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Fußball: Tibet-Fahnen stören die Chinesen

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Tibet-Fahnen stören die Chinesen

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    Friedlich mit tibetischen Fahnen protestierten Flüchtlinge und Aktivisten gegen die chinesische Politik in dem annektierten Hochland.
    Friedlich mit tibetischen Fahnen protestierten Flüchtlinge und Aktivisten gegen die chinesische Politik in dem annektierten Hochland. Foto: nordphoto

    Dass der Start der Testspielserie der chinesischen U20-Nationalmannschaft am Samstag für mehr Aufsehen sorgen würde, als es den chinesischen Verantwortlichen und denen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) lieb gewesen wäre, war klar. Dass aber das Zeigen von Tibet-Flaggen fast zum Spielabbruch führte, hatte niemand geahnt. Das Projekt, die chinesischen Nachwuchs-Fußballer quasi am schlagenden Herzen der Südwest-Regionalliga auf die Olympischen Spiele 2020 in Tokio vorzubereiten, hatte schon im Vorfeld für hitzige Diskussionen gesorgt. Eine Fan-Initiative hat sich gebildet.

    In der Regionalliga Südwest spielen 19 Teams und darum ist in jeder Runde eine Mannschaft spielfrei. In diese Spielplanlücke springen nun die besten chinesischen Nachwuchskicker. Die chinesische U20 wird in der Rückrunde gegen 16 der 19 Teams antreten – ohne dabei allerdings in die Regionalliga integriert zu werden. Die Stuttgarter Kickers, TuS Koblenz und Waldhof Mannheim weigern sich zu spielen, obwohl jeder Klub 15000 Euro für das Fußball-Praktikum bekommt. Viel Geld für Vereine wie den Vorletzten TSV Schott Mainz.

    Für die Kritiker gilt der China-Deal als neuerlicher Beweis für den politischen und kommerziellen Missbrauch des Fußballs. Die Veranstalter hatten deswegen durchaus mit Protesten gerechnet. Darum waren auf der Bezirkssportanlage Mombach im Norden von Mainz auch Banner verboten worden. Gekommen waren aber in erster Linie Medienvertreter. Kommerzialisierungs-Protestler keine. Die ersten Minuten verliefen vor 400 Besuchern und mindestens fünf Kamerateams ruhig. Auch als Aktivisten der Tibet-Initiative Stuttgart vier Flaggen des kleinen Landes deutlich sichtbar präsentierten, schien das niemand so richtig zu interessieren. Doch in der 25. Minute verließen die Chinesen plötzlich geschlossen das Feld, die chinesischen Funktionäre hatten die Flaggen entdeckt.

    Für sie ein Affront, denn Tibets Flagge ist in China ein verbotenes Symbol, in Deutschland ist es aber erlaubt, sie zu zeigen. Zum Verständnis: Tibet ist seit 1951 von China annektiert, der völkerrechtliche Status umstritten. Die Bevölkerung wird von den Chinesen brutal unterdrückt. Auf diese Missstände wollten die zwei Aktivisten und die vier Flüchtlinge aufmerksam machen, was den Chinesen gar nicht passte. „Wir haben das Recht auf freie Meinungsäußerung“, erklärte einer der Tibet-Aktivisten und die Polizei gab ihnen recht. Erst als die Demonstranten nach 25 Minuten die Flaggen freiwillig wieder einrollten, um keinen Spielabbruch zu provozieren, waren die Chinesen bereit, weiterzuspielen. „Genau das, was die Chinesen wollen, machen wir jetzt. Das sagt alles über diesen Staat“, erklärte ein Sprecher, „wir wollen auf die Problematik in Tibet aufmerksam machen, den anderen aber nicht das Fußballvergnügen nehmen.“

    Nach dem Abpfiff bemühte sich DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann, die Wogen zu glätten: „Wir leben in Deutschland, da gelten bestimmte Gesetze. Dazu gehört die Meinungsfreiheit und das Zeigen einer solchen Flagge.“ Aber er sagt auch: „Wenn der Gast sich durch so eine Aktion provoziert fühlt, hat man ein schlechtes Gefühl. Wir können es leider nicht verhindern, da gilt deutsches Recht.“

    Dass der Regionalligist am Ende mit 3:0 gewonnen hatte, interessierte kaum mehr. Sport und Politik lassen sich schon längst nicht mehr trennen. Am Samstag spielen die Chinesen gegen den FSV Frankfurt. Deren Fans zählen zum Kern der Fan-Initiative. Dass dort tibetische Flaggen auftauchen werden, ist wahrscheinlich. (ötz, AZ)

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