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FC Augsburg: Marketing-Chef Schraml: "Die DNA des Vereins ist nicht auf Starkult ausgelegt"

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Marketing-Chef Schraml: "Die DNA des Vereins ist nicht auf Starkult ausgelegt"

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    Aufmerksamer Beobachter: Robert Schraml, seit 2017 Geschäftsführer Marketing beim FC Augsburg.
    Aufmerksamer Beobachter: Robert Schraml, seit 2017 Geschäftsführer Marketing beim FC Augsburg. Foto: Imago

    Herr Schraml, offiziell sind Sie seit dem 1. Mai 2017 beim FC Augsburg als Geschäftsführer Marketing und Vertrieb im Amt beim FC Augsburg. Sie waren zuvor Marketing-Chef bei der österreichischen Brauerei Stiegl-Bräu. Sind Ihre Erwartungen an Ihre neue Aufgabe eingetroffen?

    Robert Schraml: Ja. Mit einer Sponsoren-Familie arbeiten zu dürfen, ist unglaublich spannend. Wir sehen hier tagtäglich, dass im Umfeld des FC Augsburg einiges möglich ist. Hier, in dieser wirtschaftsstarken Region, sitzen einige der "Hidden Champions" (Anm. d. Red., Fachausdruck für heimliche Weltmarktführer). Da ist vieles möglich.

    Was kann der FCA diesen Unternehmen bieten?

    Schraml: Wir bieten mit der Bundesliga Emotion pur und Leidenschaft. Wir bieten aber auch einen sehr, sehr interessanten Marktplatz, der sich im Idealfall nicht nur Samstag 15.30 Uhr bis 17.15 Uhr eröffnet, sondern auch in diversen anderen Veranstaltungen.

    Sie haben gerade das Produkt Bundesliga angesprochen. Leidet das Produkt unter der Özil-Affäre?

    Schraml: Zum Fall Özil haben schon so viele Menschen, so viele schlaue Sachen gesagt, da brauche ich nicht mehr meinen Senf dazugeben. Das Produkt Bundesliga wird aus meiner Sicht nicht darunter leiden. Ich glaube, so schmerzlich das Ausscheiden und die nachfolgende Entwicklung auch waren, dass die Leute richtig heiß auf die neue Saison in der Bundesliga sind.

    In der Saison 16/17 lagen die Werbeerlöse des FCA bei rund 20 Millionen Euro. Wie sind sie in der abgelaufenen Saison ausgefallen?

    Schraml: Prinzipiell sind wir mit unseren Erlösen im Marketingbereich, den wir gemeinsam mit unserem Sportrechte-Vermarkter Lagadere abdecken, zufrieden. Das ist ja auch ein Grund, warum wir mit Lagadere bis 2024 verlängert haben.

    Das war Ihre erste Amtshandlung…

    Schraml: Der Zeitraum bis Weihnachten stand voll in Zeichen der Verhandlungen zusammen mit meinem Kollegen Michael Ströll (Anm. d. Red., Geschäftsführer Finanzen) mit Lagadere. Es ist uns gelungen, einen Abschluss zu finden, der uns ab dem 1. Juli 2019 – dann beginnt der neue Vertrag – ein großes Stück voranbringt und auch für Lagadere zufriedenstellend ist.

    Er eröffnet dem FCA neue Spielräume?

    Schraml: Das war ja der Hintergedanke, warum die Gremien die Geschäftsführung um eine Stelle im Bereich Marketing und Vertrieb erweitert haben. Der FCA war bisher zu sehr in der begleitenden Rolle. Wir müssen in die Führungsrolle rein, unabhängig davon, dass der Austausch mit Lagadere ausgezeichnet ist. Das ist uns gelungen und davon wird der FCA positiv profitieren.

    Ein wichtiger Abschluss war auch die Vertragsverlängerung um drei Jahre mit dem Ausrüster Nike. Was waren die Gründe dafür?

    Schraml: Es ist dabei ja nicht mit einem Gespräch bei Kaffee und Kuchen getan. Beide Seiten haben konkrete Vorstellungen. Für uns ist Nike eine Topmarke mit Topprodukten. Unsere Spieler fühlen sich mit Nike wohl. Natürlich wollen wir unsere Trikots auch verkaufen. Da hat eine Weltmarke wie Nike schon eine Strahlkraft. Und Nike hat auch von Beginn an signalisiert, sie würden sehr gerne mit uns weitermachen.

    Wie läuft die Gestaltung der Trikots ab?

    Schraml: Ohne zu sehr aus dem Nähkästchen zu plaudern. Es kommt ein Vorschlag des Ausrüsters, den schauen wir uns an. Dann gibt es eine Diskussion, das ist machbar und das nicht. Wir wollten heuer auch unser 111-Jahre-Logo auf die Trikots nehmen. Das hat die DFL aber nicht erlaubt. So ist es immer ein Kompromiss.

    "Unsere Zielsetzung liegt immer so bei 15.000 verkauften Trikots"

    Als jetzt Ronaldo zu Juventus wechselte, verkaufte Turin innerhalb weniger Tage 120.000 Trikots. Wie viele Trikots verkauft der FCA ungefähr?

    Schraml: Weltstars wie Ronaldo oder Messi haben sich vom normalen Sportgeschäft vollkommen entkoppelt. Bei diesem Starkult, der auch perfekt über die sozialen Medien inszeniert wird, muss man feststellen, dass die Fans gar keinen Lieblingsverein mehr haben, sondern einzelne Spieler im Fokus stehen. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Unsere Zielsetzung liegt immer so bei 15.000 verkauften Trikots.

    Wäre beim FC Augsburg so ein Starkult überhaupt denkbar?

    Schraml: Die DNA des Vereins ist darauf nicht ausgelegt. Wir haben natürlich auch unsere "Stars", aber die sind im großen Ozean dieses Business’ nicht in diesen Dimensionen unterwegs.

    Wie ist der FCA in der Bundesliga marketingtechnisch aufgestellt? Entspricht der Tabellenplatz auch den Möglichkeiten?

    Schraml: Das kann man so nicht sagen. Es gibt verschiedene Parameter. Beim Merchandising sind wir etwas schwächer, bei der Vermarktung sind wir sehr ordentlich unterwegs. Beim Trikot-Sponsor sind wir unfassbar happy mit unserem Hauptsponsor WWK. Das ist ein unglaublich verlässlicher Partner. Zusammengefasst: Es ist immer Luft nach oben, aber in den Kern-Vermarktungsbereichen sind wir auf einem sehr guten Weg.

    Wo gibt es noch Steigerungsbereich?

    Schraml: Unsere Logen sind voll, im Hospitality-Bereich sind wir sehr sehr gut aufgestellt.

    Wie sieht es im Zuschauer-Segment aus. Der Schnitt von 28.238 Zuschauern pro Heimspiel ist gut, aber…

    Schraml: Also bei einer Kapazität von 30.660 Plätzen ist das nicht so schlecht. Und der Heimbereich ist voll. Die Differenz kommt vom Gästebereich. Was wir haben, sind die "No-Shows" (Anm. d. Red. Dauerkartenbesitzer, die von ihrem Eintrittsrecht keinen Gebrauch machen). Dieses Phänomen haben wir aber in allen Stadien. Wir kämpfen aber um jedes Ticket. Ich finde etwa 17.500 Dauerkarten ordentlich. Mein großer Wunsch ist es, dass wir bei den Mitgliederzahlen, da liegen wir derzeit bei 15.000, einen ordentlichen Sprung nach oben machen. Die Mitgliedsbeiträge kommen nämlich zu 100 Prozent unserer Nachwuchsförderung und damit unserer Zukunft zugute.

    Würde sich der Marketing-Chef Schraml wünschen, dass die sportliche Leitung die Zielsetzung für die kommende Saison vielleicht etwas offensiver angehen würde. Kann man das Ziel Klassenerhalt noch gut vermarkten?

    Schraml: Unser Trainer hat ja nicht nur das Ziel Klassenerhalt ausgegeben, sondern gesagt, dass wir auch überraschen wollen. Trotz allem, und wenn es auch langweilig klingt: Basis des Erfolgs ist der Mut zur Realität. Und die Realität ist, dass wir den zweitniedrigsten Personaletat haben, die Basis ist, dass wir maximal 30.660 Leute in dieses Stadion hineinbringen, die Basis ist, dass wir uns in Bereich der Vermarktung und Hospitality in weitaus geringeren Sphären bewegen können als die meisten unserer Konkurrenten. Ich brauche eine realistische, ambitionierte Einschätzung. Es geht nur um eines: so früh wie möglich 40 Punkte zu holen. Und dann können wir weiter schauen. Alles andere halte ich für schwerst kontraproduktiv.

    Was für Erwartungen hat der Marketing-Chef an die kommende Saison?

    Schraml: Wir wollen uns weiter entwickeln. Wir haben unser Merchandising sehr kritisch analysiert. Das wollen wir anschieben. Wir verbessern das Angebot unserer Merchandising-Artikel. Wir werden eine tolle, in der Auflage limitierte, Kollektion zum Thema 111-Jahre-FCA herausbringen.

    Es gibt Kritiker, die sagen, der FCA wird gar nicht 111 Jahre alt. Die sehen die Fusion des BCA mit den Schwaben 1969 als Gründungsjahr des FCA und nicht den Verein FC Allemania, der 1907 gegründet wurde ...

    Schraml: Das hab ich auch schon gehört. Es gibt die Puristen, die sagen: Ihr seid erst 50 Jahre alt. Aber unsere Meinung ist unstrittig und ganz klar: Es ist der FCA 1907. Zurück zur Frage: Wir wollen den FCA so leben, wie es der Region, dem Verein, den Fans und dem Umfeld entspricht. Wir wollen authentisch bleiben, wir machen keine überkandidelten Sachen. Wir verschließen uns aber den neuen Entwicklungen in keiner Weise. Wir wollen immer mit der notwendigen Bodenhaftung weitergehen.

    Robert Schraml ist seit Mai 2017 beim FC Augsburg als Geschäftsführer Marketing tätig. Zuvor war Schraml bei der österreichischen Stieglbrauerei mit Sitz in Salzburg als Geschäftsführer tätig. Der Kontakt zum bayerisch-schwäbischen Fußballverein, so berichteten die Salzburger Nachrichten, kam über Manager Stefan Reuter zustande. Beide sind seit 20 Jahren befreundet.

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