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Kommentar: Wandelt Jogi Löw bald auf Berti Vogts' Spuren?

Kommentar

Wandelt Jogi Löw bald auf Berti Vogts' Spuren?

Florian Eisele
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    Berti Vogts war von 1990 bis 1998 Bundestrainer.
    Berti Vogts war von 1990 bis 1998 Bundestrainer. Foto: Henning Kaiser, dpa

    Es gibt nicht viele Dinge, die den ehemaligen Nationaltrainer Hans-Hubert Vogts und den aktuellen DFB-Coach Joachim Löw verbinden – außer einem zweisilbigen Spitznamen. Hier der mürrische Eigenbrötler vom Niederrhein mit dem lichten Haupthaar, dort der cabriofahrende schwarz geschopfte Nivea-Werbeträger aus dem Schwarzwald. Auch fußballerisch führt beide nur wenig zusammen: Während Berti als Verteidiger seinen Dienst für Borussia Mönchengladbach unspektakulär, aber äußerst erfolgreich verrichtete und sich so den Ehrentitel Terrier verdiente, schaffte es Stürmer Jogi mit vielen Toren zwar zu Zweitliga-Ehren, aber nur zu bedingter Bundesliga-Reife. Als Nationaltrainer setzte sich der Kontrast fort: Vogts rumpelte sich zwar zum EM-Titel 1996, stand aber fast während seiner gesamten DFB-Zeit in der Kritik. Jogis offensiver Ballbesitz-Fußball mündete stets mindestens ins Halbfinale eines Turniers und brachte 2014 sogar den WM-Titel. Böser Berti, lieber Jogi? So war es bislang vielleicht.

    Löw bekommt derzeit eine Vorstellung, wie es sich anfühlt Berti zu sein

    Mittlerweile stellen sich erste Parallelen ein. Löw dürfte nun eine Vorstellung dessen bekommen, wie es sich anfühlt, Berti zu sein. Nach dem WM-Debakel mehren sich die kritischen Stimmen gegen ihn – und wie bei Vogts gleiten sie zunehmend ins Persönliche ab. Löw kündigte nach der WM-Blamage einen Paradigmenwechsel an. Er nahm Abstand von seiner Idee des Ballbesitz-Fußball, fordert nun mehr Disziplin ein.

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    So war es auch bei Vogts, der nach der WM 1998 so schwer in der Kritik stand wie noch niemals zuvor. Im Viertelfinale der WM in Frankreich war Deutschland mit einer in die Jahre gekommenen Truppe von Kroatien mit 0:3 vermöbelt worden. Zur Überraschung vieler Beobachter machte Vogts danach weiter und sprang über seinen Schatten: Bayern-Star Stefan Effenberg, nach seiner Stinkefinger-Affäre 1994 eine Persona non grata beim DFB, wurde zum Comeback überredet. Es war eine kurze Rückkehr: Gegen den Fußballzwerg Malta gelang im September ein 2:1-Sieg, gegen Rumänien nur ein 1:1. Es waren auch die letzten beiden Spiele von Berti Vogts als Nationaltrainer. Er trat zurück.

    Wenn die Nationalmannschaft gegen Frankreich und Peru enttäuscht, könnte alles schnell gehen

    20 Jahre später ist die Konstellation für Jogi Löw ähnlich: Gegen Frankreich am Donnerstag und Peru am Sonntag wird er nicht nur an den Ergebnissen gemessen werden. Sollte die Nationalmannschaft ähnlich lethargisch über den Rasen schlurfen wie bei der WM in Russland, könnte es zum ersten Mal eine Parallele zwischen Vogts und Löw geben und Jogi muss sich eingestehen, statt eines Neuanfangs eine Bauchlandung hingelegt zu haben.

    Wenn Löws Neustart tatsächlich nur ein „Weiter so“ mit minimalen Änderungen sein sollte, eint die beiden Trainer bald mehr, als Löw lieb sein dürfte.

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