste ab, anstatt nachzufragen

    Das hört sich alles interessant an – darüber hinaus erfährt man aber nichts. Anstatt nachzuhaken, ist Jessy Wellmer sichtlich darum bemüht, eine Themenliste abzuarbeiten und jedem Gesprächspartner möglichst den gleichen Redeanteil zu gewähren. Wie es zum Beispiel dazu kommen kann, das Lückenkemper nichts mehr von ihrem Lauf zu Silber weiß - darüber bleiben die Zuschauer im Unklaren.

    Die Talkrunde geht nicht in die Tiefe, sondern kratzt an der Oberfläche. Wenn der Sportpsychologe Jan Mayer zu seiner Arbeit bei der TSG Hoffenheim gefragt wird und mit Belanglosigkeiten wie "Wenn die Mannschaft wuschig ist, darf es der Psychologe nicht sein" antwortet, wird der TV-Talk zu einer zähen Angelegenheit. Keinen Gefallen haben sich die Macher von Reinhold Beckmanns Produktionsfirma zudem mit dem Setting getan: Das Großraumstudio ohne Publikum soll modern wirken – stattdessen wirkt die Talkrunde in diesem Ambiente reichlich verloren.

    Die Reportagefilme sind eine Bereicherung

    Eine Bereicherung sind hingegen die Reportagefilme, die die Gesprächsrunde unterbrechen. Dirk Nowitzkis Mentor Holger Geschwindner verrät, wie sich der Spitzensportler auf Drucksituationen vorbereitet – unter anderem, indem er während des Spiels eine Jazzmelodie summt. Die TSG Hoffenheim zeigt, wie Profi-Kicker in ihren mentalen und kognitiven Fähigkeiten geschult werden und eine Familie, deren drei Söhne in drei Leistungszentren von Fußball-Klubs sind, berichtet vom Druck im Jugendfußball. Am Ende kommt Doping-Experte Hajo Seppelt in die Runde hinzu und berichtet, wie Doping und Druck miteinander zusammenhängen.

    Fazit: Weniger wäre hier mehr gewesen

    Das ist alles sehr ambitioniert, sehr viel Stoff. Richtig besprochen werden kann dies in der Kürze der Zeit aber nicht. Anstatt alles anreißen zu wollen, wäre es besser gewesen, wenn die Macher der Sportschau sich auf weniger Gäste und weniger Themengebiete konzentriert hätten. Dann wäre auch mal Zeit für Nachfragen gewesen. Die zweite Ausgabe ist für den 27. Juli um 18:55 Uhr geplant.

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