i
Foto: Ulrich Wagner
Foto: Ulrich Wagner

Initiationsritus in der Dusche? Nicht mit Ricardo Pepi! Eine Fake-Nachricht um den FCA-Neuzugang sorgte kürzlich für einigen Wirbel.

Bundesliga
25.01.2022

FCA reagiert auf Pepi-Fake: Social Media stellt Klubs vor Herausforderung

Von Johannes Graf

Plus Nach einem erfundenen Pepi-Zitat sieht sich der FC Augsburg zu einer Reaktion genötigt. Warum Social Media für die Klubs Fluch und Segen zugleich sein kann.

War das eine besondere Form von Humor oder eine gezielte Irreführung? Jedenfalls erregte der Urheber dieses Zitats weit mehr Aufmerksamkeit, als er wohl gedacht hätte. Rekordtransfer Ricardo Pepi soll mit einem ekeligen Aufnahmeritual beim FC Augsburg konfrontiert worden sein, war auf Twitter zu lesen. Trainer Markus Weinzierl soll ihn unter der Dusche angepinkelt haben. Als Quelle wurde die Sport Bild genannt.

Weiterlesen mit dem PLUS+ Paket
Zugriff auf alle PLUS+ Inhalte. Jederzeit kündbar.
JETZT AB 0,99 € TESTEN

Der FCA sah sich genötigt, den Fake zu enttarnen. Ein Sprecher des Bundesligisten liefert die Begründung: „Wir haben uns so entschieden, weil es nicht nur im Netz, sondern auch im nahen Umfeld des FCA viele Reaktionen gab, die das nicht als Humor oder Fake wahrgenommen haben.“ Unfreiwillig verhalf der Fußball-Bundesligist dem Verfasser des Falschzitats zu nationaler Bekanntheit. Medien griffen das Thema auf und erhöhten nochmals die Reichweite. Dessen sei man sich bewusst gewesen, so der FCA-Sprecher. „Aber uns war wichtig, dies deutlich klarzustellen.“

Viele Menschen erkennen Fake News nicht – das bekam auch der FCA zu spüren

Der FCA reagierte, weil Menschen solche Nachrichten tatsächlich als Wahrheit verstehen. Sie folgen nicht ihrem Menschenverstand, besitzen kein Gespür für Ironie und Satire oder hinterfragen Dinge grundsätzlich nicht. Und das sind nicht wenige. Eine Online-Befragung der Denkfabrik „Stiftung Neue Verantwortung“ kam im vergangenen Jahr zum Ergebnis, dass jeder dritte Deutsche Falschnachrichten nicht erkennt, sondern diese für eine echte Information hält. 4000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer über 18 Jahre haben Antworten geliefert. Fake News sind selbst für Demokratien mit hohen Bildungsstandards ein echtes Problem. Allein der Blick ins tägliche Schwarmgeschehen genügt. Im Netz wimmelt es von falschen Behauptungen, Gerüchten sowie bewusster Desinformation. Der ehemalige US-Präsident Trump hat das Produzieren erfundender Tatsachen perfektioniert und genutzt, um Menschen zu manipulieren.

Die Netzaktivitäten der Fußballklubs dienen vor allem der Unterhaltung und Interaktion mit Fans. Und das weltweit. Im Ausland arbeitet der FCA mit Partnern zusammen. Trends in den USA müssen nicht zwingend in Europa eine Anhängerschaft finden. Nicht nur lustige Filmchen mit Spielern werden gezeigt, ebenso werden Sponsoren in Szene gesetzt und Produkte angepriesen. Mit seiner Agentur Sportsbrain entwickelt Christoph von Külmer Konzepte und Strategien, um die digitale Sichtbarkeit von Unternehmen und Organisationen zu erhöhen. Auch Bundesligisten und deren Spieler zählten schon zu den Kunden. „Die Bedeutung von Social Media wird für die Vereine auch deshalb immer größer, weil sich Sponsorengelder verstärkt an Follower-Zahlen der Klubs und Spieler orientieren“, berichtet der gebürtige Augsburger.

Experte rät: Bundesliga-Klubs sollten sich auf Social Media nicht zu ernst nehmen

Gerade in Corona-Zeiten, in denen der direkte Kontakt meist fehlt, bleibt Social Media oft das einzige Mittel, um mit Fans in Kontakt zu treten. Von Külmer sieht darin für Klubs eine große Chance, sie sollten sich aber nicht zu ernst nehmen. „Als Bundesligist sollte man sich stets vor Augen führen, dass man Entertainer ist. Wer humorvoll und selbstironisch reagiert, hat in der Regel viel mehr positive Resonanz und steigert durch Interaktion die Reichweite. Kreative Posts und Videos gehen viel leichter viral.“

Einen solchen Netz-Coup landete der FCA mit der Kampagne rund um die Verpflichtung von Niklas Dorsch. In einer Computerspielanimation fischte Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter – ehe er den „dicken Fisch“ angelte. Sogenanntes Content-Marketing und Visual Storytelling sind für Sportvereine bedeutsame Mittel geworden, um Fans zu erreichen. Klubs schreiben Drehbücher, erzählen Geschichten und visualisieren diese mit Grafiken, Videos und Animationen. Ihr großer Vorteil: die ständige Verfügbarkeit der Protagonisten. Wenn Rekordtransfer Pepi seinen Vertrag unterschreibt, ist die Medienabteilung des FCA hautnah dabei. Zugleich geben Spieler exklusive Einblicke, die unabhängige Medien gerne hätten. Sie veröffentlichen Privates, zeigen sich in Kabinen, Flugzeug oder Mannschaftsbus und kommunizieren mit Followern. Indem Verein und Spieler ihre Inhalte teilen, vergrößern sie die Reichweite.

Längst nutzen Journalistinnen und Journalisten soziale Netzwerke als Informationsquelle. Ihre eigene Position muss durch die Netzaktivitäten der Bundesligisten aber nicht zwingend geschwächt werden. Auch Reporter, Redakteure und deren Verlage liefern digitale Inhalte. Schon vor Jahren betonte Professor Michael Schaffrath: „Die Nutzer kennen sehr wohl den Unterschied zwischen sachlicher Berichterstattung durch unabhängige Journalisten und der PR, die die Vereine betreiben.“ Für die Aufrechterhaltung von Glaubwürdigkeit und Authentizität eines Vereins seien klassische Medien unverzichtbar, erklärte der Leiter im Bereich Medien und Kommunikation an der Sportfakultät der TU München.

Facebook Whatsapp Twitter Mail