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Fußball-WM 2022: Die TV-Kritik zur Fußball-WM: Das Turnier der Experten

Fußball-WM 2022

Die TV-Kritik zur Fußball-WM: Das Turnier der Experten

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    Drei Gesichter des Streamingportals MagentaTV, der bei der WM alle 64 Spiele überträgt: Moderator Johannes B. Kerner, Expertin Tabea Kemme und ExDFB-Kapitän Michael Ballack.
    Drei Gesichter des Streamingportals MagentaTV, der bei der WM alle 64 Spiele überträgt: Moderator Johannes B. Kerner, Expertin Tabea Kemme und ExDFB-Kapitän Michael Ballack. Foto: Wolfgang Kumm, dpa

    Wenn es eine Erkenntnis aus dieser eigenartigen Fußball-WM gibt, die aus Katar übertragen wird, dann diese: Es reicht schon lange nicht mehr, nur noch über Fußball zu reden. Schließlich waren in den ersten Tagen die Themen abseits des Platzes mindestens genauso präsent wie Tore und Zweikämpfe. Stichworte hierzu: Infantinos unsäglicher Auftritt in der Pressekonferenz, Irans stiller Hymnen-Protest, der Eklat um die "One Love"-Binde, überhaupt einfach Katar. Weil zumindest Letzteres nicht überraschend kommt, haben die übertragenden Sender so viele Experten wie wohl noch nie. Viele machen ihre Sache gut bis sehr gut – und es gibt schon jetzt Konzepte, die wohl weniger gelungen sind.

    Schiedsrichter Manuel Gräfe leitet ein Spiel.
    Schiedsrichter Manuel Gräfe leitet ein Spiel. Foto: Axel Heimken, dpa (Archivbild)

    Als positives Beispiel sticht schon jetzt einer hervor, der am liebsten gar nicht als Experte, sondern in kurzen Hosen an dem Turnier teilgenommen hätte: Christoph Kramer. Der Gladbacher, der dank einer starken Hinrunde noch als möglicher WM-Kandidat gehandelt wurde, ist fester Teil der ZDF-Talkrunde. Der 31-Jährige glänzt mit Fachwissen, bezieht Stellung (Frankreich ist nach den vielen Ausfällen für ihn kein Titelkandidat mehr) und gibt auch erfrischend zu, wenn er für manche Dinge einfach keine Erklärung hat.

    Ex-Referee Manuel Gräfe bereichert den Talk des ZDF

    Fester Bestandteil jeder Talkrunde ist mittlerweile auch die Expertise eines Schiedsrichters. Im ZDF erklärte Ex-Referee Manuel Gräfe am Montagabend, am Ende des ersten langen WM-Tags, noch mal die Konsequenzen aus dem Binden-Bann. Demnach hätte die Fifa für den Fall, dass Manuel Neuer mit der "One Love"-Armbinde den Platz betreten hätte, dem DFB-Kapitän nicht nur eine Gelbe Karte geben können – selbst ein Spielabbruch sei möglich gewesen, so Gräfe.

    Einen enormen Aufwand fährt der Rundumversorger bei dieser WM: MagentaTV, das Streamingangebot der Deutschen Telekom, zeigt alle 64 Spiele dieser WM. 16 davon sind exklusiv bei dem Sender zu sehen – darunter zwei Achtelfinals, ein Viertelfinale sowie das Spiel um Platz drei, sofern Deutschlands Auswahl dabei nicht mitspielt. Der kostenpflichtige Sender will die potenziellen Kunden mit so gut wie allem ködern, was derzeit auf dem Markt ist: Neben prominenten Experten wie Michael Ballack gibt es parallel zum Spiel eine Web-Reaktionsshow, Weltmeister Toni Kroos wird seinen Podcast als TV-Show aufführen und gegen Spanien als Gast im Studio sein. Das Gesicht der Übertragungen ist Moderator Johannes B. Kerner. Das ist ganz schön viel, meist gut – wirkt oft aber auch ganz schön überfrachtet. Ob es jedes TV-Format wirklich braucht, sei dahingestellt. Am Dienstag stand die erste Partie an, die nur bei MagentaTV zu sehen war: Saudi-Arabiens Überraschungssieg gegen den (ehemaligen?) Turnierfavoriten Argentinien.

    Bei MagentaTV liefert der Taktik-Talk interessante Erkenntnisse

    Ex-DFB-Capitano Ballack präsentierte sich dabei als routinierter Experte, der aber noch Luft nach oben hat. Kommentator Christian Straßburger lieferte auch hier ein Beispiel für "etwas drüber" und sprach schon in der ersten Hälfte davon, dass seine "Gänsehaut schon eine Gänsehaut" habe. Na ja. Ein Kleinod der Übertragung war hingegen die Taktik-Analyse mit Jan Henkel. Der nimmt in der Halbzeitpause mit Unterstützung von Ex-FCA-Trainer Manuel Baum die Taktik und Aufstellung der Teams unter die Lupe. Das gibt‘s zwar auch woanders, ist aber hier kurzweilig und auf den Punkt gebracht. Interessant etwa, wie die Rollenverteilung der Argentinier beim Elfmeter aussieht: Chef Messi überlässt seinen Mitspielern das Diskutieren, während er sich auf die Ausführung konzentriert. Schon zuvor hatten Henkel und Baum die defensiven Anfälligkeiten der Niederlande aufgezeigt.

    Dass nicht alle Experten ihr Geld wert sind, zeigte hingegen der Deutsch-Tunesier Änis Ben-Hatira. Der war bei MagentaTV als Co-Kommentator für Tunesiens weitgehend unbekannte Liga und Nationalelf eingekauft. Was er sagte, waren jedoch meist Allgemeinplätze. Zudem war er akustisch nur schwer zu verstehen. Wie beim Turnier gilt aber auch bei den Experten: Richtig spannend wird es, wenn am Mittwoch Deutschland ins Turnier einsteigt.

    Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar steht in der Kritik, auch in der Redaktion haben wir ausführlich darüber diskutiert. Eine Einordnung, warum wir das Sportevent dennoch ausführlich journalistisch begleiten, lesen Sie in diesem Text.

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